Mein lieber mein Vater

46-70

Hbg, 24.4.46

Mein lieber Georg,

heute vor einer Woche ist unsere liebe Mutter beerdigt worden. Ich konnte nicht dabei sein, hoffentlich war es Dir möglich, nach Hagenow zu kommen und Vater und Hedi eine kleine Stütze zu sein in ihrem schweren Kummer und Verlust. Nun ist es doch so gekommen, wie ich es immer gefürchtet habe: Mutti ist gestorben, ohne dass ich sie wiedergesehen habe, ohne dass ich Hedi beistehen konnte und nicht einmal an ihrer Beerdigung habe ich teilnehmen können. Die Nachricht von ihrem Tode traf mich wie ein Schlag, die Sonne schien so schön, der Himmel war so blau, ich kam von einem Besorgungsgang zurück und dachte gerade, wie schön es doch sei, leben zu können, wenn der Frühling einzieht. Zu Hause fand ich die Depesche vor mit ihrem traurigen Inhalt. Die Nachricht traf mich unerwartet, wusste ich doch nichts von irgendeiner Krankheit unserer Mutter. Auch jetzt kenne ich noch keine näheren Umstände ihres Todes, sind wir uns doch bei 100 km Entfernung in Deutschland ferner als früher dem Ausland. Ja, nun haben wir keine Mutter mehr, ich selbst bin tief erschüttert und tieftraurig und denke immer, wie sie wohl in Hagenow mit ihrem so viel viel schwereren Leid fertig werden mögen. Ach, was wird die arme Hedi leiden und untröstlich sein, wo Mutti doch ihr Ein und alles war und das Weiterleben für sie mit Vater recht schwer sein wird. Die kleinste Kleinigkeit erinnert sie fortwährend an ihren unersätzlichen Verlust, während für uns die Pflichten in einer ganz anderen Umgebung ablenken, und nur am Morgen und Abend und in wenigen ruhigen Augenblicken am Tage die Gedanken Zeit haben, bei dem schmerzlichen Verlust zu weilen. Am Tage von Mutters Beerdigung war ich den ganzen Nachmittag am Ohlsdorfer Friedhof und habe in Gedanken an ihrem offenen Grabe gestanden und von ihr Abschied genommen. Das Wetter war entsprechend, grauer Regen rieselte unaufhörlich neben mir. Ob Du wohl in Hagenow warst? –

Deinen Brief vom 10.3. bestätige ich hiermit und danke Dir für Deine ausführlichen Nachrichten. Leider sieht es für Dich ja noch recht traurig aus, wenn nicht inzwischen eine Wendung eingetreten ist. Wir beschäftigen uns seit Eintreffen Deines Briefes mit dem Verkauf des Br.Ri. und heute ist es nun endlich geglückt. Wolfgang ist dabei, Dir alle näheren Umstände mitzuteilen. Jedenfalls hat er sich viel Mühe gegeben und ich meine, man kann mit dem Resultat zufrieden sein, W. hat bereits mehrere Päckchen fertig gepackt mit Oel u. Z. und wird laufend weiter schicken mit Mehl und Nährmitteln, ca. 30 ա, die nun besorgt werden. Wir denken, dass Euch dadurch in grosser Not geholfen ist und Ihr mehr davon habt als von dem toten Ri. Wolf mach sich gern die Mühe des Packens und Fortbringens, er hat Zeit und tut es gern für Euch. Da Ihr ja auch an Geld knapp seid, so werden wir in unsere Briefe, die als Einschreiben gehen, auch jeweils 20.- Rm einlegen. Hoffentlich kommt alles an. –

Wie mag es Euch gesundheitlich gehen? Haltet Ihr durch? Auch bei uns ist es jetzt sehr knapp ohne genügend Brot und ohne Kartoffeln und wir sind froh, solange wir noch Steckrüben u. Weißkohl zu essen haben, die aber auch erschreckend abnehmen. Man hungert sich so richtig durch und das Geld wird verbraucht, nur um mal etwas Brot, Fett u. Z. zuzukaufen, da die Preise enorm sind. Wir sind sonst noch gesund wenn auch mager, am 14.5. ist unsere Silberne Hochzeit, die wir unter diesen Umständen natürlich nur im Kreise unserer so kleinen Familie und ganz wenigen Bekannten begehen werden. Ich hoffe, dass wir mittags ein gutes sättigendes Essen haben werden und später Kaffee und etwas Kuchen. Damit wäre dann die Feier beendet. Ihr werdet unserer gedenken. –

Am 26. ist nun noch Muttis Geburtstag. Wie schwer dieser Tag wieder für Hedi und Vater sein wird!

Grüsse bitte Irmgard und Deine Kinder. Wo ist Rotraud?

Die herzlichsten Grüsse

Deine Kläre.

Bramfeld, den 25.4.46

Lieber Onkel Georg,

heute kann ich Dir nun schreiben, dass ich Deinen Ring gut verkauft habe, was mir nun nach fast 3 Wochen Lauferei gelungen ist. Der Ring wurde hier in Hamburg bei verschiedenen Schmuckhändlern mi RM 70.- Friedenswert geschätzt. Ferner ist der Ring nicht sehr gut, da er unsauber ist und „Schnee hat“, wie hier die Fachleute mir erzählt haben. Ich habe nun den Ring nach vielen Verhandlungen, die auch schon eine Woche gedauert haben, für RM 1300.- weggegeben. Vor einem halben Jahr hätte man noch mehr bekommen, da jetzt diese Sachen stark gefallen sind, denn die Leute haben alle kein Geld mehr. So nun will ich Dir erstmal schreiben was ich schon für Dich gekauft habe, diese Sachen gehen nacheinander ab. Das erste Einschreibe Päckchen geht mit diesem Brief ab. –

Ich habe alle Päckchen mit einer Nummer versehen, ich bitte Dich die Ankunft zu bestätigen. Ein Päckchen hat keine Nummer, dieses gilt als Nummer 4. –

Päckchen 1 u. 2 mit je einem halben & Zucker

     “     “     3 bis 8 zusammen mit einem ¾ Ltr. Oel (zum braten, backen usw.)

Es folgen dann noch einige Päckchen mit Mehl und Nährmitteln. Ich lege diesem Brief erstmal 20.- RM bei, ich bitte Dich nun Mutti oder mir zu schreiben ob Du noch mehr Geld haben möchtest. Mutti schreibt auch gerade an Dich und so wird sie Die hierüber berichten. Der Brief von Mutti geht auch per Einschreiben mit RM 20.- an Dich ab. Eine Abrechnung bekommst Du später geschickt. - -

Einstweilen herzlichen Gruss

Dein Neffe

Wolfgang

Viele Grüße an Tante Irmgard und die Kinder.

Wolfgang

Hbg., 12.11.46

Lieber Georg,

meinen letzten Brief hast Du wohl erhalten. Ich wollte Dir heute nur mitteilen, dass leider aus meinem Besuch in Hag. nichts geworden ist. Meine Reisegefährtin liess mich im letzten Augenblick in Stich, da das Unternehmen ihr zu gefährlich erschien. Ich begab mich dann am Freitag 1. 11. trotzdem auf die Reise über Büchen, Mölln nach Lehmrade (7 km von Hollenbeck – russ. Grenze) entfernt, wo mir eine Anschrift aufgegeben war, an die ich mich wenden sollte. Leider klappte dort alles garnicht, ich stand genau wieder so allein auf weiter Flur wie hier in Hbg und da ich mich bei meiner Anfälligkeit schon bereits sehr erkältet hatte, brachte ich den Mut zu dem Wagnis allein nicht mehr auf und fuhr am nächsten Tage nach Hbg zurück. Ich fürchtete vor allem, krank in Hag. anzukommen und hätte dann mehr geschadet als genützt. Jedenfalls weiss ich jetzt aus eigener Erfahrung, dass ich so etwas in der kalten Jahreszeit nicht aushalte, weil ich einfach den Strapazen nicht gewachsen bin. Dazu gehört schon eine andere Struktur. Trotzdem habe ich aber den Plan keineswegs aufgegeben, sondern hoffe, mein Vorhaben unter günstigeren Bedingungen vielleicht im Frühjahr doch noch zur Ausführung bringen zu können. Ich denke mir, dass sie in Hag. sehr betrübt waren, als mein Telegramm „Vorhaben unmöglich usw.“ dort eintraf. Vater hatte mir schon mehrmals geschrieben, wie gern er mich sehen und sprechen möchte und da mir Hedi andererseits mitteilte, wie sehr Vater abgefallen sei und öfters den Wunsch ausspräche, nicht mehr leben zu müssen, so hätte ich so gern seine Bitte erfüllt und wäre gekommen. Doch müsste ich mich schon auf eine längere Abwesenheit von hier einrichten und wie sollen meine 3 Männer, besonders jetzt im Winter und bei der so schwierigen Ernährungslage, wohl so lange allein fertig werden, vor allem, wo auch Wolfgang jetzt seit 1. 11. Eine kleine Anstellung in einem Notariatsbüro als „Bote“ hat. Doch tut er dort mehr Bürodienst und macht sich vor allem unentbehrlich. Es ist ein neu eingerichtetes Büro, ein Chef ist Halbjude. Man ist aber sehr nett zu Wolfgang und schenkt ihm volles Vertrauen. Jedenfalls gefällt es W. sehr gut. –

Nun zurück zu Hag. Es tröstet mich ein wenig, dass Du wenigstens wieder einige Tage dort sein konntest und unserm lieben Alten gewiss etwas Aufmunterung und Abwechslung gebracht hast, wenngleich es Dir selbst schlecht genug geht. Armer, lieber Georg! Welch eine Notzeit ist es nur für uns alle, aber besonders für Dich und die Hagenower! Unsere liebe gute Mutter ist nun schon länger als ½ Jahr tot und was wird das Leben uns noch weiter an Leid und Kummer bringen! Man hat ja nichts mehr zu hoffen, nur zu fürchten! Schade, dass wir unsere Gedanken nicht miteinander austauschen können. –

Schreibe doch mal, wie Du Vater fandest! Wie geht es bei Euch? Wie hofft Ihr durch den Winter zu kommen? Wie erträgt Irmgard alles? Was machen die Kinder, sind sie gesund? –

Bitte nochmals einen Zettel mit Geburtstagen, ich habe ihn neuestens leider wieder verlegt oder verbrannt.

Die herzlichsten Grüsse Dir und Irmgard und Euch allen von uns allen

Deine Kläre

Hbg., 20.1.47

Mein lieber Georg,

ja, nun ist dieses letzte Kapitel Elternhaus traurig abgeschnitten. Nun ist auch unser Vater tot und Du konntest wenigstens hoffentlich dabei sein, ihn zu beerdigen. Ich habe außer dem Telegramm, das mir Vaters Tod meldete, bisher – fast 3 Wochen nach seiner Beerdigung – noch keine weitere Nachricht über seinen Tod und sein Begräbnis. Wäre der Telegrammverkehr nicht, so wüßte ich heute noch nicht, daß Vater tot sei und glaubte ihn gesund bei Hedi in Hagenow. O, ja, es war wieder ein herber Schmerz, diese Nachricht, daß nun auch Vater gestorben ist. Nein, das hatte ich doch nicht erwartet, daß es so schnell mit ihm zu Ende sein würde! Am Morgen des 28.12., als die Depesche am Abend eintraf, hatte ich noch einen so schönen Weihnachtsbrief von Vater und Hedi und freute mich so recht, endlich wieder ein Lebenszeichen von ihnen zu haben. Wenige Stunden später wußte ich, daß er tot war. Was mag ihm nur gefehlt haben? Lange krank kann er ja nicht gewesen sein, denn vorgestern traf Hedi’s Karte zu Dieters Geburtstag hier ein, Datum des Poststempels 26.12., auf der sie noch von Großvater und sich die herzlichsten Glückwünsche sendet, hat er einen Schlaganfall bekommen, da er bereits am 26.12. ab 4 Uhr ohne Besinnung war? Ich sinniere fortwährend und warte auf Post von Hedi, aber immer noch ist keine gekommen. O, wie bitter weh tut es mir, daß ich ihm nicht mehr die Freude machen konnte, ihn zu sehen. Jetzt weiß ich nun die gute Anschrift von Pegels, die mich gern mitgenommen hätten, aber nun ist es zu spät. Nun lebt er nicht mehr und für alle Zeiten ist das Elternhaus mit ihm erloschen. Ein schwerer Verlust, vor allem für unsere arme einsame Hedi. Allen Gram und Leid muß sie allein ertragen. Hoffentlich konntest Du ihr wenigstens in den Tagen der Beerdigung beistehen. Ich war noch Sonntag früh zu Pegels nach Wilhelmsburg gefahren, um irgendwie vielleicht etwas zu erreichen. Aber es hatte natürlich keinen Zweck. Sie fuhren nicht und rieten mir auch sehr ab, zu fahren, da ich es bestimmt nicht erreicht hätte. Es fuhren fast keine Züge und dann hätte ich es allein – ja doch nicht geschafft. Also, mußte ich wieder fernbleiben und konnte nur in Ohlsdorf in einer grünen Kapelle aus hohen Lebensbäumen, wo ich auch schon zu Muttis Beerdigung war im Geiste mit Euch vereint an Vaters Begräbnis teilnehmen. Ach ja, meine Gedanken waren immer bei Euch und haften auch heute noch immer wieder an all den vielen schönen Stunden, die wir im Frieden und Schirm des Elternhauses verleben durften. Nun ist dieser Abschnitt zu Ende, beide Eltern liegen am Friedhof und nie werde ich sie wiedersehen. O, es ist mir unfaßlich, daß sie nicht mehr da sein werden, wenn ich einst kommen kann. In Gedanken leben sie für mich immer noch in der alten Wohnung und erst wenn ich an ihrem Grabe gestanden habe, werde ich wissen, daß sie tot sind.

Das erste Briefblatt hatte ich geschrieben, als mir Franz Hedis ersten Brief vom 29.12. brachte. Ich weiß nun also die nächsten Umstände seines Todes und weiß auch, was unsere arme Hedi nun so allein durchmachen mußte. Ach, wie erschütternd ist es, wenn sie schreibt: „Ach, wie habe ich ihn beschworen, noch bei mir bleiben zu wollen, mich nicht zu verlassen, ihm immer wieder gesagt, wie lieb ich ihn doch hätte, wie gut wir beide doch noch weiter miteinander leben könnten” und „ich saß ganz dicht bei ihm an seinem Bett, streichelte seinen Kopf, faßte seine Hände. Um 10 Minuten vor 8 Uhr kam der allerletzte Atemzug”. Und ich konnte wieder nicht bei ihr sein, ihr nicht beistehen in ihrem Leid. „Warum sollte ich nicht mit meinem toten Vater allein bleiben?” schreibt sie – in dieser letzten Nacht, die er im Hause bei ihr lag. O, wie gerne wäre ich bei ihr gewesen, hätte den Schmerz mit ihr getragen, sie getröstet! Nein, es ist alles unmöglich gewesen und auch zur Beerdigung konnte ich nicht da sein. Ach, wieviel Tränen habe auch ich vergossen, wie lebe ich jetzt so oft ein zweites Leben mit all den Toten unserer Familie, denen nahe zu sein ich in den letzten Zeiten zwangsweise versäumen mußte. Ja, es ist nun alles dahin und nur wir 3 Geschwister sind noch übrig geblieben. Wer von uns wird der Nächste sein, den wir betrauern und vielleicht auch wieder nicht mitbeerdigen können? Ach ja, der Tod ist uns jetzt so oft nahe getreten, daß er schon bald ein Gefährte unseres Lebens geworden ist und man immer damit rechnen muß, daß er auch uns eines Tages schnell hinwegrafft. Ich denke immer, nur die Zeit, die uns bleibt, noch nutzen und so lieb und zärtlich sein zu seinen Angehörigen, wie man kann. Es kann einmal schnell vorbei sein und dann ist nichts mehr gutzumachen. Man ist immer viel zu scheu und mag seine Liebe und Zuneigung nicht so recht zeigen. Später tut es einem dann bitter leid, daß man zu den anderen, der nun tot ist, nicht lieb genug war. –

Wenn Du doch bei Hedi hast sein können und ihr die schweren Tage etwas erleichtern helfen! Was wird nun aus ihr werden? Was werdet Ihr beraten haben? Wird sie für die alte Wohnung noch in Frage kommen? Wie anders wäre alles gewesen, wenn sie Bahnhofstr. 17 seinerzeit hätten bleiben können! Die Russen waren ihr Schicksal, sowohl das der Eltern als auch jetzt Hedis. –

Deinen Brief vom 15.12. erhielten wir bald nach dem Fest. Jeder sucht sein Schicksal zu tragen so gut es ihm möglich ist – und das ist schlecht genug. Ja, was müssen wir alles ertragen! Hunger und Kälte und Not und Tod! Wir persönlich haben dabei noch das große Glück, unsere Jungens zurückerhalten zu haben, in unserer Wohnung zu sein, zu verdienen u. keine Nazis gewesen zu sein. Wir haben nur die allgemeinen Begleiterscheinungen dieser Nachkriegszeit zu ertragen. Wir dürfen also garnicht mitreden. Bei Dir ist es viel schlimmer und am schlimmsten bei den vielen Flüchtlingen u. Ausgewiesenen. Wir denken nur an die Todesfahrt aus Breslau! Da sind unsere alten Eltern ja noch in Ruhe und Frieden gestorben wenn auch bei ihnen das Ausgewiesensein aus ihrer Wohnung viel zu ihrem beschleunigten Tode beigetragen hat. Alle die Dinge, von denen Du schreibst, gibt es hier bei uns auch nicht zu kaufen, höchstens mal ein paar Bleistifte – und das lohnt sich wohl nicht. Ja, wir sind bettelarm, nicht einmal die kläglichsten Dinge des Lebens dürfen für uns da sein. –

Was wird aus dem Frieden werden? Hoffnung hat man keine mehr, weder daß es überhaupt zum Abschluß kommt, noch daß er für uns erträglich sein könnte. Nach allem bisher Erlebten kann man nur fürchten, daß unser endgültiger Untergang beschlossen ist. Dieses Hunger- und Elendsdasein ist auf die Dauer unerträglich und führt unweigerlich unsern moralischen und körperlichen Untergang herbei. Was soll aus Euren armen Kindern werden, was aus meinen großen Jungen, ohne Hoffnung, ohne Zukunft? Ja, es sind alles große und schwere Fragezeichen. – – –

Nun füge ich hier noch Wünsche für Sigruns Geburtstag an und gleichzeitig auch für Deinen, lieber Georg. Ach, Du weißt ja, was ich Dir und allen Deinen Lieben so sehnlich wünsche.

