Mein lieber mein Vater

Stenogramm

14/8.49

Lieber unbekannter Diego!

Können Sie verstehen, dass ich Angst habe vor Ihnen und Ihrem Urteil? Dass ich mich beinahe nicht getraue, Ihnen diesen Brief zu schreiben??

Es kommt mir selber beinahe unwahrscheinlich vor, was ich heute getan habe. In meinem Brief vom 10.8. schrieb ich Ihnen, dass meine Freizeit zur Zeit hinreichend eingeteilt sei. So glaubte ich wenigstens. Leider nehmen manche Herren Ihre Versprechen nicht ernst. Bis spätestens Freitag sollte ich genau Nachricht haben, ich habe sie allerdings bis heute noch nicht. Dafür fand ich gestern Nachmittag Ihren Brief vor, für den ich Ihnen recht herzlich danke. Ich habe mich wirklich darüber gefreut und tat dann etwas sehr Dummes. (Sicher hat es Ihnen Ihre Mutter erzählt?)

Ich bitte Sie nun, seien Sie mir nicht böse. Schauen Sie, Sie schreiben mir, dass ich jederzeit die Verbindung mit Ihnen aufnehmen dürfe. Und in Ihrem ersten Brief baten Sie um ein Bild. Da ich nun im Augenblick nur Bilder von anno dazumal habe und zur Zeit ganz anders aussehe, dachte ich mir, dass es das Beste wäre, wenn man sich von Angesicht und Angesicht gegenüberstehen würde. Die Wirklichkeit sieht meist doch anders aus als Fotografien. Leider traf ich Sie nicht an. Ich konnte ja allerdings auch nicht verlangen, dass Sie den Sonntag über zu Hause sitzen würden. Ich bitte Sie nochmals, fassen Sie die ganze Geschichte bitte nicht falsch auf. Ich befürchte auch, dass Ihre Mutter wahrscheinlich ein falsches Bild von mir bekommen hat.

Leider lässt sich jetzt nichts mehr ändern. Bevor ich jetzt (nicht) eine Antwort von Ihnen habe, werde ich keine Ruhe finden. Darum schreiben Sie bald, ich bitte Sie darum. Und bitte die Wahrheit. Sie wissen, ich bin für Offenheit. Ich hasse nichts so sehr wie die Lüge.

Für heute grüßt Sie

HK