Seid alle aufs innigste gegrüßt von mir und uns allen. Irmgard danke ich für ihre lieben Zeilen und wünsche Euch beiden Kraft, diese schweren Zeiten durchzustehen.

In herzlicher Liebe

Deine Schwester Kläre.

Ostermontag 1948

Liebe Berliner,

ich danke Euch recht vielmals für die netten Grüße zu meinem 25. Geburtstage. –

Für Burkhards Briefmarken danke ich noch ganz besonders, es hat mich sehr gefreut. Ich lege dafür auch ein paar Marken bei, vielleicht kann der eifrige Sammler da noch etwas von gebrauchen! –

Mein Geburtstag wurde schon am Sonntag im kleinen Kreis gefeiert, denn in der heutigen Zeit kann man den vielen Kuchen auch mit 4 Personen schaffen. –

Für die angekündigten Zigaretten sage ich jetzt schon meinen herzl. Dank. –

Das Wetter ist über Ostern plötzlich herrlich geworden, also war es ein richtiges Osterwetter. Nur Ostereier haben wir keine gehabt, wir haben nur eine Trockenei Zuteilung gehabt. Suchen brauchten wir keine Eier.  -

Es sieht jetzt so aus, als ob wir auf unsere Lebensmittelkarten mehr kaufen können, als früher. Es wurde jedenfalls allerlei versprochen. –

So, nun möchte ich für heute Schluß machen.

Es grüßt vielmals

Euer Wolfgang.

Bramfeld, am 15.1.1951

Lieber Onkel Georg,

Ich danke Euch allen recht herzlich für Eure lieben Wünsche und Glückwünsche. Es waren ja eine ganze Menge Festtage für uns hier, sodaß wir beinahe froh sind, alle gut überstanden zu haben.

Ich freue mich, daß auch Ihr das Weihnachtsfest und Neujahr bei Gesundheit und hoffentlich etwas Gutem zu essen verlebt habt.

Meine Braut ist aus Bornim bei Potsdam, somit sind wir über die Zone recht gut informiert.

Klaus hat mir auch noch nachträglich eine Glückwunschkarte geschickt, er hat es sicherlich erst durch Euch erfahren.

Gesundheitlich geht es mir gut, womit man schon zufrieden sein sollte, aber man hat so viele Wünsche.

Lieber Onkel Georg, ich wünsche Dir und Deiner Familie alles alles Gute, ein gesundes Jahr!

Recht herzliche Grüße!

Dein Neffe Diego

und Braut!

Hamburg, am 14.10.51

Niendorf, Sperlingsweg 3

Liebe Rangsdorfer!

Euer hübsches Geschenk haben wir erhalten und danken recht, recht herzlich. In der letzten Woche traf dann auch Eure liebe hübsche Gratulationszeichnung ein über die wir uns auch sehr gefreut haben. Wir wissen leider aber nicht, wer von Euch so hübsch malen kann. Uns beiden geht es sehr gut, Euch allen wünschen wir auch alles, alles Gute.

Eine eigene Wohnung haben wir leider noch nicht, sondern nur ein Zimmer, aber trotzdem sind wir sehr glücklich. Wir hoffen aber auf die Zukunft, und werden sicher in einiger Zeit unsere dringendsten Wünsche erfüllen können.

Meine Hilku ist garnicht soweit von Euch zu hause, in Potsdam-Bornim! 3  Jahre ist Hilku aber schon in Hamburg und wird auch weiterhin hier in Hamburg bleiben. Wenn die Zonengrenzen einmal fallen, kommen wir bald einmal nach Berlin. Denn ich kenne meine Schwiegereltern noch garnicht und Hilku möchte natürlich ihren Mann zuhause vorstellen. Da wir mit unserem Motorrad fahren würden, bräuchten wir nicht sehr viel Reisegeld.

Da wir beide arbeiten, Hilku ist Kontoristin, haben wir nicht allzuviel Zeit zum Schreiben, aber ab und zu werden wieder einige Zeilen abgesandt.

Indem ich Euch nochmals alles Gute wünsche und auf ein Wiedersehen hoffe, grüße ich recht herzlich!

Euer Diego

Liebe Verwandten!

Wie Diego schon geschrieben hat, haben wir uns über Euer wirklich hübsches Geschenk und die Gratulationszeichnung sehr gefreut. Besonders für mich war es ja eine Überraschung, da es von unbekannter Seite kam.

Ich hoffe jedoch, daß dieser Zustand sich sehr bald ändern wird, denn jedesmal wenn wir meine Eltern besuchen, können wir gut einen Abstecher nach Rangsdorf machen. Und ich hoffe, daß wir uns dann bald sehr gut kennen werden.

Inzwischen sendet Euch herzliche Grüße

Eure Hilku.

Hamburg-Niendorf

Sperlingsweg 3, am 20.4.52

Lieber Onkel Georg, liebe Tante Irmgard!

Euren lieben Brief vom 6.4. haben wir dankend erhalten und können berichten, daß wir alle gesund und munter sind. Unser Sohn ist ein sehr braves Kind, er schreit nur wenig und schläft die ganze Nacht durch bis ca. 6.h ! Wir hoffen sehr, daß Ihr diese Zeilen bei besserer Gesundheit erhalten werdet! Das schöne Osterwetter hat uns sehr gut gefallen, hoffentlich bleibt es ein wenig länger so frühlingsmäßig!

Euch und den Kindern alles alles Gute und herzliche Grüße!

Euer Neffe und Vetter

Diego und Frau Hilku

nebst Sohn Ene

Hbg., 7. Mai 1952

Lieber Georg, liebe Irmgard,

besten Dank für Euren Brief vom 6.4. Ich schrieb Euch nur eine kurze Karte zu Ostern mit dem Wunsche, daß Ihr das Paket der Wandsbeker Schulklasse erhalten hättet! Leider scheint es nicht der Fall zu sein, da in der vorigen Woche, wo ich mit Frau Witt zusammen war, noch keine Bestätigung von Euch an die Klasse (oder Herrn Dr. Wendt) vorlag. Das schöne Paket mit der Schokolade und dergl. Herrlichkeiten wird doch nicht verloren gegangen sein? Es wäre ja jammerschade und ein großer Verlust für Euch. Ich schickte Euch kein Päckchen, weil ich annahm, daß Ihr das fragl. Paket erhalten habt. Zu Pfingsten werde ich aber wieder eins abschicken oder wollt Ihr lieber 5 – 6 Mk Westgeld haben? An Hedi habe ich 20 Mk Ostgeld geschickt, da sie die Gräber der Eltern fertig machen lassen muß und sie nicht das nötige Geld dafür hat. Ich denke, daß sie es nun damit schaffen wieder, leider war der Kurswert nur Mk 70, also für mich nicht so günstig wie sonst. Ihr Gesuch zum Besuch der Westzone ist natürlich abgelehnt worden. Hier erhielt ich natürlich sofort eine Einreisegenehmigung für sie, sie aber dort selbstverständlich keinen Interzonenpaß. Aus welchem Grunde sollten zwei Schwestern sich auch wohl einmal besuchen wollen!! Nun will sie mein Gesuch vom vorigen Jahr wieder aufnehmen, aber es ist ja doch alles vergebliche Mühe und sie sollte sich die Lauferei sparen, da sie nichts damit erreichen wird. –

Franz rief vor einigen Tagen bei Frl. Wulff an und erkundigte sich nach Irmlind. Es geht ihr gut und wir haben sie für die Pfingstferien zu uns eingeladen. Franz holt sie schon Sonnabend mittag, wenn er im Geschäft in Wandsbek fertig ist, ab. Am 1. Festtag nehmen wir sie dann mit zu Diego und Hilku nach Niendorf, wo sie dann ja auch den Kleinen ein wenig bewundern und mit ihm herumkutschieren kann. Am 2. Pfingsttag fahren wir dann ein bißchen mit ihr nach Planten und Blomen, vorausgesetzt, daß das Wetter gut ist. Einen Tag vor Schulbeginn bringe ich sie dann nach Volksdorf zurück. Frl. W. werde ich leider nicht sehen, da sie Pfingsten zur Erholung fortfährt. Doch freut sie sich sehr, daß Irmlind einmal herauskommt und Ihr werdet es ebenfalls tun.

Ich habe auch alle andern Besucher, unsere Bekannten Diercks und Frau Tanat, abgesagt. Diesmal soll Irmlind Trumpf sein. Mir geht es ganz gut, 24 Spritzen für Blutbesserug haben wohl etwas gewirkt. Ich bin sogar beim Großreinemachen, wobei Wolfgang mir hilft, der auch leider immer noch untätig bei uns herumsitzt, und zu meinem größten Kummer gehört, genau wie es Dir geht, der Du nun die besten Jahre Deines Lebens untätig verbringen mußt. Hoffentlich seid Ihr sonst wieder alle in Ordnung und gesund. Möchte nur Rotraud in ihrem Beruf bleiben können! Was wird aus Burkhard? Lernt er nun weiter und wo? Oder ist er auch zu hause? Habt Ihr von Klaus gehört? An uns schreibt er doch nie mehr, ich bin wohl damals garzu strenge gegen ihn gewesen, das kann er wohl nicht vergessen, daß wir so auf ihn eingeredet und ihm Vorwürfe gemacht haben. Ich wünschte ihm von Herzen, daß er dort bei Büchen seßhaft würde und glücklich mit seiner Braut. – –

Am 1. Mai besuchten wir Diego und Hilku. Sie sind sehr glücklich in ihrer kleinen Wohnung mit ihrem Kind. Hilku hat den ganzen Tag damit zu tun und Diego bekommt auch weniger Schlaf als normal. Das kennen wir ja. Leider konnte sie das Kind nicht mehr allein nähern und muß schon tüchtig Haferflocken, Zwieback, Nestles Kindermehl, auch Bananen, Äpfel, Apfelsinen u. Zitrone füttern. Bei gutem Wetter steht er den ganzen Tag draußen im Garten, hat eine schöne Hautfarbe und hat sich gut entwickelt. Er wiegt jetzt 9 Pfd. – –

Ich bekam beim Aufräumen das Opernglas in die Hände. Schriebst Du mir, lieber Georg, eigentlich, daß ich es Dir zurückschicken soll? Ich habe das ganz aus dem Auge verloren. Schreib noch einmal deswegen.

Mit den herzlichsten Grüßen für Euch alle

Eure Kläre.

Hbg., 21.6.52

Lieber Georg,

Du wirst ja baß erstaunt gewesen sein über die Telegramme und ich hoffe und wünsche von Herzen, daß Irmlind heute gesund in der Hagelbergerstr. bzw. bei Euch eintrifft. Ja, das war eine tolle Woche und ich will Dir nun nacheinander erzählen. Am Dienstag waren Irmlinds Paßbilder fertig und ich wollte nächsten Tag zum Paßamt in Wandsbek und ihren Paß beantragen, Formular, Ausweis, Geburtsurkunde lagen bereit. Da wurde ich am Mittwoch früh aus Volksdorf angerufen, daß sich ein Herr Scheftel bei Frau Simon gemeldet hat und auf Veranlassung einer Frau Peck, Berlin W 30 Neue Ansbacherstr. 19 sich bereit erklärt, Irmlind in seinem Privatwagen nach Berlin mitzunehmen. Im Laufe des Vormittags ruft mich Frau Simon noch mehrere Male an, um die Sache mit mir zu besprechen, ich war sehr dafür, sie sehr zweifelhaft, endlich um 2 Uhr hatte sie alles soweit geregelt und bat mich, Irmlinds Ausweis sofort zu Herrn Scheftel Chem. Fabrik, Dr. Weigert, Hbg 27, Gustav Kunststr. 24 zu bringen, da er am nächsten Morgen seinen Paß abholt und dann versuchen will, Irmlind noch darauf eintragen zu lassen. Ich also Hals über Kopf aus meiner Gartenarbeit fort losgefahren. Es war nicht ganz leicht für mich, ich mußte mit 2 maligem Umsteigen bis hinter Rotenburgsort, eine gottverlassene Gegend, wo ich noch nie war, fahren und kam dann auch glücklich zu der angegebenen Adresse. Ich traf sowohl Herrn Scheftel selbst wie auch seine junge Frau und deren Mutter zu Hause. Es waren sehr nette durchaus vertrauenswürdige Leute in den besten Jahren, jung, energisch, hilfsbereit. Ich erfuhr dort auch durch die junge Frau, daß ihre Mutter in Berlin im gleichen Hause mit Frau Peck wohnt und daß Du mit diesen Leuten bekannt bist. Es hatte sich erst in den allerletzten Tagen entschieden, daß er nach Berlin fahren mußte und nun seine Schwiegermutter, eine liebe alte weißhaarige Dame, mitnehmen würde. Ich habe natürlich gleich kombiniert, daß dieses die Verbindung mit einem Privatauto sei, die sich für Dich seinerzeit zerschlagen hatte und die nun plötzlich wieder akut geworden war, ohne daß Du davon wußtest. Ich nahm also sein Anerbieten dankend an, er wollte am Donnerstag seine Paßgeschichte erledigen u. versuchen, Irmlind noch darauf eintragen zu lassen. Ich ließ Irmlinds Ausweis da u. kam ziemlich erledigt nach Hause. Am nächsten Tag sollten wir um 6 Uhr anrufen und uns das Resultat holen, die Reise sollte Freitag oder Sonnabend früh 8 Uhr losgehen. Am Abend besprach ich alles mit Franz und er war in allem meiner Ansicht und wollte selbst vom Kontor aus um 6 Uhr mit Herrn Sch. sprechen. Am Donnerstag morgen erhielt ich Deinen Brief bezügl. der Autofahrt u. Fr. Simon ebenfalls. Sie rief mich sofort an und war nun ganz aus dem Häuschen, wollte Irmlind nicht mehr mit Herrn Sch. fahren lassen, weil sie keine Order dafür hätte, vielleicht wäre das Kindesraub usw. Ich suchte sie zu beruhigen, die Leute wären durchaus einwandfrei usw. u. wer wüßte 100 prozentig, ob wir den Paß für Irmlind bekämen. Außerdem käme sie jetzt auf die schönste Weise nach Berlin und säße später nicht mutterseelenallein im Omnibus, den sie in Lauenburg noch verlassen u. nach Kontrolle in einen anderen jenseits der Grenze steigen muß. Es half nichts. Sie verlangte von uns schriftlich die volle Verantwortung, da sie I. sonst nicht fahren lassen würde. Sie machte mich ganz verrückt. Inzwischen hatte Franz mit Herrn Sch. telefoniert, Er hatte nach vielerlei Schwierigkeiten I. auf seinem Paß draufgekriegt, und war so froh, uns die gute Nachricht mitteilen zu können. Wie wäre es denn möglich gewesen, ihm plötzlich nach all der Mühe zu sagen, daß wir I. nicht mitgeben wollten! Franz u. ich blieben jedenfalls fest, da wir dieses als die günstigste Gelegenheit ansahen, I. nach B. zu schaffen. Ich hoffe, daß sie nun schon bald bei Euch sein wird. Freitag früh gab ich 2 Brief- Telegramme wegen I.‘s Ankunft an Pollei und an Dich b/Wendt auf und sie müssen Euch eigentlich rechtzeitig erreicht haben. Herr Sch. wollte I. in der Hagelbergerstr. abliefern. Ich hoffe von Herzen, daß nun alles geklappt hat! Es war keine leichte Sache. Frau Simon hat I. heute morgen selbst in Rotenburgsort angeliefert und konnte sich überzeugen, daß sie das Kind sehr vertrauenswürdigen Leuten anvertraut. Ich hoffe, daß Du unsere Maßnahmen für richtig hältst. –

Die von Dir geschickten Scheine muß Frau S. nun wohl zurückschicken, damit Du das übrige veranlassen kannst. Sie kann ja auch hier bei der Fa. Severin anrufen, sie hatte mit den Leuten auch schon gesprochen. – Wegen der Rückreise hast Du nun ja 7 Wochen Zeit. Ich gehe inzwischen nochmals mit allen Unterlagen zum Paßamt, um genau zu erfahren, ob I. einen Paß bekommen hätte, da man hier allgemein behauptet, sie würde keinen bekommen. Jedenfalls will ich mich genau versichern und ich gebe Dir definitiven Bescheid. Evtl. oder vielmehr bejahendenfalls könnte ich für Benutzung fürdie Rückfahrt dann noch einen Paß beantragen, wozu ich dann allerdings Irmlinds Ausweis benötigte. –

So, ich hoffe, ich habe nichts vergessen. Und hoffentlich hat alles geklappt!

Ich wünsche Euch gute Ferien!

Herzliche Grüße an Euch alle

Deine Kläre.

Hamburg, den 14.9.52

Liebe Tante Irmgard, Lieber Onkel Georg!

Mutti und Vati sind für 14 Tage nach langer Zeit einmal in Urlaub gefahren und zwar nach Fissaubrück bei Eutin. –

Heute am Sonntag kamen Klaus und Irmlind bei uns an und wir konnten Ihnen sogar Torte und Keks vorsetzen. Irmlind machte sogar vorher Schluss mit der Tee u. Kaffeetafel, weil nichts mehr „reinging“.

Meine Anneliese führt mir hier die Wirtschaft und im Moment spielt sie Mühle u. Dame mit Irmlind, während Klaus an Euch und Tante Kläre schreibt. –

Ich kann sagen, daß ich jetzt meine 3 Monate Probezeit gut (sehr gut sogar) überstanden habe und nun festangestellt bin. Ist das doch ein grosser Fortschritt, wenn [einer] einen guten Arbeitsplatz hat und dieser auch noch für’s Leben sicher ist. An mir soll es nicht liegen. Ich bin bei einer Ersatzkrankenkasse beschäftigt und fühle mich da richtig wohl. Der Verdienst ist auch gut, vor allem kommt man automatisch weiter, man braucht also nicht betteln gehen, wenn man mehr Geld haben will. –

Ich will ja nun auch bald heiraten, ich denke so im Nov.! Ich muss nur erst eine kl. Wohngelegenheit suchen, aber das finde ich auch noch. –

Sonst geht es gut und ich hoffe es von Euch auch, soweit dies unter denn dort gegebenen Umständen überhaupt möglich ist. –

Von meiner Anneliese, die Ihr ja noch nicht kennt, soll ich herzliche Grüße bestellen. Wenn ich einen „eigenen“ Hausstand habe, so wird sie sich auch bei Euch schriftlich vorstellen, denn jetzt hat man noch zuviel andere wichtige Dinge im Kopf.

Für heute sende ich Euch die besten Grüße und wünsche Euch alles Gute und verbleibe bis später

Euer Neffe Wolfgang

Hbg.,     10.52

Lieber Georg, liebe Irmgard,      

ich schicke Euch hiermit Irmlinds Brief, den sie auf W.‘s Schreibmaschine geschrieben hat, Das war doch mal was anderes. Am Sonntag nachmittag waren wir mit ihr in unserem schönen modernen Bramf. Kino (800 Plätze) und sahen den „Fürst von Pappenheim”. Wenn Irmlind auch nicht alles verstanden hat, so haben wir doch viel gelacht über Grethe Weiser und Thomalla. Es war sehr lustig. Am Montag mittag habe ich Irml. in Wandsbek Gartenstadt in den Zug gesetzt und sie ist dann allein zurückgefahren. Das nächste Mal kann ich sie hier mit Umsteigen in die Elektrische Linie 1 setzen, sie weiß so genau Bescheid und steigt so schön ruhig und selbständig ein, daß man keine Angst zu haben braucht. Sie erzählte, daß Frl. W. heute aus dem Krankenhaus zurückkommt und anschließend noch 4 Wochen nach Sprötze in der Lüneb. Heide fährt. Die 53 jährige Haushälterin hat sich verheiratet und dafür fängt heute Ersatz an. Das wird auch nicht so ganz einfach sein und Frau Simon hat gewiß mehr als genug zu sorgen. –

Eure Briefe und Bildchen habe ich erhalten und danke Euch vielmals dafür. Irmgard, Dich habe ich nicht wiedererkannt, wenn mir Irmlind nicht gesagt hätte, daß Du es bist. Du mußt Dich ja sehr verändert haben. Wir sind mit großer Befriedigung aus unserem Ferienaufenthalt zurückgekommen. Wir haben ja einen großen Dusel mit dem Wetter gehabt, immer trocken, sonnig – wenn man bedenkt, was wir jetzt seit unserer Rückkehr an Regen und Sturm genossen haben! Wir haben auch die Holst. Schweiz nach allen Richtungen hin kennen gelernt: Eutin mit See, Schloß u. Schloßpark (überhaupt ein reizendes Städtchen, das wir x mal am Vormittag besucht haben, ¼ Std von Fissaubrück entfernt). Fissaubrück direkt am Kellersee mit herrlichen Ufern und schönem Lärchenwald, Motorbootfahrten nach Malente-Gremsmühlen und Sielbecker Fährhaus, von dort Aufstieg zum Ukleisee, Rundgang um dieses herrliche Kleinod, Kaffee im Forsthaus. Das linke Ufer ist abgeholzt, aber schon wieder tüchtig aufgeforstet, trotzdem war es wunderbar im Sonnenschein und mit dem alten Opferstein auf halber Höhe, das rechte Ufer ist dicht bewaldet, Buchen von 5 m Umfang und derart verwachsen, daß man nur staunen muß. Auf der Höhe steht noch die alte 600 jährige Eiche mit 6 m Umfang. Dort liegen die beiden großen Hotels, in denen viele Fürstlichkeiten einmal eingekehrt sind. Das eine „Hotel zum Uklei” wäre ein idealer Sommeraufenthalt. Ebenfalls waren wir am Diecksee  in Fegetasche und zuletzt in Plön, einem wunderschönen, sauberen Städtchen. Von der Schloßterrasse hat man einen wunderbaren Ausblick auf den gewaltigen Plöner See mit den malerischen Inseln darin. Hinter einem liegt das schöne Schloß hoch oben mit rotem Wein berankt, jetzt KnabenInternat. Dann schlenderten wir durch den alten Schloßgarten vorbei an dem Prinzenpalaishaus, (jetzt Mädchen-Internat) das in uns alten Monarchisten doch eigenartige Eindrücke hinterläßt. Auch Ludendorff ist in der Plöner Kadettenanstalt erzogen worden, woran sich dann Lichterfelde anschloß. In Fissaubrück hatten wir die Bekanntschaft eines sehr netten deutsch-amerikanischen Ehepaares gemacht, die uns zum Überfluß noch im Wagen über Neustadt, Oldenburg, Heiligenhafen bis zum Fehmarnsund an der Ostsee mitnahmen. Blau und grün bereitete sich die schöne Ostsee weit vor uns aus, die Fähre kam von Fehmarn herüber – es war wunderschön. Rückzu fuhren wir über Lütjenburg, Plön, die fünf Seen, Malente-Gremsmühlen, bis wir wieder in Fissaubrück landeten. Wir haben einen schönen Teil von Schleswig-Holstein kennen gelernt, auch waren wir schön braun gebrannt von Sonne und Wind. Die Arbeit hier wurde mir nach dem vielen Nichtstun recht schwer und meine alten Leiden stellten sich wieder ein, sodaß ich trotz der Ausspannung wieder doktern muß. Schlaflosigkeit und Nervosität, dabei eine gewisse Herzschwäche, sind wohl Dinge, die ich nicht wieder los werde. Im ganzen fühle ich mich dabei recht gut, aber Zumuten darf ich mir nicht allzuviel.

Dabei komme ich zu dem von Dir, lieber Georg, angeschnittenen Thema. Ich war recht traurig und niedergedrückt, als ich Deine Zeilen las und will auch in den nächsten Tagen gleich an Hedi schreiben. Wer weiß, wie lange wir das noch gegenseitig können! Es ist doch eigenartig, wenn man plötzlich in die Bereiche kommt, wo man mit dem Tode rechnen muß. Ich hoffe und wünsche ja so sehr daß Hedi noch einige Jahre im Leben erhalten bleibt (das gleiche könnte ich von mir sagen), furchtbar ist mir der Gedanke, daß hier eines Tages die entsetzliche Depesche kommt wie zu Mutters und Vater Tode. Und nichts konnte ich tun und wahrscheinlich würde ich nicht einmal zur Beerdigung fahren können. Früher ließen die Russen einen auf Grund der Depesche passieren (Paß bekam man hier sofort!), aber ob das heute noch möglich ist? Was die Sachen anlangt, so denkst Du doch auch, daß wir uns Wertsachen, Wäsche, Decken z.T. Porzellan usw. teilen, wir können ja auch für unsere beiden jungen Hausstände noch mancherlei gebrauchen. An Möbeln würde ich wohl schwerlich etwas herüberbekommen können. Falls es noch geht, könnte ich ja nächsten Sommer mal nach Westberlin kommen u. mich dort mit Euch und Hedi treffen. – Wolfgang heiratet am 15.11. Hbg. Altona, Allee 175 II, er ist jetzt festangestellt an der Verwaltung der Hanseatischen Ersatzkasse, ist es nicht herrlich für ihn? Am 1.1.53 bekommt er eine eigene Abteilung, sie sind sehr mit ihm zufrieden u. das Gehalt steigt auch entsprechend. –

Wie ist die Anschrift von Klaus? Irmlind wußte sie nicht. Nun viele herzliche Grüße an Euch alle

Eure Kläre.

Hbg., 18.11.52

Mein lieber Georg,

Dank für Deinen Brief. Ich will erst einmal Deine Angelegenheit besprechen und dann die unsrige. Also gestern war Frl. Witt hier, um sich nach allerlei zu erkundigen. Sie wollen also wieder schicken. Ich las Deine diesbezügl. Ausführungen vor und sie hat sich alles notiert. Das erste Paket, wahrscheinlich mit Zeug, wird also nach Lichtenrade gehen und in der Weise wie von Dir gewünscht. Es werden wohl noch weitere Pakete folgen. Sollen nun prinzipiell alle Paketsendungen nach B. gehen? Wie wollt Ihr denn Lebensmittel usw. nach R. durchbringen? Über Paketsendungen bin ich hier nicht orientiert, aber von Päckchen weiß ich, daß die Leute hier alles genau wie früher schicken und daß die Sendungen auch ankommen. Soll ich z.B. auch kein Päckchen Einschreiben nach R. schicken? Willst Du es im Prinzip vermeiden, Sendungen nach R. zu erhalten? Ich wollte Euch zu Weihn. einen 10 Mk Schein in unserem Geld schicken. Wie soll ich das nun machen? Als Geldsendung an Frau Wendt? Das wäre wohl das beste. Ihr könnt dann dafür kaufen was Ihr wollt, evtl. in Ostmark umtauschen. Soll ich mein Weihnachtspäckchen nach Lichtenrade oder R. schicken? Über diese Fragen bitte noch einmal Bescheid. – – – –

Ja, die Hochzeit liegt nun hinter uns und mein heißer Wunsch ist, daß Wolfgang in dieser Ehe glücklich wird. Es war alles sehr schön. Auch Euer Telegramm traf ein und als allererstes Geschenk der schöne Holzteller, auf dem all die vielen Glückwünsche und Telegramme lagen. Der ganze große Tisch war überhäuft mit Geschenken, viel versilbertes Geschirr. Ein herrl. Kaffee Service Hutschenreuter, von uns eine schöne 5 armige Krone mit Schalen. Für mich war es leider nicht alles so wie es sein sollte. Infolge einer kleinen Überanstrengung hatte ich vor 3 Wochen erneut einen ziemlich schrecklichen Herzanfall, nach dem ich so elend und geschwächt war, daß ich fast die ganze Zeit gelegen habe. Dazu immer die Angst, daß ich nun nicht einmal an die Hochzeit würde mitmachen können, helfen konnte ich sowieso nichts, alles blieb hier liegen. Schließlich besserte sich mein Zustand etwas und meine Ärztin meinte, ich könnte mir die Teilnahme wohl zumuten. Ich war dann auch wirklich dabei, Trauung im Rathaus Altona, kleines festliches Essen darnach im Restaurant (ein Onkel spendiert), große Kaffeetafel mit der ganzen Verwandtschaft in der Allee 75. Auch Diego, Hilku und Baby waren da. Mir selbst war herzlich elend und Franz u. ich brachen um 8 Uhr auf. Wolfg. u. Annel. hatten Karten fürs Theater. Die anderen saßen wohl noch etwas länger zusammen. Es war ein großer Polterabend mit vielen Scherben voraufgegangen ohne uns!. Ihr Zimmer mit Kochnische ist sehr schön geworden, schön eingerichtet. Hoffentlich klappt nun auch alles andere so gut. Ich fürchte manchmal etwas für Wolfgang, daß er zu gutmütig ist und da leicht etwas drunter kommen kann. Mir ist der Abschied sehr schwer gefallen. Ich kam bereits im höchsten Grade elend, zitternd und weinend hier an. Mein Zustand wieder ganz schlecht, viel Schmerzen u. Atemnot. Der Abschiedsschmerz tat sein Übriges. Ich haderte mit meiner Krankheit und mit meinem Alleinsein u. Franz hatte einen schweren Sonntag mit mir. Ich schlafe ja auch fast keine Nacht, immer erst nach Schlafmitteln, dann bis 10 oder 11 Uhr am Morgen. Zur Zeit kann ich auch gar nichts tun. Alles kann ich nicht aushalten. Nun muß ich wieder Geduld haben, daß es langsam besser wird. Schrecklich, wenn man denkt, daß das so schnell immer wieder kommen kann! Und ich sitze hier und warte und grüble. Davon wird man auch nicht gesund. Aber was soll ich machen? Nun mache ich mir auch über Diegos Kleinen Sorge. Denkt mal, Hilku arbeitet wieder seit 1.11. in einem Büro in Niendorf. Um das zu können, muß sie mit dem Kleinen im Kinderwagen morgens von ¾ 7 – ¾ 8 und abends von 5 ¼ – 6 ¼ über die offene Landstraße fahren. (Kinderheim!) Er hat sich auch schon einen ganz schönen Husten weggeholt. Er ist für so zeitige und so späte lange Wege im Winter ja auch noch viel zu klein. Ob sie glauben, daß er das bei starkem Frost, Oststurm, Schnee und Regen aushält? Sie meinen es ja. Wir haben seinerzeit mit Wolfgang als Baby andere Erfahrungen gemacht und auch hier kenne ich eine Mutter, die ihre Sorglosigkeit mit dem Verlust ihres Kindes hat büßen müssen.

Der kleine Ene scheint seiner Mutter sehr ähnlich zu sehen, sonst ist es ein außerordentlich freundliches und zufriedenes Kind. Man kann schon seine Freude mit ihm haben. Diego muß auch tüchtig ran mit Heizen, Kochen und Hausarbeit! Es ist doch alles mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Solange alles gesund ist, läßt es sich ertragen, aber dann ist es Essig.

Nun geht aber nicht zuviel auf mein Gejammer ein. Es wird schon wieder besser werden. Ihr kennt das ja auch alles und noch viel mehr als wir.

Herzl. Grüße Euch allen

Deine Kläre.

Hbg. Niendorf, am 14.12

Liebe Tante Irmgard, lieber Onkel Georg, liebe Rotraud, Siegrun, und lieber Burkhard! (hoffentlich sind alle zu hause!)

Auch aus Niendrof kommt ab und zu ein Lebenszeichen an. Ich hoffe, daß es Euch bei Gesundheit erreicht und wünsche Allen ein schönes Weihnachtsfest und ein gesundes Neues Jahr!

Uns dreien geht es gut und wir hoffen Weihnachten in Bramfeld sein zu können. Wenn es nicht gar zu schlechtes Wetter zum Fest geben sollte.

Unser Eni macht uns sehr viel Freude, er steht schon gern in seinem Bettchen und liegt auf dem Bauch und krabbelt herum. Vor ¼ Jahr hatten wir einige Bilder gemacht, eins davon lege ich bei, inzwischen hat er sich aber schon wieder etwas verändert. Wir haben zZt. recht schlechtes Wetter, mit sehr viel Regen und Schnee und Glatteis, hoffentlich bleibt es nicht dabei.

Bei Euch wird es wohl nicht viel anders sein?

In der Vorweihnachtszeit haben wir immer sehr viel Arbeit und sind froh, wenn wir abends das nötigste geschafft haben!

Mit nochmaligen herzlichen Wünschen zu den Festen und für das neue Jahr grüßen Euch Euer Ene Eure Hilku und

Euer Neffe und

Vetter

Diego

Hamburg, den 22.1.53

Liebe Rangsdorfer!

Heute nach langer Zeit komme ich dazu an Euch zu schreiben.

Also an Euch alle recht herzlichen Dank für die Hochzeitsgrüße und vor allem vielen herzlichen Dank für den schönen Holzteller, zu dem wir uns riesig gefreut haben.

Meine Frau wollte sich ja auch einmal schriftlich bei Euch vorstellen, aber leider ist der Arbeitstag für uns immer sehr lang, dann Essen usw. soll immer ausser dem Beruf auch noch immer zubereitet werden und so fehlt es immer an der Zeit. Heute hat meine Frau nun bis 22 h Dienst, dann ist sie vor 2245 h kaum im Haus.

Schön ist es nicht, wenn die Frau auch mit Geld verdienen muß, aber leider geht es vorläufig nicht anders.

Ihr werdet von Mutti ja sicherlich inzwischen schon von uns gehört haben, wie die Hochzeit war usw. und somit brauche ich darüber wohl nichts mehr schreiben. –

Anneliese wollte Irmlind immer mal zu uns holen, aber es passt immer mit dem Dienst so schlecht. Irmlind freut sich schon, Ihr werdet dann von uns hören, wenn sie hier bei uns war. –

Anbei ein kleines Bild von den „neuen“ Eheleuten. Für heute recht herzliche Grüße von mir und Anneliese

Euer

Wolfgang.

Hbg., 10.3.53

Meine Lieben,

wie sehr ich mich über Euer glückliches Absetzen aus der Ostzone gefreut habe, kann ich garnicht sagen. Als vor 14 Tagen Dein Brief, lieber Georg, hier eintraf, daß Ihr Euern schon oft erwägten Entschluß, die Ostzone zu verlassen, verwirklichen wolltet, da habe ich die ganze Woche mit der größten Anteilnahme an Euch gedacht und mich Tag und Nacht in Eure Lage versetzt, konnte ich mir doch denken, was es für Euch bedeutet, von allem Abschied zu nehmen, was solange Eure Heimat war, um nun erst wieder einmal heimatlos zu sein und von vorn anzufangen, dafür allerdings die Freiheit einzutauschen und das Glück, ohne Angst und Vergewaltigung leben zu können. Dann habe ich die ganze nächste Woche auf ein Lebenszeichen von Euch gewartet, das dann endlich Sonnabend Nachmittag hier eintraf. Ich war schon so aufgeregt, konnte nicht schlafen, immer dachte ich, ob es wohl bloß gutgegangen sei. Was konnte sich doch alles in der Zeit ereignet haben und daß meine Befürchtungen nicht unbegründet waren, habe ich ja aus Eurem Brief gelesen. Wie können wir nur glücklich und dankbar sein, daß alles gut gegangen ist und Ihr erst einmal in Sicherheit seid. Welch ein Glück, daß Ihr ein Zimmer habt und vor allem Eure Oberbetten! Das war bestimmt eine Rekordleistung, wie Ihr das wohl überhaupt fertig bekommen habt, Ihr müßt es mir einmal schreiben! Ich denke doch, daß Ihr als Flüchtlinge anerkannt seid, aber das Verfahren ist gewiß noch nicht abgeschlossen bei den ungeheuren Massen, die täglich in W. Berlin eintreffen. Du schreibst, lieber Georg, daß die Kinder voraussichtlich in West-Berlin unterkommen können, ist denn schon bestimmt, daß Ihr dort alle bleiben könnt oder bekommt Ihr darüber erst Bescheid? Was wird bloß die arme Hedi sagen, wenn sie von Dir die Nachricht von Eurer Flucht bekommt? Sie wird wohl viel klagen und traurig sein, daß sie nun niemanden mehr von der Familie wiedersehen wird. Es ist schrecklich für sie, aber Ihr könnt es ja nicht ändern, denn Euer eigenes Leben und das Eurer Kinder geht vor. Ihr bleibt ja nichts übrig, als bis zu ihrem Tode bei den Gräbern der Eltern und mit ihren alten Tanten zusammen zu bleiben. Sie sollte nur noch vorher, alles Silberzeug und Wertgegenstände an uns abschicken, denn nachher ist doch alles verloren. Ich werde ihr das noch mal schreiben, wenn ich erst Nachricht von ihr habe. –

Wie geht es mit Deiner Gesundheit? Konntest Du einen Arzt aufsuchen und was ist es, was Dir fehlt? Deine Nerven werden bei der Anspannung, die Ihr hinter Euch habt, auch gehörig angegriffen sein, die Ruhe wird Dir gut tun und Irmgard auch. Hoffentlich ist Euer Lebensunterhalt gesichert, ich denke doch, daß Ihr Unterstützung bekommt oder ist das alles noch nicht soweit? Wovon lebt Ihr sonst? Vielleicht schickt die Wandsb. Klasse Euch zu Ostern noch ein Paket, wie Frau Witt heute meinte. Wie ist es mit Geschirr? Könnt Ihr da von mir noch dies oder jenes gebrauchen? Wir melden diese Woche unsere Wohnung zum Tausch an. Ich möchte eine kleine ruhige warme Wohnung, 2 Zimmer. Hoffentlich haben wir Erfolg. Im Sommer spricht unsere Wohnung samt Garten an, im Winter hätte sie bestimmt keiner genommen. Nun wünsche ich Irmgard zu ihrem Geburtstag eine gute Erholung für das kommende Jahr und neuen Lebensmut in der Freiheit! Schade, daß Berlin nicht Hamburg ist, dann hätten wir doch jetzt die Möglichkeit, einmal wieder zusammen zu kommen. Hauptsache, daß dieser Malenkow Euch da in Berlin und uns alle in Ruhe läßt. Es ist doch ein zu trauriges Los, das dieser Hitler uns allen eingebrockt hat! Nachdenken darf man darüber überhaupt nicht, dann kann man verrückt werden. Und unsere geliebten Alliierten haben ja auch ihr gerüttelt und geschüttelt Maß an Schuld, daß es uns so traurig geht. Es war wohl alles Absicht so, es ist alles ganz schön hingekommen wie es sollte. Nur der tote Generalissimus hat ihnen die Rechnung etwas verdorben. Jetzt haben sie natürlich alle die weiße Weste an und wir sind in unserer Dämlichkeit das einzige schwarze Schaf, wenngleich ich natürlich die Verbrechen des Hitler-Regimes nicht verkleinern will. –

Den drei Familien des Hauses Bangis im Hbg. geht es soweit gut. Ene feierte am 1. März seinen 1. Geburtstag mit viel Zahnwehweh! Wir waren alle da. Mir geht es einigermaßen.

Hoffentlich bringt der Frühling noch etwas bessere Gesundheit. Franz ist ganz wohl.

Mit vielen innigen Grüßen an Euch alle, guten Mut für die Zukunft!

Eure Kläre.

Hbg., 24.4.53

Lieber Georg,

vielen Dank für Deinen Brief kurz vor Ostern, der so lang und ausführlich war und für Dich gewiß eine große Mühe bedeutet hat. Ich bin Dir aber sehr dankbar, da ich mir nun ziemlich gut vorstellen kann, wie Ihr lebt, wie es Euch geht, was ihr alles hinter Euch habt und was Ihr noch erhofft. Ich hoffe und wünsche für Euch, daß Euch die gewonnene Freiheit und Sicherheit für das entschädigt, was Ihr verloren habt. Aber es muß wohl so sein, denn sonst wäret Ihr ja nicht fortgegangen. Es ist ja schon sehr viel wert, daß die beiden Großen ihre Arbeit in W. B. fortsetzen können und für Sigrun werdet ihr mit dem Wechsel der Schule auch mehr als zufrieden sein. Irmlind kann Euch nun ja in den Ferien unbehelligt besuchen. Sie war Ostern nicht bei uns. Ich rief noch bei Frl. W. an, aber es war im Heim eine so schöne Feier geplant, daß Frl. W. sie nicht weglassen wollte und es war für Irmlind doch wahrscheinlich auch viel schöner als bei uns. Sie war ja auch erst am Sonnabend/Sonntag vorher in Altona gewesen, wo sie sehr viel Abwechselung hatte. Geht alles weiter gut, so wird I. wohl Pfingsten zu uns kommen u. wir werden am 1. Festtag mit ihr nach Niendorf fahren, wo sie sich schön mit dem kleinen Eni beschäftigen kann, den nun schon sehr gut läuft. Da wird sie ja auch ihren Spaß haben. Auch für den zweiten Tag wird sich etwas finden, vielleicht Kino oder die beiden kleinen Mädchen usw.

Es ist uns leider nicht geglückt, unsere Wohnung zu tauschen, sie hat zuviel Mängel, und so müssen wir wohl oder übel hier wohnen bleiben. Wenn Wolfgang sich hier abmeldet werden wir das kleine Zimmer vermieten müssen, vorausgesetzt, daß es jemand haben will. Einzelne Zimmer scheint es hier genug zu geben und die Leute können wählen. Wir sind jetzt dabei, unser Wohnzimmer neu zu gestalten, Türen u. Fenster verkleiden, tapezieren, usw. usw. Wir hoffen, am Himmelfahrtstag, unserem Hochzeitstag (14.5.) fertig zu sein und zur Einweihung unsere Kinder nebst Enkel bei uns zu haben. Mit meiner Gesundheit ist es nicht zum besten bestellt. Ich fühle mich immer müde und angestrengt, ich bin nicht krank und doch nicht gesund. Es scheint mein Dauerzustand bleiben zu wollen. Kein Arzt hat mir bisher helfen können, es gibt sich auch niemand die notwendige Mühe bei so komplizierten Dingen wie Herz u. Nerven, als Kassenarzt hat er keine Zeit dazu und wir haben nicht das Geld, uns privat behandeln zu lassen oder mal gründlich in Kur zu gehen. Mit Irmgard wird es ja ähnlich sein, nur daß sie soviel jünger ist als ich und sich nun bei mehr innerer und äußerer Ruhe etwas erholt. Hoffentlich hat sich auch Dein Zustand, lieber Georg, inzwischen weiter gebessert.

Von Hedi hörte ich inzwischen nichts, als daß sie sich sehr verlassen und allein fühlt in der Ostzone ohne die Möglichkeit, Dich hin und wieder bei sich zu haben. Aber es bleibt Ihr wohl nichts anderes übrig, als bis zu ihrem Ende dort auszuharren. Sie möchte auch nicht fort und was sollte sie hier ohne die Gräber und ohne ihre alten Tanten? Ich will ihr zum 1.5. ein Päckchen schicken. Muttis Geburtstag morgen und der Todestag am 13.4. sind gewiß wieder sehr schmerzliche Tage für sie gewesen. Ich habe ihr zum 13. geschrieben. – – –

Das Wetter der letzten Tage ist ja herrlich. Ich arbeite jeden Tag ein klein bißchen im Garten und Franz am Abend. Auf diese Weise werden wir die Gartenarbeit auch wohl noch einmal fertig bekommen. Es ist schön, dann ein Stündchen im Garten unter den blühenden Bäumen sitzen zu können. Soviel Sonne und blauen Himmel im März und April haben wir schon seit Jahren nicht mehr gehabt. Hoffentlich habt Ihr da auch einen Park oder Anlagen bei Euch in der Nähe, damit Ihr nicht den ganzen Tag in Eurer Bude zu sitzen braucht. Ist es nicht herrlich, daß man frischen Spinat Salat, Rhabarber und Eier kaufen kann? Wir essen mindestens zweimal in der Woche Salat und Spinat. – –

Nun herzliche Grüße Euch allen mit den herzlichsten Wünschen, daß Ihr Euch gut einlebt im Westen und Euch mit dem wenigen abfindet, was Ihr retten konntet!

Eure Kläre.

Hbg., 10.9.53

Lieber Georg,

vielen Dank für Deinen l. Brief. Ja, wir sind einfach nicht dazu gekommen, an Euch zu schreiben. Zuerst war Hedi immer beim Kirchentag und dann ging die Zeit so schnell hin, entweder waren wir bei den Kindern oder sie bei uns, 6 mal waren wir wohl beisammen, mehr als sonst im ganzen Sommer. Zum Schluß war ja auch noch Franzens Geburtstag, da war eine Menge vorzubereiten, dann kam der letzte Sonntag und am Montag 31.8. fuhr sie ab, Franz brachte sie nach Altona, sie bekam einen Platz. „Eine Million” Leute waren am Bahnsteig, wie Franz sich ausdrückte. Einige Tage später erhielten wir die Nachricht von ihrer guten Ankunft, sie hatte noch 40 Mk Ostgeld mitgenommen, das sie versteckt hatte, aber es war garnichts los.

– Nun seid Ihr ja schon umgezogen und mit der Aussicht auf eine eigene Wohnung werdet Ihr die kurze Zeit der Enge und Einschränkung ja auch überstehen. Hedi hat mir von allen Euren Plänen und Aussichten erzählt, sodaß ich über alles ganz gut im Bilde bin. Die Gegend Lankwitz kann ich mir noch recht gut vorstellen, allerdings wird es so ländlich wie damals kaum noch sein. Mit Irmlind läßt es sich nicht ändern, es läßt sich auch nicht alles so schnell bewerkstelligen und man muß froh sein, wenn überhaupt Aussicht auf eine Wiedervereinigung mit ihr besteht. Hedi hat sie in Volksdorf besucht und fand sie und alles andere ganz in Ordnung, Frl. W. hat ihr aber nicht mal eine Tasse Kaffee angeboten, was wir nicht nett fanden. Leider mußte Irmlind ja auch das Schulexperiment der Sozis mit der 6 jährigen Grundschule mitmachen und wird daher woanders noch Schwierigkeiten haben.

Nun, wenn am 1.11. in Hamburg gewählt wird, ist es aller Voraussicht nach mit den Sozis hier auch aus, was wir alle sehr begrüßen würden, sie haben sich wirklich allerhand geleistet. Und eine 6  jährige Grundschule gibt es dann auch nicht mehr, was ja der größte Blödsinn von Herrn Nevermann war. Was sagst Du sonst zu der Wahl? Das war mehr als erwartet, nicht wahr? Wir sind natürlich auch für die Außenpolitik Dr. Adenauers und die Wirtschaft Dr. Erhards, sonst gehören wir nach wie vor der F.D.P. an, die uns etwas liberaler u. freisinniger ist als die Christlichen. Von der Politik der BHE halten wir nicht viel, das Hin u. Herschwanken u. Zünglein an der Waage spielen wollen sagt uns nicht zu. Nun, es wird gewiß ein großer wirtschaftlicher Aufschwung in der Bundesrepublik eintreten, womit auch die Sorgen und Nöte der Flüchtlinge gemildert werden. Herrn Kraft wird es auch nicht gerade schlecht gehen.

Klaus war am ersten Sonntag während des Kirchentages hier. Wir waren alle fort, nur Franz lag mit Hexenschuß im Bett und hat sich mit Klaus durch die Tür unterhalten. Hedi hätte ihn gern gesehen, aber warum hatte er sich auch nicht angemeldet, nachdem er schon oft genug Pech gehabt hat. Warum sollen wir wohl gerade zu hause sein, wenn er kommt? Ich will ihm noch ein Oberbett schicken in diesen Tagen u. eine Kiste mit Geschirr und Bildern. Es scheint ja mehr als primitiv bei ihnen zu sein u. Klaus empfindet den Unterschied wohl auch ziemlich drückend. Aber was soll er machen? Natürlich geben sie das Geld auch da aus, wo es gespart werden könnte z.B. für Radio und die großen Geschenke für seine Schwestern. Eine Kleinigkeit hätte es ja auch getan und er hätte schon wieder ¼ zum Bett gehabt. Dabei kann man aber nichts machen, ihnen fehlt die Einsicht für solche Dinge. Auch die unnötige Reise nach Hamburg kostet ja einen Haufen Geld. –

Mir geht es sehr mäßig. Die Nerven sind wieder recht in Unordnung, der Schlaf ist sehr schlecht, wieviele Nächte liege ich schon wieder wach und bin den nächsten Tag wie gerädert. Ja, es strengt mich eben alles viel zu sehr an. Da ist nichts zu machen, ich müßte mich von allem abschließen und irgend wo in ganz ruhiger Gegend wohnen. Sonst sehe ich ziemlich schwarz und kein Arzt kann mir dabei helfen. Ich habe genug ausprobiert, es ist alles vergebens. –

Franz und ich möchten auch noch gern ein bißchen von unserm Leben u. von unsern Kindern haben, aber eigentlich ist das alles viel zu viel. Dabei interessiert mich alles und ich möchte mich so gern mit allem befassen, doch es ist immer zu viel, nichts dürfte ich. –

Nun Euch alles Gute! Und welch ein Segen, daß Ihr überhaupt eine Bleibe habt!

Viele Grüße Euch allen

Eure Kläre.

Mit Hedi habe ich mich bis auf ein kleines Intermezzo ganz gut vertragen. Wir haben alles so gut gemacht wie es ging u. sie war doch froh, einmal so mitten zwischen uns allen zu sein. Leider ist es ja so, daß ich mich zur Liebe nicht zwingen kann und Du weißt ja, wie verschieden wir sind. Im ganzen war es aber doch ganz schön, wer weiß, wie lange es noch Pässe gibt!

Besonderen Gruß an Sigrun u. ich habe mich sehr über ihren Brief gefreut.

Hamburg, den 14. Jan. 1954

Liebe Berliner!

Heute sollt Ihr auch einmal Post von mir erhalten und so danke ich erst einmal für Eure Weihnachtskarte. Ich habe gerade noch einige Tage Urlaub, ebenso Anneliese und nun sitzen wir diesen gemütlich im Hause ab. Bei dieser Gelegenheit wird natürlich auch alles erledigt, hauptsächlich natürlich die Post, die immer liegen bleibt, weil man nie die richtige Ruhe zum Schreiben findet, wenn man abends nach Hause kommt. –

Schon seit langer Zeit wollten wir einige Bekleidungsstücke senden, die Anneliese herausgesucht hat, weil sie ihr nicht mehr passen. Vielleicht kann Rotraud davon etwas verwenden oder sich ändern? Oder für Sigrun? Aber das kann Tante Irmgard nach Erhalt der Sachen ja am besten beurteilen. Was Ihr nicht verwenden könnt, gebt bitte an bekannte etc. weiter. Ich bringe die Sachen in den nächsten tagen zur Post. –

Uns geht es soweit gut und da Anneliese ja auch noch bei der Post arbeitet, ferner der Haushalt auch noch da ist, ist der Feierabend für uns meistens sehr kurt. –

Wir haben jetzt zu unserem Zimmer ca. 22 qm noch eine kl. nette Küche. Aber leider ohne Wasser. Wir kochen elektrisch, was uns sehr gut gefällt, nur geht es nicht so schnelle wie auf Gas, da die Platte reichlich Zeit braucht, bis sie heiß wird. –

Tante Hedi war ja im August auch bei uns in Altona zu Besuch, was uns sehr freute, denn wie lange ist es her, dass ich sie sah! – Ihr seid ja nun auch schon eine ganze Zeit in Westberlin ansässig und wenn Ihr auch vollkommen von vorn angefangen seid, so ist es doch wohl ein Vorteil gegen Ostberlin. Wir können uns dies Leben im Osten natürlich gar nicht vorstellen, aber Tante Hedi hat uns ja genug erzählt. –

Weihnachten waren die 3 Familien „Bangis‘“ in Bramfeld zusammen für einen Tag, was ja auch selten vorkommt, da die Anmarschwege dorthin zu lang sind. So brauchen wir von Altona 1 Stunde dorthin. Diego mit seiner Familie hat es noch viel umständlicher, er wohnt viel dichter an Bramfeld heran, muss aber erst mit der Bahn den weiten Weg in die Stadt machen und dann wieder in fast derselben Richtung eine ¾ Stunde herausfahren, da es in Hamburg keine Querverbindungen (noch nicht) gibt. –

Anneliese will meinen Zeilen noch betr. der für Euch bestimmten Sachen einige Zeilen schreiben und so möchte ich für heute meinen Brief beenden.

Ich werde Euch auch mal ein Bild von uns senden, bisher sind aber alle noch nicht so richtig was geworden.

So und nun wünsche ich Euch allen alles gute für das Jahr 1954 und verbleibe mit den besten

Grüßen Euer Wolfgang.

Auch ich möchte mich mit vielen herzlichen Grüßen dranhängen und mich für Eure liebe Weihnachtskarte bedanken. Dieses Paket sollte eigentlich schon im letzten Sommer an Euch abgehen. Ich hoffe, Ihr könnt noch etwas von den Sachen gebrauchen. Das Kleid ist nach der ersten Wäsche derart eingelaufen, sodaß ich es gar nicht mehr tragen kann. Nach Tante Hedi’s Beschreibung ist Rotraud kleiner als ich und sicher kann es geändert werden. Ich habe nichts ausgebessert, weil ich einfach keine Zeit hatte und auch annehme, daß alles geändert werden muß, wenn eventuell Sigrun noch etwas daraus haben soll. So auch beiliegend braunes Futter für die Jacke. Übrigens auch noch herzlichen Dank für Deinen Brief, Sigrun. Wir hatten uns sehr darüber gefreut. Also hattest Du wirklich Wort gehalten!

Hamburg, 29.1.54

Meine Lieben,

gerade wollte ich an Sigrun eine Geburtstagskarte schreiben und mich erkundigen, ob ihr das Buch zu Weihnachten gefallen hat, als Euer gemeinsamer Brief hier eintrifft. Ich dachte schon, bei Euch wäre irgend etwas nicht in Ordnung. Ihr wäret vielleicht krank oder sonstwas. Na, ich bin nur froh, daß ich Nachricht habe und nachdem ich solange nicht an Euch geschrieben habe, will ich Sigruns Geburtstag gleich zu einem Brief an Euch alle benutzen. Zuerst noch für Euer aller Weihnachtswünsche unseren herzlichsten Dank, besonders hübsch fanden wir Rotrauds Karte mit der Zeichnung und ihren lieben Zeilen. Nochmals meinen herzlichsten Dank!

Sigrun Dank für ihr Schreiben, es freut mich, daß ihr das Buch gefallen hat. Wir haben ja als Kinder diese Auerbachs Kinderkalender auch gehabt und viel darin gelesen! Mir war es sehr interessant, den wieder neu erschienenen Kalender durchzublättern und ich muß sagen, ich fand ihn sehr hübsch und vielseitig. Ja, liebe Irmgard, das glaube ich wohl, daß Du glücklich bist, allein in einer hübschen neuen Wohnung zu sein und das ohne alle Angst und stetige Sorge. Nun sieh nur zu, daß Du Dich und Deine Gesundheit wieder ins Gleichgewicht bekommst, denn es muß doch eine ungeheure Erleichterung für Dich und Euch alle bedeuten, dem Sowjet… entflohen zu sein und all die schweren Gefahren des vergangenen Jahres hinter Euch zu haben. Wenn Euch auch noch manches fehlt, so habt Ihr doch Ruhe und Frieden, der uns hoffentlich nicht wieder gestört wird. Allerdings sieht es kaum so aus, als ob die Berliner Konferenz uns viel Gutes bringen wird!

Und Klaus war also tatsächlich bei Euch! Er wird glücklich gewesen sein, einmal wieder unter Euch zu sein, denn er kennt doch alles von früher und wir können uns vielleicht gar keinen Begriff davon machen, unter welch dürftigen Verhältnissen und in welcher Armut er sein Leben verbringen muß. Ja, das muß ich auch sagen, er tut mir immer von Herzen leid, daß ihn das Schicksal so hart getroffen hat und er unverschuldet es ertragen muß. Es ist wirklich eine Tragik. Aber, lieber Georg, Du hast schon recht, daß es ein trauriges Facit ist, doch kann man beim besten Willen nichts daran ändern, man kann nur zu seiner Erleichterung ihm hin und da ein wenig helfen. Seine Frau wird natürlich derart sein, daß sie sich nirgendwo sehen lassen kann, sie ist ja auch nicht zu uns gekommen und vielleicht ist es auch ebensogut so, denn man könnte doch nichts miteinander anfangen. Nun erwartet sie also im Mai auch ein Kind und Ihr werdet Großeltern, hoffentlich ist es gesund, das wäre das beste, was ihm passieren könnte.

Ich werde versuchen, noch einiges Kinderzeug zusammenzukriegen, für Hilku hatte ich auch eine Menge Windeln, Hemdchen, später Nachthemden und Tageshemden genäht. Es findet sich immer noch irgend etwas, woraus man etwas nähen kann, und meine schöne Maschine steht mir ja jederzeit zur Verfügung. –

Ich freue mich sehr, daß Du etwas mehr Unterstützung bekommst, sodaß es Euch doch wohl etwas besser geht als in der Ostzone, wenn ja auch von verhältnismäßig wenig Geld wenig Neues zu beschaffen ist, was Ihr noch dringend benötigt. Und damit kommen wir ja nun zur Frage Irmlind. Wir konnten sie leider nach Weihnachten nicht hernehmen, ich war durch den ersten Festtag mit dem Besuch aller Kinder derart am ende, daß ich zu nichts mehr fähig war. Aber Irmlind hat uns schon das letzte Mal, als sie mit Klaus bei uns war, viel besser gefallen als früher, sie ist ordentlich ein bißchen lebhaft und interessiert gewesen und wirkt schon fast wie ein junges Mädchen. Ihr werdet Euch ja wundern, wenn sie Ostern zu Euch kommt. Wir würden ihr ja nichts zu ihrer Entwicklung mehr wünschen als einen dauernden Aufenthalt im Elternhause. Das Leben im Heim hat keinen günstigen Einfluß auf sie u. Frl. W. hat schon recht, wie soll und kann sie einem heranwachsenden jungen Mädchen gerecht werden? Das kann sie einfach nicht. Also holt sie heim! Sie hat lange genug das warme Nest des Elternhauses entbehren müssen! Frl. W. wird natürlich eine Trennung schwer fallen, aber sie wird die Notwendigkeit einsehen. Wann Ihr den Zeitpunkt wählen wollt, das müßt Ihr nach Eurer Lage entscheiden. Herbst halte ich insofern nicht geeignet, als ihr ja eben erst wieder die Reise indie großen Ferien bezahlen mußtet. Kaum ist sie dann wieder hier, so muß sie schon wieder reisen. Also besser doch schon nach den großen Ferien oder vielleicht zu Weihnachten. Aber der Termin ist ja das Zweitrangige, erst kommt das Heimholen!!! Es wird Euch also leider nichts anderes übrig bleiben, als die Sache schriftlich mit Frl. W. zu erörtern. Ich kann Euch in dieser Angelegenheit leider nicht helfen, habe ja auch im Laufe der letzten 3 ½ Jahre, während welcher ich fast immer elend war, jeden Kontakt mit ihr verloren.

Es geht mir auch heute gar nicht gut. Mein Nervenarzt am Jungfernstieg ist z.Zt. auf 4 Wochen im Urlaub, aber wenn Mitte Februar alles klappt (was es ja bisher noch nie getan hat!), so wird er mich wahrscheinlich 4 Wochen in seine Klinik in Rissen nehmen, um verschiedene Kuren bei mir durchzuführen zur Besserung der Nerven, Blutaufbesserung und Gehirndurchblutung. Hoffentlich gibt die Kr. Kasse den Teil, den sie für Krankenhausbehandlung bezahlen würde, dazu, den Rest müssen wir tragen. Z.Zt. halte ich mich durch Pillen, die extra für mich angefertigt werden, aufrecht. Aber ich habe schon schreckliche Tage und Wochen durchgemacht. Schlaflosigkeit, Blutleere im Gehirn, Kreislaufstörungen, Unfähigkeit zu irgendwelcher geistigen u. körperlichen Arbeit, Schwermut. Es wird immer schlimmer. Ich wage mich schon garnicht mehr allein auf die Straße oder Stadt wegen Unsicherheit u. Schwindelgefühl. Hoffentlich kann ich in die Nervenklinik kommen und werde dort auch gebessert wie der Arzt sagt, allerdings nicht geheilt. Dazu bedarf es viel längerer Zeit. –

Ja, wie es einem so gehen kann. Bis dahin war ich kaum ernstlich krank und jetzt fühle ich mich immer krank und kann garnicht wieder gesund werden.

Die Schäfergeschichte hatte ich schon rein vergessen. Hier ist seine Privatadresse u. Privattelefon.

Siehe Zettel. –

Und nun viele herzliche Grüße Euch allen,

Eure Kläre.

Hbg., 12.2.54

Mein lieber Georg,

viele herzliche Grüße zu Deinem Geburtstag und die besten Wünsche für Eure fernere Zukunft. Möge es sich alles einigermaßen Euren Wünschen gemäß fügen und auch Eure Gesundheit gut sein. Meinen letzten ausführlichen Brief habt Ihr wohl erhalten. Leider muß Franz erst mal für diesen Monat feiern, da in seiner Firma wegen des Winterwetters nicht gearbeitet werden kann. Wir sind z.Zt. auf die kleine Rente von 108.– DM angewiesen u. bekommen soviel wie garkeine Unterstützung dazu. Mit 108.– Mk können 2 Personen ja auch großartig alle Ausgaben bezahlen und noch davon leben!! Gut, daß es nur vorübergehend ist, denn sonst ist es gerade zum Verhungern genug. Nächstes Jahr werde ich meine Versicherungsmarken genügend geklebt haben und wenn wir dann meine Rente (kleine!) dazuhaben, können wir wenigstens leben, wenn Franz einmal nicht mehr arbeiten kann. Es ist zu verwundern, wie gut Franz sich hält, er ist so frisch und sieht gut aus und auch dicker wie früher.

Mein Zustand hat sich nicht gebessert, aber Montag gehen wir nun endlich zum Nervenarzt und ich werde dann zur klinischen Behandlung nach Rissen kommen. So wie in diesen letzten 4 Jahren wird es immer schlechter statt besser. Franz geht mit mir, wir werden mit dem Arzt alles abmachen und die Krankenkasse wird endlich ihre Einwilligung geben müssen. Ich möchte ja auch so gern wieder ein bißchen Freude am Leben haben, zumal wieder ein schönes Familienereignis in Aussicht ist.

Wolfgang und Anneliese waren Sonntag bei uns. Annel. erwartet im August – September ein Kind. Sie sind beide so überglücklich und auch wir freuen uns von ganzem Herzen mit ihnen. Nur möchte ich ein bißchen wohler sein u. das Kind nicht nur 10 – 12 mal in 2 Jahren sehen wie Eni, der uns garnicht kennt. Es liegt natürlich viel an der Entfernung, viel aber auch an meinem fortwährenden Elendsein, sodaß ich vor jeder Fahrt und vor allen Menschen Angst habe. – –

Nun, mein lieber Georg, wünsche ich Dir einen schönen Geburtstag und bin mit den herzlichsten Grüßen für Dich und Euch alle

Deine Kläre.

Franz schließt sich meinen Wünschen an.

Hamburg, den 6.4.54

Liebe Berliner!

Ich danke Euch vielmals für Eure Geburtstagsgrüße und will Euch gleich einen kleinen Brief schreiben.–

Uns geht es gut, auch Anneliese, sie hat alles gut überstanden, lieber wäre es uns ja anders gewesen, denn wir haben uns schon so gefreut aber so ist es nun mal, man soll sich doch nicht schon zu früh freuen.

Wir sparen jetzt auf eine Wohnung, d. h. ich hoffe durch meine Firma im nächsten Jahr eine zu bekommen, wenn alles klappt. –

Mutti ist ja noch immer im Krankenhaus und sie wird auch noch über Ostern da bleiben. Jetzt schläft sie wenigstens, was ja sonst bei ihr eine Seltenheit war. Sie macht zur Zeit eine Opiumkur durch, und die Ruhe im Krankenhaus bekommt ihr gut, es fragt sich nur, wie es nachher wieder im Hause wird. –

Wie ich von Mutti hörte, wollt Ihr evtl. Irmlind ganz nach Berlin holen? Würde ich doch unbedingt tun, denn Heim ist Heim, da ist nichts dran zu ändern.

Der Umgang mit den dortigen Kindern ist für Irmlind doch nicht das Richtige. Ich war zwar nie dort, aber ich kann es mir doch vorstellen und Anneliese möchte Irmlind gerne öfters zu uns holen. Aber leider ist Volksdorf unmöglich weit von uns ab, gerade in entgegengesetzter Richtung. Ferner hat ja Anneliese auch öfters Sonntags Dienst. Wenn es sich im Sommer machen lässt, so wollen wir Irmlind gerne holen, vielleicht darf sie ja schon alleine fahren.

Wenn ich Mutti wieder im Krankenhaus besuche, so will ich mal nach Irmlind fragen, denn sie weiß ja von Euch ob Irmlind in den Ferien bei Euch, oder ja vielleicht schon ganz in Berlin ist. Wenn Irmlind alleine mit der Bahn fahren könnte, so wäre dies für uns viel besser und so könnte sie öfters kommen, wenn es uns passt. –

Herzl. Glückwunsch zum bestandenen Examen Rotraud! Dass Anneliese auch Säuglingsschwester gewesen ist, wisst Ihr wohl?

An Tante Hedi schrieb ich auch einen Brief, wir kommen ja auch selten zum Schreiben, weil der tägliche Alltagskram meistens keine Zeit und Lust übrig lässt! Heute hat Anneliese nun mal gerade bis 22 h Dienst und alleine hat man da doch mehr Ruhe!

Für heute herzliche Grüße an Euch alle von Eurem

Wolfgang und Anneliese

Hmb. 7.6.54

Lieber Georg und liebe Hedi,

Euren lieben Brief zu Pfingsten haben wir erhalten und danken Euch vielmals dafür. Wir hoffen, daß Ihr das Fest gut miteinander verlebt. Wir hatten gestern unsere gesamte Bagage hier und es war ganz wunderschön, vor allem hatten wir sehr viel Freude an dem kleinen Ene und zehren heute in Gedanken noch von den schönen Eindrücken des gestrigen Tages.

Mein heutiger Brief hat vor allem den Zweck, nochmal wegen Büchen mit Euch zu schreiben solange Hedi noch da ist. Ehe Ihr Euch zu einem längeren Aufenthalt in Siebeneichen entschließt, möchten wir Euch noch mal bitten zu bedenken, was für Verhältnisse Ihr dort antrefft. Franz hat doch an Ort u. Stelle gesehen, was dort los ist und er kann sich garnicht vorstellen, daß Hedi und noch viel weniger Rotraud länger als höchstens 1 Tag es dort aushalten könnten. Die Wohnverhältnisse sind doch so, daß es an allem fehlt. Sie schlafen zu 2 in einem Bett u. bei Berta ist auch nur 1 Bettstelle und außer dem von uns hingeschickten Bett hat sie nichts. Franz war in der Wohnung ihres Vaters, aber wir haben ja nur angedeutet, wie schmutzig dort alles aussah. Die Schwestern, die Kinder, der Vater, alles in speckigen Kleidern, die Luft nicht zum Atmen, Betten, Küche, Decken, Boden – alles dreckig. Berta sah ordentlich aus, sie hatte sich wohl zu Ehren von Franz‘ Besuch ihr sauberes schwarzes Kleid angezogen. Man kann also wirklich keinem empfehlen, in diesen primitiven Verhältnissen seinen Urlaub zu verbringen. Franz hält es für ausgeschlossen, daß da jemand von uns auf länger als höchstens 1 Tag hinfährt. Die Leute sind zu primitiv – wenn sie wenigstens sauber wären, Franz bittet mich extra, Euch das noch mal mitzuteilen, da er sich nicht vorstellen kann, daß z.B. ein Mädchen wie Rotraud, die von zu hause und aus dem Krankenhaus an peinlichste Saubarkeit gewöhnt ist, es dort aushalten könnte! Also, überlegt noch einmal gründlich, ehe Ihr eine Zusage macht.

Ich habe ja schon an Dich, Hedi, geschrieben, und Dir das mitgeteilt. Ich habe Dir auch vorgeschlagen im September eine zeitlang zu uns zu kommen u. Berta für 1 Tag!!! auf der Durchfahrt zu besuchen. Den gleichen Vorschlag möchten wir heute auch Rotraud machen. Mir geht es recht gut und Geld haben wir auch genügend für Eure Besuche. Wir würden uns sehr freuen, sowohl Hedi wie Rotraud im September auf 8 – 14 Tage bei uns zu haben. Wir würden Rotraud gern kennen lernen und sie hat außerdem Gelegenheit, Hamburg, diese schöne Stadt, zu sehen, von der sie doch eine Menge Eindrücke erhalten könnte. Außerdem würde sie auch die Vettern u. deren Frauen zu Gesicht bekommen. Also, sie ist herzlich eingeladen! Wir sind alle den ganzen September zu hause. Besprecht Euch, wie Ihr das am besten einrichtet. Sollten wir das kleine Zimmer frei bekommen, haben wir sogar für 2 Personen zugleich Schlafgelegenheit. – –

Heute will ich H. Wulff anrufen und Irmlind für Sonntag zu uns einladen. Wir fahren mittags mit ihr nach Planten un Blomen, wo wir uns vergnügen und Kaffee trinken wollen. Abends fährt sie dann gleich nach Volksd. zurück. Hoffentlich ist sie nicht verreist. Sigrun hoffen wir ja auch im Sommer bei uns zu sehen. Sie u. Irml. werden uns wohl einmal besuchen!

Im August sind wir verreist nach Bispingen in der Lüneb. Heide. Ich hoffe, daß es mir dann noch besser gehen wird. Daß ich jetzt so schön schlafen kann, ist herrlich.

Nun Euch allen die herzlichsten Grüße

Eure Kläre.

Ich schicke morgen 5.– für Hedi zum Geburtstag an Euch. Sie möchte sich in Berlin ein kl. Geschenk dafür kaufen. Heute schon meine herzlichsten Glückwünsche zum 16. Juni!

Franz

Posthorn 30, 40, 50

Hamburg, 22.8.54

Lieber Georg,

von unserer Regenfrische zurückgekehrt, will ich auf Deinen Brief vom 15.7. antworten. Meine Karte aus Bispingen habt Ihr wohl erhalten. Es war dort alles andere als schön, bedingt durch das andauernde Regenwetter. Es hat uns viel Geld gekostet (Pension 8,80 pro Person) und wenig genützt. Ich muß mich hier erst wieder von der Unbill der Regenfrische erholen. Was noch zu verderben war, haben die Tommies mit ihren Panzern und Wagen getan, da man keinen Augenblick seines Lebens vor diesen schrecklichen Gefährten sicher war. Es ist wirklich eine Plage für die armen Leute in der Lüneburger Heide, vor allem für den Bauer. Wir hätten es nie geglaubt, wenn wir es nicht mit eigenen Augen gesehen hätten.

Also, nun sind wir froh, daß wir wieder in unserer gemütlichen jetzt wirklich schön gewordenen Wohnung sind und ich genieße alles von Herzen, auch meine kleinen häuslichen Pflichten. Dies sinnlose Herumsitzen in einer Fremdenpension konnte einem bei dem schlechten Wetter über werden.

Wie geht es Euch? Seid Ihr gesund? Leider konnten wir Burkhardt nicht bei uns begrüßen, da wir damals schon unsere Reise angetreten hatten. Schade. Wie hat es Rotraud auf ihrem Ferienaufenthalt gefallen? Irmlind und Sigrun waren 2 x bei uns, wie sie Euch auch berichtet haben werden. Sigrun war still und viel schüchterner als im vorigen Jahr. Was für eine Entwicklung macht sie durch? Wir kannten unsere lustige Sigrun vom vorigen Jahr kaum wieder! Dagegen hat Irmlind sich sehr zu ihrem Vorteil verändert. Sie geht ordentlich aus sich heraus, spricht, erzählt, wir waren angenehm überrascht.

Lieber Georg und liebe Irmgard, wir haben noch lange auch mit Klimpelchen über das Problem Irmlind gesprochen und sind zu dem Schluß gekommen, daß es doch wohl das beste für I. und für ihre Zukunft zu wünschen sei, daß sie in Hamburg bleibt und sie hier die Ausbildung erhält, die Frl. W. ihr geben kann, Ihr aber nicht. Vielleicht ist sie für den Beruf als Oberlehrerin geboren und wir sagen schon jetzt zum Spaß manchmal Frl. Dr. Irmlind Sambach zu ihr, wozu sie noch etwas zweifelnd schüchtern lächelt. Wenn Hedi wie beabsichtigt Anfang September auf 14 Tage zu uns kommt, wollen wir Irmlind auch wieder einladen, im Winter ist es sowieso nachher nichts mehr.

Klimpelchen war im Juli 10 Tage bei uns und ist dann nach Kiel zu ihrem Bruder weitergereist. Auf der Rückreise nach Schwerin hat sie dann noch Hedi aufgesucht und ihr alle Eindrücke in Hamburg frisch geschildert. Hedi will ja (hoffentlich auf ihrer Rückreise!) noch bei Berta einkehren. Hoffentlich ist sie nicht zu sehr enttäuscht, d.h. sie weiß ja was sie erwartet. Ich habe Berta ja nun auch kennen gelernt, da sie sich einen Sonntag bei uns angemeldet hatte und gleich Klaus Georg Dieter im Wagen mitbrachte, dazu noch 4 andere Personen aus ihrer Verwandtschaft. Es war die reine Invasion, zumal an diesem Sonntag noch Diego, Hilku u. Ene, Klimpelchen, Irmlind und Sigrun bei uns waren. Berta hat mir natürlich nicht gerade gefallen, sie sieht häßlich aus, gelbgrau, als ob sie 30 Jahre mindestens wäre – vielleicht noch die Folgen von der Geburt und den Schrecken von Klaus’ Tod. Angezogen war sie ebenfalls schrecklich, das meiste Zeug war schmuddelig, um nicht schmutzig zu sagen.

Der Kleine sah ganz reinlich in seinem Bettchen und der Wäsche aus, leider hat er doch auch wohl etwas von der Erbschaft abbekommen, denn er war nicht gesund. Franz will nächstens Berta schreiben und fragen, wie es dem Kleinen geht. Er ist ja auch Patenonkel, obgleich wir nicht in der Kirche sind, hatte der Pastor nichts gegen die Patenschaft, was ja etwas sonderbar ist. Na, Onkel Franz ist jedenfalls persona grata. Er soll auch bei Auswahl eines Grabsteins für Klaus helfen, den sie zum 14. Nov. setzen lassen wollte, was sie aber erst mal nur mir anvertraut hatte. Franz will ihr aber raten, mit der Steinsetzung bis zu seinem Todestag zu warten, da sonst das Grab evtl. noch nachsacken könnte. Im übrigen scheint Berta ein fleißiges Mädchen zu sein, denn sie hat mir immer wieder versichert, wie gern sie arbeiten und bei der Ernte helfen möchte, aber sie fühlt sich noch nicht gut und, dann hat sie ja auch das Kind, obgleich sie ihn leider nicht nähren konnte.

Na, das war denn wohl ungefähr das Wesentliche. – – Von unseren Kindern haben wir selbst z.Zt. noch nicht viel gehört, außer daß Franz sie einmal nach unserer Rückkehr angerufen hat. Wir hoffen aber, daß es ihnen gut geht. Es freut uns, daß die Niendorfer Euch gut gefallen haben, unser Ene ist aber auch ein liebes Kerlchen, jetzt kennt er hier alles wieder, sitzt auf dem Schoß, beguckt die Tiere in den Bilderbüchern und den kleinen Häwelmann. –

Unser Garten ist dieses Jahr unbenutzbar, meistens steht er unter Wasser, aber alle Bäume tragen reichlich Obst, schade, daß ich Euch nichts davon abgeben kann. – Die Ernte in Schleswig-Holstein und auch in der Lüneburger Heide ist schwarz und völlig verdorben. Das meiste steht seit Wochen draußen. Es ist ein Jammer, man könnte diesen verdammten Regen verfluchen. Welch ein Schaden für den Einzelnen und für die Gesamtheit. Traurig, wie das alles aussieht. –

Nun senden wir Dir, Irmgard und Euch allen die herzlichsten Grüße und wünschen Euch, was an Gutem möglich ist.

Eure Kläre.

Wegen der Marken will ich nochmal mit Wolfg. sprechen u. Sonnabend in der Stadt in einer Briefmarkenhandlung fragen.

Hamburg, 9.2.55

Mein lieber Georg,

zu Deinem 60. Geburtstage möchte ich Dir meine und Franzens herzlichste Grüße und Wünsche senden. Möchte Dir trotz aller Enttäuschungen das Leben weiterhin erträglich erscheinen und Du es noch eine Reihe von Jahren mit den kleinen Freuden des Tages fortsetzen können. Ich habe ja selbst genug durchgemacht, um alles mitempfinden zu können. Wir wünschen Dir schöne Stunden im Kreise Deiner Familie und hoffen, daß Ihr ihn den Tag gesund verleben werdet. Wir schicken Dir ein kleines Päckchen. Die Zigarren sind von Franz, das 5 Mark Stück habe ich für Dich zurückgelegt und möchte, daß Du Dir dafür eine Kleinigkeit kaufst, die Du gebrauchen kannst, Schal oder Schlips oder Socken oder sonst was. Für Irmgard schicke ich das gleiche Geschenk und bitte sie, sich dafür auch etwas zum Geburtstag zu kaufen. Ich freue mich, Euch eine kleine Freude machen zu können, wer weiß ob man es nächstes Jahr noch kann. – Gestern traf Euer Brief hier ein, wofür ich Euch allen danke.

Was wird mit Irmlind? Es würde uns interessieren zu erfahren, welchen Entschluß Ihr gefaßt habt. Mir ging es wieder recht schlecht. Eine Woche nach Neujahr bekam ich eine Erkältung, die Herz und Nerven ziemlich an den Abgrund gebracht hat. Nicht gehen, nicht stehen, nicht liegen, vollkommen unfähig und untätig herumsitzen oder – liegen. Unsern Arzt haben wir auch nicht geholt, er kann mir ja doch nicht helfen. Dafür litt ich wieder an seelischen Depressionen, ich glaube aus lauter Schwäche. Vorige Woche fuhren wir nun zu einem Arzt in der Stadt, bei dem ich vor 2 Jahren schon einmal war. Er machte Blutproben und schickte sie zur Untersuchung in ein Institut. Gestern holte ich mir das Ergebnis! Recht schlecht, in meinem Blut ist etwas krank oder vergiftet, daher wird alles so schlecht gespeist, Nerven, Nieren, Herz, Hirn, kurz, der ganze Körper kommt zu kurz.

Ich gehe am Freitag zu einem Spezialarzt auf diesem Gebiet und es soll mich wundern, ob der mir helfen kann und was für eine Kur er anwendet. 5 Jahre doktern wir nun herum, ob es diesmal nützt? Oder ob ich keine Hoffnung mehr haben kann? Die nächste Zeit wird es zeigen. –

Du weißt doch, daß ich beabsichtige (falls es mit der Gesundheit vereinbar ist) im Mai oder Juni nach Hagenow und Schwerin zu fahren. Da ich dort keine Lebensmittel mehr bekomme, brauche ich dort Ostgeld. Kann ich Dir 30.– Mk schicken und kannst Du es an Hedi weiterleiten, natürlich gegen ein Entgelt? Ich wüßte sonst keine Möglichkeit, wie ich dort u. in Schwerin leben sollte und woher die Rückfahrt bezahlen. Ich weiß, daß Dir die Angelegenheit Mühe macht, aber vielleicht kannst Du es doch bewerkstelligen. Es wäre für uns alle eine große Hilfe. Ich könnte Dir das Geld schon zeitig schicken. Bitte gib mir deswegen Nachricht. – – –

Franz wird sich mit Berta in Verbindung setzen, damit alles zum April in Ordnung geht. Sie war übrigens vor Weihnachten einmal bei uns, aber das schrieb ich Euch wohl schon. Ob der Kleine noch so dick ist und immer Kuchen futtert?

Unsern Kindern geht es soweit gut. Eni war 2 Tage im Krankenhaus, nachher stellte es sich heraus, daß es garkeine Masern waren. Diego u. Hilku wollten ihn besuchen, da konnten sie ihn wieder mitnehmen. – –

Nun grüßen wir Dich, lieber Georg, nochmal besonders herzlich zu Deinem Festtage. Irmgard und den Kindern ebenfalls viele Grüße. Das Unterkleid ist noch ziemlich neu, aber es ist mir zu klein. Gewiß paßt es einer von den Damen!

Herzlichst Deine Kläre.    

Hamb. 25.3.55

Lieber Georg,

ich danke Dir und Irmgard herzlich für Eure Zeilen vom 27.2. und freue mich, daß Ihr Deinen Geburtstag gut verlebt habt und mein Päckchen Euch erfreut hat. Hoffentlich seid Ihr weiter soweit gesund geblieben. Ich bin seit 4 Wochen bei dem neuen Spezialarzt. Es sind Bakterien im Blut festgestellt worden, die man jetzt abzutöten versucht. Ich bekomme 21 Spritzen z.T. Penicillin, dazu muß ich fast jeden Tag in die Fuhlsb.str. fahren, was mich sehr anstrengt. Ob es wirklich helfen wird, steht nicht fest, das wird erst die nächste Blutuntersuchung ergeben. Es geht mir im allgemeinen wieder besser, aber ich bin doch sehr skeptisch wegen des Endresultats und weiß auch nicht, was bei Mißlingen noch gemacht werden kann. Diese Bestien zehren meine Kräfte auf. Nächsten Donnerstag fahre ich noch mal zu meinem Arzt am Steindamm, von dem ich zu erfahren hoffe, was mir dieser neue nicht sagen will, nämlich um was für einen Spaltpilz es sich handelt und wie in allem Ernst die Aussichten für mich sind. Trotzdem hoffe ich mich diesen Sommer noch zu erholen, um meine Reise in die Ostzone machen zu können. Ich habe sie bis 2. Juni hinausgeschoben, bitte Dich aber, mir jetzt schon soviel Geld umzuwechseln in Ostgeld, daß ich ungefähr 100 Ostmark habe. Kannst Du diese Summe nicht von Ost Berlin an Hedi schicken lassen? 2 DM bitte ich Deiner freundlichen Hilfe in dieser Angelegenheit von mir zu geben u. Du nimm Dir das gleiche. Zusammen werden das ca 25 Mk sein. Bitte schreibe mir, ob ich Dir das Geld gleich schicken soll oder erst nachdem Du die Sache geschafft hast. –

Einige Marken lege ich bei. Fehlen Dir noch von den Wohlfahrtsmarken, dann könnte ich hier noch kaufen. Sollen wir am 1.4. versuchen, die Luftfahrtmarken zu bekommen? – –

Ostern wollen wir alle nach Niendorf fahren, wir nehmen uns ab Fuhlsbüttel Flughafen eine Taxe, ich denke, daß ich mich ganz gut fühlen werde. Alle hatten die Grippe, Diego, Hilku, Anneliese, Franz u. ich und unser junges Mädchen. Jetzt sind aber alle wieder gesund. Wolf. u. Annel. waren vorigen Sonntag bei uns, Wolfg. ganz neu in Schale, Anzug, Schuhe. Fein sah er aus. Durch die lange Kälte waren die Bauarbeiten sehr beeinträchtigt, die Wohnung wird erst im Mai oder Juni fertig. – Irml. konnten wir leider wegen meiner dauernden Krankheit nicht einladen, hoffentlich im Mai, wenn alles besser wird. Ob sie Ostern bei Euch ist? Im Sommer werden wir dann ja auch Sigrun wieder sehen, das ist nett, daß beide Schwestern zusammensein können. – Berta ließ noch nichts von sich hören, bisher hat ja auch das Wetter alles unterbunden.

Wir grüßen Dich, Irmgard und die Kinder recht herzlich.

Deine Kläre.

Von Hedi habe ich lange nichts gehört. Ob sie krank ist und viel gefroren hat?

Hamburg-Altona, den 27.3.1955

Liebe Berliner!

Ich danke Euch vielmals für Eure Geburtstagsgrüsse zum 22.3.! Wir haben den Tag alleine gefeiert, indem wir ins Theater gingen. Die Eltern wollten nicht kommen, weil Mutti noch nicht wieder so richtig auf der Höhe ist. Die Feier wird nachgeholt in der neuen Wohnung. Wir sind gesund durch den Winter gekommen. Anneliese hatte eine kleine Grippe, die aber in einer Woche auskuriert wurde.

Unsere Wohnung ist natürlich noch nicht fertig, denn bei dem Frost leg ja der Bau still. Jetzt wird es wohl erst etwas zu Pfingsten werden aber uns ist es ja nur lieb, dann brauchen wir nicht mehr so viel heizen weil es dann draussen auch schon viel waermer ist.

Zu Ostern sind wir in Niendorf alle nebst Eltern eingeladen, vielleicht ist ja sogar schönes Wetter! Wir haben die 3 Niendorfer nun auch schon seit Weihnachten nicht mehr gesehen und freuen wir uns schon auf den "grossen Ene“ .

Wenn wir erst in der neuen Wohnung sind, wollen wir sie auch mal über Samstag/Sonntag einladen. Dann können sie ja bei uns schlafen und wir haben mehr als jetzt immer von den Dreien.

Für Onkel Georg einige Briefmarken anbei!

Viele herzliche Grüsse an Euch

von Anneliese u. Wolfgang

Wir wünschen auch ein gesundes Osterfest!

Hamb. 24.4.55

Lieber Georg,

ich danke Dir und Euch allen für Euren l. Brief zum Osterfest. Meine Karte habt Ihr wohl erhalten und auch das Geld für die Ostzone. Hoffentlich glückt alles. Habt Ihr ein schönes Fest verlebt trotz des schlechten Wetters, das uns gerade zu Ostern beschert wurde? Aber da Ihr alle zusammen wart, ist es gewiß nett gewesen, wenn auch die Erinnerung an das vergangene Osterfest die Freude getrübt hat. Berta hat zwar eine Karte zu Ostern geschickt, aber sonst nichts verlauten lassen. Franz hat nun bisher auch nichts unternommen und wie Du schon schreibst, hat sie gewiß alles bereits ausgesucht und bestellt und auch die schreckliche Einfassung wird dabei sein. Daran kann man nichts ändern. Und ihr ist nicht zu raten und zu helfen. Ich würde mich an Deiner Stelle aber nur an den Kosten des Steines beteiligen. Wenn man bedenkt, wie wenig sparsam diese Leute oft mit dem sauerverdienten Geld umgehen, z.B. erzählte B. uns vor Weihnachten, daß sie schon für 180.– Mk Kohle verbraucht hätten, es wäre aber auch immer pottwarm gewesen. Stell Dir das mal vor! Bei der Hitze wäre ich glatt erstickt! Wir verbrauchen im ganzen Winter für 180.– Mk Kohle und unser Wohnzimmer und die Küche sind schön warm. Zum 1. Geburtstag will Franz seinem Patenkind etwas schenken für ca 10.– Mk. Was meint Ihr, das wir kaufen sollen? Etwas zum Anziehen oder soll ich bei ihr anfragen? Ich möchte nur nicht, daß das Geld für Geburtstagsfeier oder sowas mitverbraucht wird.

– – Mein Gesundheitszustand hat sich etwas gebessert. In der letzten Woche war ich jeden Tag einige Stunden im Garten bei dem sonnigen Wetter, das hat mir gut getan, ich konnte prima schlafen und wünschte nur, die Witterung würde bald etwas wärmer, sodaß ich viel draußen arbeiten und ruhen könnte Die Spritzen haben vielleicht auch etwas genützt, doch muß man die Wirkung noch abwarten, es ist keine erneute Blutuntersuchung bisher gemacht worden. Gewiß wird der Sommer wieder eine gewisse Besserung bringen, aber sonst gebe ich mich keinen Illusionen mehr hin. Meine Leiden, die sich im Winter bis ins Unerträgliche steigern, werde ich nicht mehr los werden. Ich werde immer äußerst behutsam leben und alle Anstrengungen körperlicher und auch geistiger Art vermeiden müssen. Die Rückschläge stellen sich unweigerlich sofort ein. Es wird mir sehr schwer, mich mit dieser Tatsache abfinden zu müssen, da mir all dies Gepiepele und Gekränkele und Bedauertwerden äußerst zuwider ist. Du weißt ja, Geduld, die Dir in so großem Maße eigen ist, habe ich nie gehabt und werde sie auch wohl nicht mehr erringen. Sie ist meiner ganzen Natur so fremd.

Nun habe ich den Brief noch einmal auf- gemacht, vergaß ich doch ganz über den Verlauf unseres Osterfestes zu schreiben. Also, wir sind wirklich alle losgefahren, diesmal direkt über Niendorf, wo wir uns um 11 Uhr mit Wolfgang und Anneliese trafen. Wie mieteten zusammen ein Taxi und fuhren zum Sperlingsweg. Das Wetter war kalt und schlecht. Diego erwartete uns vorm Hause, Hilku und Ene winkten oben am Fenster. Wir bestellten die selbe Taxe zur Rückfahrt am Abend, da goß es! Wir verlebten einen schönen Tag. Hilku hatte sich große Mühe gegeben, Mittagessen, Kaffee, Abendbrot für soviel Gäste in den engen Räumen. Es war bestimmt nicht einfach. Dazu gab es noch kleine Osterüberraschungen. Ene hatte vor Aufregung seit 5 Uhr morgens nicht geschlafen. Na, er kam ja auf seine Kosten mit den beiden großen Schokoladenosterhasen und den vielen Eiern im Nest! Ausstaffiert war er ja süß von Franz und mir. Wir (vielmehr Franz) hatten ihn am vorletzten Sonnabend vor Ostern aus dem Kindergarten abgeholt und ihm Mantel, Mütze, Schal und dazu eine lange braune Ausgehhose gekauft! Na, nun kann man aber mit ihm ausgehen! Ihr werdet ihn ja im Juli sehen, wenn er mit den Eltern in Berlin ist. Er spricht nun schon sehr gut, ist garnicht fremd und hat uns viel Freude gemacht. „Donnerwetternochmal” ist sein Lieblingsausdruck! Das hat er von seiner Mutti gehört und gefällt ihm großartig. – Abends waren wir alle recht erledigt, es war doch sehr anstrengend besonders für mich. Am 2. Ostertag mußten wir uns ausruhen! Gewiß, ich möchte noch leben, habe ich doch meinen lieben Hansi, der mich nicht entbehren möchte, und die lieben Kinder, deren Lebensweg man gern noch eine Zeitlang verfolgen und daran teilnehmen möchte. Und auch Du und Deine Familie und Hedi, Ihr seid mir lieb und wert. Dazu all das herrliche Kulturgut, solange man es noch genießen kann und die ewig schöne Natur. Aber allen zur Last fallen und sinnlos und nutzlos leben, das möchte ich nicht, dann lieber tot sein. –

Aber erst will ich versuchen, in diesem Jahr meine Reise nach Mecklbg zu machen, ich hoffe, daß ich es noch schaffen kann. Pläne habe ich genug. Wir möchten einmal nach Kopenhagen fahren und im nächsten Jahr zu den Mozartfeiern nach Salzburg. Ist das nichts? Na, ausmalen kann man sich das ja erstmal, wenn es sich vielleicht auch nicht verwirklichen läßt dank meiner schlechten Gesunheit. –

Euch allen viele herzl. Grüße und alle Gute

Deine Kläre.

Anbei einige Marken!

Hamb. 3.7.55

Lieber Georg,

nachdem ich bereits wieder eine Woche zu Hause bin, will ich Dir ein bißchen von meiner Reise erzählen. Vielen Dank für Deine Zeilen nach Hagenow an Hedi und mich! Die Reiseformalitäten verliefen für mich ohne Schwierigkeiten, aber genug Tamtam wurde wieder gemacht mit Kontrollen und Stichproben und als der Zug auf der Rückreise aus Schwanheide herausfuhr, feierte der ganze Wagon wahre Orgien der Freude und Freiheit. Alles – Ost und West – verbrüderte und umarmte sich, es war unbeschreiblich. Der Westen und vor allem Hamburg kam mir wie neugeschenkt vor und ich stand und bewunderte die vielen elegant gekleideten Männer und Frauen, von denen ich 3 Wochen lang keine zu Gesicht bekommen hatte. Außer ein paar bunten Fähnchen, schlechten Kostümen und einzelnen Sakkos, häßlichen Schuhen (Preis übrigens immer noch 80. – 120.– Ostmark) sah ich nicht viel. Ich hatte dauernd das Gefühl, in einem vollkommen ausgepowerten Lande zu sein, alles grau in grau, ohne Farben, ein grauer unförmiger Menschenstrom, der sich durch Schwerins graue enge Straßen wälzte.

Mein Bedarf ist hinreichend gedeckt und ich gedenke nicht, Mecklenburg wieder zu besuchen. Ich habe Hedi und Klimpelchen für nächstes Jahr nach hier eingeladen und sie können gern jedes Jahr wiederkommen, nur ich nicht wieder nach dort. Im übrigen haben meine beiden Gastgeber sich alle erdenkliche Mühe gegeben, um mir den Aufenthalt angenehm zu machen, doch hätte ich nicht erleben mögen wie es ohne meine beiden 14 Pfd Pakete nach Hag. und Schw. ausgesehen hätte und ohne das Geld, welches ich vorfand. Ich bezahlte davon auch die Reparatur der Gräber, Schneiderin für Hedi, Rückreise und sonstige Ausgaben. In Schwerin kaufte ich mir für 35.– Ostmark noch ein Nachthemd, das ganz gut ist.

Hedi fand ich recht wohl, sie rennt und läuft und kennt kein Aufhören, dafür habe ich es hier viel bequemer trotzdem ich für Franz zu sorgen habe. Aber ich teile mir alles so schön ein und habe immer recht viel Zeit. Hedi u. Klimpelchen nie. Sie sind beide unruhige Geister, die keine Zeit haben und immer in Bewegung sein müssen. Bei Hedi schlief ich in der Kammer neben ihrem Zimmer, aber für 14 Tage war das schmale Chaiselongue doch recht unbequem und von der Decke rieselte hin und wieder der Kalk. Ich schlief schlecht, nur mit Phanodorm Tabletten, von denen ich oft 2 – 3 Stück nehmen mußte. Bei Klimpelchen wurde es dann etwas besser, aber erst zu Hause schlafe ich wieder richtig ohne Tabletten, so wie ich es im Sommer fast immer getan habe. Ich lernte alle Hedis Bekannte kennen, ich muß sagen zum Teil recht nette Leute und wir wurden auch mehrmals eingeladen.

Viele Grüße von Wilhelm Pitschner, er redete ununterbrochen auf mich ein wegen der traurigen Verhältnisse und würde sich wohl sehr mal über einen kurzen Gruß von Dir freuen. Am Friedhof war ich oft, alles ist so schön gepflegt und der Stein am Grabe gefällt mir sehr. Auch Hedis Garten ist in bester Ordnung, wie sorgfältig hat sie gepflanzt und gesät und alles steht sehr schön. Der Höhepunkt war dann die große Geburtstagsgesellschaft, 14 Personen. Pastor u. Frau dabei. Wir hatten alles schön zurechtgemacht und alles wurde gebührend bewundert. Auch Hedis neues Sommerkleid, das ich ihr mitgebracht hatte. Gebetet und gesungen wurde natürlich auch. Zwar war es Irrsinn, was da verzapft wurde, aber diese Leute brauchen das, es ist für sie Brot des Lebens. Laß sie selig damit werden.

Hedi wurde der Abschied sehr schwer, hatten wir uns doch gut miteinander eingelebt und sie würde sich nun so allein fühlen. In Schwerin konnte ich den herrlichen Garten von Frl. Busse so recht genießen. Auch waren wir 2 x im Theater: Ehrbare Dirne von Sartre u. Don Carlos. Beides sehr interessant und es ließe sich viel darüber sagen. Doch freute ich mich sehr, als die Stunde der Abreise schlug. Wie freute ich mich auf Franz und mein Heim, auf die Freiheit und Freude in Hamburg. Es war auch ein Jubel als ich hier ankam, Blumen, Festtagsschmaus! Nein, so bald reise ich nicht wieder, vor allem nicht in den Osten! Diego, Hilku u. Eni sind heute früh nach Potsdam abgedampft, hoffentlich geht alles gut. Ich weiß nicht, ob sie Euch aufsuchen werden, da sie bei gutem Wetter etwas von Sanssouci, dem Wannsee usw. haben wollen. Und 14 Tage gehen so schnell vorüber. –

Ich erwarte von Irmlind Anzeige, wann Sigrun eingetroffen ist, da wir an einem der nächsten Sonnabende die Fahrt mit ihnen nach Schulau machen wollen. –

Euch beiden herzliche Grüße von Franz und mir.

Briefmarken einliegend!

Deine Kläre.

Hamb. 10.8.55

Mein Lieben,

was man sich vorgenommen hat, soll man nicht aufschieben. Gestern lag mein Schreibzeug bereit, um auch Euch einen Brief zu schreiben, nachdem ich das schon an Hedi und Klimpelchen getan hatte. Da traf Euer Brief ein und ich freue mich, daß ich ihn nun gleich mit beantworten kann. Marken schneide ich jetzt immer für Dich aus, lieber Georg, wie Du das an den beiliegenden siehst und wie ich es in der letzten Zeit stets getan habe. Also, erst mal vielen Dank für Eure Zeilen und es freut mich, daß es Euch soweit gut geht und Ihr auch allerhand Schönes vom Sommer genossen habt, wie ich das von Franz und mir auch berichten kann. Am Sonnabend abend gehen wir wieder nach Planten un Blomen, wo auf der Rollschuhbahn das Weltmeisterschaftspaar laufen wird. Wir treffen uns dort mit unseren Bekannten und hoffen, etwas Schönes zu erleben. Sigrun weiß, wie der Platz aussieht, da wir damals auch eine halbe Stunde dort gesessen haben und den Vorführungen zuschauten, nur daß dort kein Meisterpaar lief, sondern einige Jünglinge tüchtig vorbeisprangen.

Kommenden Sonntag 21.8. wollen wir an einer Veranstaltung des Abendblattes mit Dampfer nach Tesperhude an der Oberelbe teilnehmen und wünschen uns recht schönes Wetter dazu. Am 29.8. ist Franzens Geburtstag und am 4.9. wollen wir alle hier in Bramfeld den ganzen Tag zusammenkommen, wozu ich auch Irmlind einladen werde, was dann wohl wieder das letzte Mal vor dem Winter ist. Irmlind erzählte bei ihrem Besuch von der Schule und Heim, wir sprachen auch mit ihr über ihr Nachhausekommen und ich hatte doch sehr das Gefühl, daß sie sich wohl nach Hause sehnte. Sie wird also erst mal die Herbstferien bei Euch erleben u. Weihnachten hierbleiben, aber ich würde Euch doch raten, sie Ostern nach Hause zu nehmen. Mit der Schule in Volksdorf oder vielmehr Wellingsbüttel ist es ja sonderbar, aber ich finde, je länger sie dort ist, desto schwieriger wird es. Und ewig kann sie auch nicht bei Frl. W. bleiben. Sie kommt nun in die Entwicklungsjahre und ich möchte annehmen, daß sie dann besser zu Hause aufgehoben ist als bei Frl. W. Überlegt Euch das genau!

Übrigens stellten wir fest, daß Irmlind sich in ihrem Wesen gut herausgemacht hat, sie war gesprächig, aufgeschlossen für alles, was Franz ihr erklärte, nur ein bißchen ungeschickt. Sigrun fanden wir auch sehr nett, sie ist ein durchaus patentes kleines Mädchen. Beide Kinder waren ebenso wie wir selbst wohl von den Wasserlichtspielen tief beeindruckt, jedenfalls dankten beide abends in ihren Betten so spontan für den schönen Nachmittag, daß ich ganz gerührt war. –

Für uns liegt seit Montag Nachmittag noch ein anderes großes Ereignis hinter uns. Wir hatten eine Woche lang unseren kleinen Enkel bei uns. Das erste Mal, daß er allein so lange Zeit von zuhause fort war! Wir waren ein wenig in Sorge, wie die Sache ablaufen würde. Franz holte ihn morgens im Kindergarten ab, aber dann ging doch alles recht gut. Zuerst mußte er sich ein wenig einleben und wir natürlich auch mit ihm. Es kostete immerhin allerhand Anstrengung, einen kleinen Knirps den ganzen Tag zu beschäftigen, ich war manchmal ein bißchen kaputt. Aber Franz hatte 8 Tage Urlaub und widmete alle seine Zeit dem geliebten kleinen Enkel. „Mein liebes Opalein“ war Enis drittes Wort, Opa spielte und erzählte den ganzen Tag mit ihm, Bilderbücher begucken, spazieren gehen, Enten und Schwäne füttern, am Sandhaufen im Garten spielen, Stachelbeeren essen – eins wechselte das andere ab, und abgesehen von einigen kleinen Unarten, war war das Ergebnis großartig. Auch Omalein kam zu ihrem Recht und wir konnten den kleinen Kerl einmal recht nach Herzenslust genießen. Allerdings wurden wir jeden Morgen zwischen ½ 6 und 6 geweckt und gleich ging es los mit Spielen in unseren großen Betten. Bald war er der große rote Fisch im blauen Wasser, bald ein Frosch, bald ein Wauwau. Dann mindestens 50 mal in der Zeit alle Bücher besehen und dazu erzählt: der kleine Häwelmann, Max und Moritz, das Jägerbuch, das Vogelbuch, das Märchenbuch, zu Haus und Drauß. Dazu sein süßes kleines Gesicht, die drolligen Einfälle und komischen Redensarten. Wir kamen alle drei oft aus dem Lachen nicht heraus. Jedenfalls möchten wir trotz aller Mühen die schöne Zeit mit ihm nicht missen. Ich will alles aufschreiben und Franz wird es mit der Schreibmaschine abschreiben. Wenn Ihr Lust habt, kann ich Euch dann einmal eine Kopie schicken. Auch Bilder haben wir gemacht, davon bekommt Ihr auch einige. So, das war das.

Wie steht’s mit Hedis Besuch? Wird sie noch zu Euch kommen? Damals wollte sie eigentlich garnicht verreisen, aber vielleicht tut sie es doch, wenn es nächstes Jahr nicht mehr geht. Sie kommt dann ja auch zu uns. Ich habe mich eigentlich noch recht gut in diesem Jahr erholt und fühle mich besser als zuvor. Schlafe ohne Tabletten und bin auch sonst ganz unternehmungslustig. Alles Gute für Euren Besuch im September, da wirst Du genug zu tun haben, liebe Irmgard, aber nett ist es ja auch! Vielen Dank für den Ausschnitt, in Hbg ist der Film noch nicht gelaufen, es scheint ja auch nicht viel dran zu sein, wenn Hildegard Knef viel zu intelligent für diese Rolle ist. Ich hörte noch garnichts darüber, daß sie in Amerika auch filmt, kurze Haare hat sie ja jetzt bestimmt nach dem Bildstreifen. Da mich H. Knef ja schon lange interessiert hat, bin ich für einige Zeit dem Hildegard-Knef-Klub, der hier in Hbg gegründet ist, beigetreten, ich will doch mal hingehen und hören was mit Hildegard in Amerika los ist. In den letzten Wochen hatte ich wenig Zeit dafür. –

Nun wünsche ich Euch allen weiter so viel Gutes wie möglich.

Franz und ich grüßen Euch alle von Herzen

Eure Kläre.

Hamburg, den 16.10.55

Liebe Berliner!

Heute ist es nun endlich soweit, dass ich am Sonntag dazu komme an Euch zu schreiben. –

Am letzten Sonntag waren wir in Bramfeld und da wurde es auch nichts mit dem Schreiben. Am Wochentag schaffe ich es immer nicht. –

Heute lege ich für Onkel Georg Briefmarken bei, ich hoffe, die Marken werden Dir lieber Onkel Georg gefallen, wenn auch einige mehrfach dabei sind? –

Heute kann ich Euch nun auch einige Bilder senden, die Euch unsere neue Wohngegend mit Haus zeigen. Unsere Wohnung liegt im 2.ten Stock in der Mitte. Auf dem Bilde also von unten die erste Balkonreihe und zwar von rechts das 3. u. 4.te Fenster. Das 4.te Fenster durch den Baum verdeckt! Die Wohnungen links und rechts von uns haben eine Loggia. Wir haben einen Balkon über beide Zimmer. Über 6 mehr. –

Die Hochhäuser liegen uns gegenüber, wenn wir auf dem Balkon nach links blicken! Nach rechts haben wir die große Hauptstrasse (Richtung Niendorf – Hilku/Diego) von der die Oberstr. abgeht! Ein anderes Bild: Unser Wohnzimmer mit dem Blick auf das uns direkt gegenüber liegende Wohnhaus. Über die anderen 3 Bilder gibt Sigrun Euch Auskunft. –

Ein Bild ist für Irmlind bestimmt, wenn Ihr an sie schreibt, legt das Bild bitte bei. –

In unserer Wohnung geht es uns sehr gut. Über unsere Wohnung können wir uns auf Feuchtigkeit bisher noch nicht beklagen. Wir glauben, es ist bei uns auch durch die lange Bauzeit gut ausgetrocknet. Warm ist die Wohnung auch! Links, rechts, oben u. unten gute Heizer! Auch ist unserer Naragofen sehr sparsam und ist es sehr schnell warm in der ganzen Wohnung. Wie es im richtigen Wintrer wird mit der Wärme, wird sich ja herausstellen. Bisher war es ja Gott sei Dank sehr milde. – Kohlen haben wir genug im Keller. –

Im Keller haben wie eine Waschmaschine nebst Trockenschleuder und einer kl. Bügelmaschine. Leider haben wir keinen Trockenboden! Dieses Problem ist z. Zt. noch nicht gelöst, denn im Winter kann man also praktisch keine Wäsche trocknen oder aufhängen, wenn der Hof wegen regen od. Schneefall ausfällt! –

Für heute nun Schluss! Euch Allen recht herzliche Grüße

von Eurem Wolfgang. Herzl. Grüße auch von Anneliese.

Hamburg 6.12.55

Mein lieber Georg, liebe Irmgard,

wir danken Euch für Eure Zeilen vom 14.11. und nahmen von allen Nachrichten gebührend Notiz. Vor allem freut es mich, daß Ihr Irmlind Ostern nach Hause nehmen wollt. Sie war lange genug im Heim und wenn sie sich erst zu Hause wieder eingelebt haben wird, so wird ihr die Nestwärme mehr als wohltun. Also Glückauf zu Eurem Entschluß und alles alles Gute!

Wir werden Irmlind zwischen Weihnachten und Neujahr für 2 Tage zu uns einladen, sozusagen zum Abschied. Sie kann noch im kleinen Zimmer schlafen und am Nachmittag fahren wir schön mit ihr in die Stadt in ein gutes Kino und anschließend Konditorei. Ich denke, das wird ihr Freude machen. –

Deinen zweiten Flug, lieber Georg, hast Du nun hinter Dir und wir hoffen, daß sich die Fahrt gelohnt hat und Du wieder ein bißchen von der westlichen Welt gesehen hat. Eine gute Abwechselung war es ja gewiß für Dich. –

Rotrauds Aussichten haben uns sehr interessiert. Wir wünschen alles Gute und Beste für die Zukunft. Vielleicht hören wir bald mehr. –

Die Geschichten mit Berta sind ja scheußlich. Armer Georg, Du tust mir direkt leid, es ist ja fast wie Erpressung. Berta schrieb uns letzte Woche eine Karte, daß der Kleine im Krankenhaus Rothenburgsort läge und sie am Sonntag 4.12. dort sei, und ob wir nicht auch dorthinkommen könnten. Da Diego am Nachmittag kommen wollte, hätten wir sowieso keine Zeit und wären auch nicht hingefahren, weil es eine halbe Tagesreise von hier entfernt ist. Ich schrieb ihr eine Karte, daß ich ihr vorschlüge, dort zeitig fortzufahren, zu uns zu kommen, hier Mittag zu essen und alles zu besprechen was sie vorhatte u. von hier aus über Rothenburgsort zurückzufahren.

Wer nicht kam war Berta. Franz rief Montag in Rothenburgsort an und bekam die Auskunft, daß das Kind bereits am Sonnabend von einer Verwandten der Mutter abgeholt sei, es hatte Windpocken oder Impfpocken gehabt, Franz hat es nicht genau verstanden. Seitdem von Berta kein Wort. Was für ein Glück, daß wir nicht in Rothenburgsort waren! Na, das hätten wir ja auch nie getan. Franz beabsichtigt auch nicht nach Büchen zu fahren, das kostet unnötig Geld, Zeit und Kraft und wir hatten in den letzten Wochen auch gerade genug, doch davon später. Franz wird in den nächsten Tagen einen Brief an Berta schreiben folgenden Inhalts: 1.) Wie will sie hier in Hbg ein Zimmer bekommen, das ist ga z unmöglich noch dazu mit Kind, es sei denn ihre Verwandten nehmen sie auf. Aber die haben ja selbst nichts. 2) Fabrikarbeit zu bekommen ist nicht leicht, wir wissen es von Inges Schwester, die bereits ¼ Jahr hier ist und nichts finden kann, obgleich sie in Sachsen immer in der Fabrik gearbeitet hat. Sie macht nur Scheuerarbeiten im Gasthaus, wofür sie 25.– je Woche bekommt bei freier Station. Aber Berta hat doch das Kind, wo will sie denn das lassen? Im Kindergarten kostet es 10.– in der Woche, wie will sie auskommen, wer soll den Umzug bezahlen? Das soll sie man schön bleiben lassen. Warum arbeitet denn die Schwester nicht und Berta betreut die Kinder? Das wäre doch die beste Lösung, aber dazu ist das Mädchen wohl zu faul mit ihren beiden Kindern. Es ist da wirklich nichts zu raten, so gern Franz helfen würde, aber wie Du schreibst, es geht wirklich über unsere Kraft. –

Unser kleines Zimmer wird im Januar wieder bezogen von unserer früheren Untermieterin. Sie löst ihre Verlobung auf und zieht nach Weihnachten von ihrer Schwiegermutter fort, wohin? Natürlich zu uns, da sie hier noch polizeilich gemeldet ist. Hätten wir damals gleich reinen Tisch gemacht, wären wir sie los gewesen. Nun bestürmt sie uns fortwährend, was sollen wir machen, wir müssen sie schon wohl oder übel wieder aufnehmen. Ade fürs erste alle schönen eigenen Pläne! Wir haben ihr allerdings gesagt, daß wir ihr kündigen würden, falls die Beschränkungen für so kleine Zimmer aufgehoben werden. Im Dezember muß sie noch bei Schwiegermutter bleiben, da Diego mit Familie über die Weihnachtstage bei uns ist. Na, ja. Wir sind Weihnachten alle hier zusammen, bei Gänsebraten! Irmlind kommt dann besser Mittwoch/Donnerstag, sie hat mehr davon. –

Ja, was bei uns los war? Hilku bekam eine schwere Blutvergiftung im kranken Arm dazu, sie waren in Niendorf über Sonntag verraten und verkauft, der Arzt kam nicht, das Fieber stieg, der Arm schwoll an, dann behandelt er sie noch verkehrt, endlich am Dienstag vor 4 Wochen kam sie mit Krankenwagen ins Krankenhaus Ochsenzoll, dort wollte man sofort den Arm abnehmen. Die ganze Nacht dokterte man mit ihr herum, G s D am nächsten morgen stand die Vergiftung und nun heilte man sie mit ungezählten Penicillinspritzen und anderen mehr. Nach 3 Wochen wurde sie vorige Woche entlassen. Der Arm ist gesund aber schonungsbedürftig. Sie ist zu Hause mit Eni. Diego u. Eni waren die Zeit über bei uns. Es war eine schwierige Aufgabe besonders für mich u. beanspruchte mich voll und ganz, zumal Diego um ½ 7 fortging und gegen 20 Uhr erst wieder kam. Der Kleine war ja süß, es machte auch viel Freude mit ihm, aber das Waschen, baden, kochen, Geschichten erzählen und Spielen, Spazierengehen usw. nahm nie ein Ende. Ich bin froh, daß ich es mit tatkräftiger Unterstützung von Franz ausgehalten habe. …

Hamburg, 9.9.56

Lieber Georg.

Für Deinen so herzlichen Geburtstagsbrief danke ich Dir vielmals Ja, woran das liegen mag, daß unsere Väter mit 70 schon uralt waren, das kann man wohl dahin zu erklären versuchen, daß heute im Normalfall die Menschen gar keine Zeit haben alt zu werden. Früher lebte man geruhsamer und das scheint dem Organismus nicht so gut zu bekommen.

Du hast mit Deinem Brief nicht nur mir sondern auch Kläre eine große Freude dadurch gemacht, daß wir Deinen Zeilen haben entnehmen können, daß Dein Gesundheitszustand sich dauernd bessert. Wir wünschen und hoffen, daß das so bleibt, damit Du Dich wieder frei und ungehindert bewegen kannst, ohne daß Schmerzen Dich plagen.

Wir freuten uns, Gelegenheit gehabt zu haben, Rotraud und ihren Heiko kennen zu lernen. Zwar haben die beiden noch nichts wieder von sich hören lassen, doch nehmen wir an, daß sie sich nunmehr in Clausthal-Zellerfeld gesund und wohl befinden.

Auch Burkhard meldete sich zu meinem Geburtstag mit einem lieben Gruß und ich werde mich natürlich brieflich bei ihm bedanken. Er ließ durchblicken, daß er uns zu besuchen sich vorgenommen habe. Wir würden uns freuen, auch ihn in seiner heutigen Gestalt kennen zu lernen. Am 2.9. haben wir bei uns in Bramfeld alle Mann hoch, Hedi eingeschlossen, den Geburtstag gefeiert und im Geiste auch mit ...

Hamburg, 27.9.56

Meine Lieben,

ich danke Euch allen für Eure Glückwünsche zu meinem Geburtstag. Ich hoffe, daß alles in Erfüllung geht. Mein Gesundheitszustand ist befriedigend, Schlaf gut, und bei nicht zu großer Belastung und Anstrengung macht das Herz es vielleicht noch einige Jahre – wenn ich mich vorsehe! Na, ich weiß ja Bescheid. Besonders erfreut bin ich über Irmgards Karte, daß es Dir, lieber Georg, doch entschieden besser geht. Nach Deinen eigenen Worten zu meinem Geburtstag waren wir doch wieder ein wenig in Sorge, vor allem Hedi sah schon ganz schwarz. Nun, wir hoffen, daß Deine Genesung weiter voranschreitet und Du wieder Deine gewohnten Spaziergänge und auch ein wenig Beschäftigung aufnehmen kannst. Einliegend erhältst Du ein Tütchen mit Marken, die sich diesmal ordentlich angesammelt haben.

Hedi ist etwas traurig abgefahren, aber inzwischen hat sie wieder soviel um die Ohren, daß sie keine Zeit zum Bedenken hat. Ihr Besuch war recht nett, aber nach 18 Tagen waren wir doch ein bißchen erholungsbedürftig in jeder Weise. Wir kauften ihr ein paar Schuhe und einen Hut. Appetit ist auch gut, und sehen sollen unsere Ostler ja auch etwas. So waren wir bei Hagenbeck, im Hafen, in der Oberstr., in Niendorf, 3 x im Kino (Hauptmann von Köpenick, Kein Platz für wilde Tiere, Lockende Tiefe), was für Hedi alles sehr interessant war, und auf dem Ohlsdorfer Friedhof.

Vielen Dank für das niedliche Bild von Sigrun, ich finde es ist reizend geworden und eine schöne Erinnerung an unseren schönen Spaziergang. Von Irmlind hatten wir auch eine Karte aus Schleswig, in der sie mitteilt, daß sie am Sonntag in Hamburg ist und sie hofft, uns wiederzusehen. Ich werde bei Frl. W. anrufen und einen Tag vereinbaren. Wenn’s dort paßt, gleich Dienstag/Mittwoch. Dienstag ist der einzige Tag, wo Franz am Nachmittag frei hat und wir etwas mit Irml. unternehmen könnten. Denn am Freitag hat sich bereits Burkhard, der aus Frankreich an uns schrieb, bei uns angesagt. Sie können sich also auf der großen Liege, die wir in der Küche aufstellen müssen, abwechseln oder vielmehr ablösen. Damit sind dann tatsächlich alle Eure Kinder in diesem Jahr bei uns gewesen!

Leider hat Rotraud nach ihrem Besuch bei uns und in der Oberstr. nicht einmal einen Kartengruß und Dank an uns oder an die Oberstr. gesandt, nachdem sie deren Freundschaft doch auch noch für ihren Bräutigam fast eine ganze Woche in Anspruch genommen hat. Das meinte Frz. auch, wenn er schrieb, daß Rotraud nichts von sich hat hören lassen, daß sie zu seinem Geburtstag schreiben würde, hatten wir nicht erwartet. Daran konnte sie schließlich nicht denken. –

Wußtet Ihr, daß während Hedis Besuch bei uns Berta mit dem Kleinen hier war? Er hatte leider Keuchhusten und ist bald darauf ins Krankenhaus gekommen. Sie konnte wohl allein nicht mit ihm fertig werden und wollte auch arbeiten (Kartoffeln!). Sie brachte ein kleines Huhn mit, ja sehr nett aber doch ziemlich überflüssige Ausgabe! Wir besorgten Sporthemd und Strümpfe für den Kleinen. Er sieht ja etwas merkwürdig aus, auch viel zu dick von den vielen Schnecken, die er ißt. Milch bekommt er nicht, die ist zu teuer, aber jeden Morgen Schnecken zum Kaffee, Kartoffeln, Sauce und Fleisch ißt er auch tüchtig, aber Gemüse bekommt er nicht und „mag er auch nicht“. Da nützt alles Reden von unsereinem nichts. Sonst war er ja ganz niedlich und zutraulich, sie paßte in einigen Dingen auch ganz schön auf ihn auf. Aber von der süßen Kindlichkeit unseres Eni hat er nicht viel, im Gegenteil er wirkt fast alt in seinem Wesen und Aussehen. Na ja, was soll man da viel sagen! –

Wolfg. u. Annel. hatten Glück, sie haben im Zahlenlotto etwas über 2000.– DM gewonnen! (Zusammen mit 4 Kollegen von W. über 10.000.– DM)! Ist das nichts? Wolfgangs großer Wunsch, eine Musiktruhe mit Radio hat er sich erfüllt, dazu habe sie einen Haufen Wäsche bei „Quelle“ bestellt und den Rest auf Konto gebracht. Annel. denkt im Winter oder Frühjahr mit Arbeiten aufzuhören, sie kann die doppelte Arbeit nicht leisten und ist trotz 14 Tage Sylt ganz kaputt! Hilku hatte ihre Stelle in Niendorf bei der Buchgemeinschaft aufgegeben, nach einer kleinen Pause und Zwischenarbeit tritt sie zum 1.10. eine neue prima Stelle bei Neskaffee an. Alles ganz erstklassig, auch Gehalt. Da hat sie auch Glück gehabt. Zum nächsten Sommer hoffen sie, ihre Wohnung oder Haus geschafft zu haben. –

Auch wir wären froh, wenn uns der geplante Tausch unserer Wohnung gelänge. Diesmal lassen wir es uns aber etwas kosten, wir wollen hier raus, möglichst andere Seite der Alster im Frühjahr. –

So, nun Schluß. Euch allen die herzlichsten Grüße und allen Dank für Glückwünsche

Eure Kläre

Hambg., 27.10.56

Meine Lieben,

hier eine Sendung unserer Birnen. Wir haben davon 2 – 3 Zentner. Hoffentlich kommen sie gut an und schmecken Euch, vielleicht lag in der Birnenabnahme und Schleppen des Waschkorbes nach dem Boden der Grund, daß ich am Tage darauf, Mittwoch 17.10. mitten am Rathausmarkt (allein!) ohnmächtig wurde und mit Unfallwagen ins Krankenhaus St. Georg eingeliefert wurde. Dort lag ich 8 Tage, aber man konnte trotz aller Untersuchungen nicht den genauen Grund für meine Ohnmacht, die mich ganz unvorbereitet überfiel, feststellen. Seit 2 Tagen bin ich nun wieder zu Hause und fühle mich noch immer sehr angegriffen und schwach, um nicht schwindlich zu sagen. Ich ruhe viel und warte auf Besserung. Es ist ein böser Rückfall in meine schlechteste Zeit und ich fürchte, daß ich meinen Gesundheitszustand vom Sommer nicht wieder sobald oder überhaupt nicht wieder erreiche. Ja, was einen so ankommen kann! Damit hatte ich nicht gerechnet! Die erste aber gleich gründliche Ohnmacht meines Lebens! Mit meinem Mut ist fürs erste Schluß, ich werde mich so bald nicht wieder allein hinauswagen. Es war wirklich schrecklich, und doch kann ich von großem Glück sagen, daß ich nicht überfahren bin und viele nette Menschen mir sofort erste Hilfe leisteten.

Franz hatte inzwischen ja schon an Burkhard geschrieben. Hoffentlich geht es Euch allen gut, besonders Dir, lieber Georg.

Herzliche Grüße an Euch alle

Kläre.

Hamburg, 15.12.56

Lieber Georg,

vielen Dank für Deine lieben Zeilen. Ich komme endlich dazu, Dir dafür zu danken und füge auch einige Marken bei. Dazu für jeden von Euch ein ganz kleines Präsent, dieweil der Honigeimer ebenfalls an Euch aus Niendorf unterwegs sein wird. Ich wünsche Euch allen guten Appetit dafür. Mir schien es auf diese Weise wieder die beste Lösung. Hoffentlich seid Ihr alle gesund beisammen und vor allem möge es Dir, lieber Georg einigermaßen gut sein. –

Von unserer ganzen Familie kann ich Gutes berichten, zwar muß sich jeder um sein Leben quälen, aber es ist noch alles gut, solange man gesund ist. Wolfgang und Annel. sind leider noch ohne Kinder, was uns langsam etwas Sorge macht. Nach dem einmaligen Mißerfolg würde sie jetzt sofort aufhören zu arbeiten. Aber es stellt sich nichts ein. Es würde nun ja langsam Zeit und sie wünschen sich so sehr ein Kind und würden sich wohl sehr grämen, wenn sie kinderlos blieben.

In Niendorf geht es gut. Sie verdienen jetzt beide ganz gut (Hilku bei Nestle!) und hoffen im Frühjahr oder Sommer ihre neue Wohnung zu beziehen. Für Möbel ist auch schon allerhand gespart, außerdem sind sie gut eingekleidet. –

Franz ist soweit auch noch gut zuwege, nur noch 2 x Apotheke und 1 x Bundesstraße, also schön viel Zeit. Wem es nicht gut geht, das bin ich. Ich kann mich garnicht wieder erholen und bin auf dem Tiefstand von vor 3 Jahren angelangt. Ich tue fast garnichts, gehe auch nicht raus, weil ich mich unsicher fühle und mache keine Besorgungen, um keine Leute zu treffen, die mich anreden, wie schlecht ich aussehe. Nun, es ist eben alles schlecht, die Aorta sackartig erweitert; auch die Herzkranzgefäße u. Herzvorkammern. Was soll man da Gutes erwarten? Dazu die Blutarmut und Blutsenkung, allzuviel ist es mit dem Leben nicht mehr. Im Januar werde ich wohl noch einmal ins Krankenhaus müssen, um eine Kur durchzuführen, diese Zeit ist also meine Galgenfrist, damit ich Weihn. nicht im Krankenhaus liege. Wir wollen sehen, ob Weihn. die Kinder bei uns sein können, solange haben wir die Niendorfer nicht gesehen, während W. u. A. zweimal hier waren. Franz muß alles fertig machen u. Annel. u. Hilku müssen am Feiertag helfen. Dann wird es schon gehen.

5 verschiedene Drogen nehme ich, um meinen Zustand zu bessern. Es ist oft garnicht zu fassen. So gut ging es mir bis 17.10. und dann war plötzlich diese Blutleere, die mich derartig k. o. gemacht hat. Es wäre noch viel dazu zu sagen, aber ich will endlich mit dem Geplappere aufhören, ich hab es selbst mehr als satt. Du weißt ja selbst, wie einem in solchem Zustand zumute ist. Und was hatte ich mir alles Schönes für den Winter vorgenommen! Du brauchst nicht viel über meine Krankheit zu schreiben, helfen kann mir ja doch keiner. –

Ich hoffe, Du hast diesen Brief rechtzeitig gelesen, damit es Euch Weihnachten nicht belastet.

Viele herzliche Grüße

Deine Kläre

Hamburg 30.1.57

Lieber Georg, liebe Irmgard,

ich danke Euch beiden für Euren Brief und die wunderschöne Karte von der Nofretete. Ich habe mich ganz außerordentlich dazu gefreut. Da seid Ihr ja mal wieder ganz schön in der Welt herumgeflogen, gewiß war es sehr interessant, vor allem, weil Ihr beide zusammen reisen konntet. Wenn auch der sociale Erfolg nicht groß war, aber gegen Adenauer samt Clique ist schwer anzukommen. Und wenn nicht die Wahlen wären, so hätte es gewiß keine Renten„reform” gegeben. Es ist ja auch keine Reform, sondern nur ein Stückwerk. Na, ein bißchen mehr bekommen wir wenigstens. Ihr doch auch?

Von Sigrun erhielt ich auch eine Karte aus dem Taunus. Sie ist wirklich eine kleine weitgereiste Dame! Hoffentlich fährt sie gekräftigt zurück. Ich habe ihr zum 1.2. eine Karte geschickt und ihr geschrieben, daß sie sich zu hause für 3.– DM etwas kaufen soll, was sie gern haben möchte. Ich schicke mit gleicher Post 10.– DM an Euch ab, davon sind 4.– DM für Georg und je 3.– für Irmgard und Sigrun zu Euren Geburtstagen bestimmt. Bitte Irmgard besorge für jeden etwas Nettes!

Einen Brief werde ich zu Georgs Geburtstag wohl kaum schreiben, da ich ab 4. 2. ins Eppendorfer Krankenhaus kommen soll, d.h. wenn es dann auch wirklich klappt. Bisher hatte ich noch vergeblich darauf gewartet. Unser Arzt hat mich zur klinischen Diagnostik in der Neurologischen Abteilung angemeldet, wo mir gewiß allerhand bevorsteht. Leider finde ich selbst meinen Zustand schon recht bedenklich und habe kaum noch Hoffnung auf eine wirkliche Besserung. Es ist sozusagen der letzte Versuch.

Ich glaube ja auch, daß ich im Oktober einen Herzkollaps (wie auch der Arzt zuerst meinte) gehabt habe, denn sonst könnten die Auswirkungen nicht so groß sein wie sie tatsächlich sind. Wer hätte ja geahnt, daß uns allen Geschwistern soviel Leiden in den älteren Jahren bevorständen, haben wir bei den eigenen Eltern das Altern doch kaum wahrgenommen. Ich dachte nie, daß das Älterwerden mit soviel Leiden verknüpft wäre. Auch Hedis Aussichten sind ja recht trübe, von Dir, lieber Georg, gar nicht zu reden. Geht es mit der Wirbelsäule nun wieder einigermaßen?

Franz hat es nicht ganz leicht mit mir, vor allem, weil ich auch wieder garnicht recht schlafen kann. Er muß mir fast in allem helfen, er holt ein, macht sauber, genau wie Du, liebe Irmgard Georg hilfst, aber ich mag mich garnicht damit abfinden, daß ich nicht kann wie ich möchte und weiß noch nicht, wie das enden wird. Na, nach Eppendorf werde ich wohl klüger sein, ich hoffe es wenigstens.

– Wolfg. und Diego besuchen mich jetzt öfter allein am Alltag, worüber ich mich sehr freue. Soweit geht es allen gut, Diego und Hilku sehnen das Ende ihrer Isoliertheit in Niendorf herbei, was nun im Sommer geschehen wird, Hilku verdient jetzt sehr gut bei Nescafe, wo sie im Kontor angestellt ist, sodaß sie vielleicht nicht mehr allzulange mitzuarbeiten braucht. Und Anneliese denkt auch im Sommer mit Arbeiten aufzuhören, ich fürchte, sie bekommt sonst wirklich keine Kinder mehr bei all der Hetzerei, was doch mehr als betrüblich wäre.

Eni geht es gut, trotzdem er jeden Tag morgens 10 Minuten vor 6 Uhr mit den Eltern aus dem Hause marschiert. Stellt Euch das einmal vor! Wie unnatürlich! Ich lege hier ein Bildchen von seinem Sommerurlaub in Bramfeld bei auf seinem Spaziergang mit Opa „Eni und das „weiße Pferdchen”, wie er immer sagte. Außerdem Briefmarken in Tüte.

So. Nun nehmt alle recht herzliche Grüße von                  

Eurer Kläre.

Hbg. 2.5.57

Meine Lieben,

wir wünschen auch Euch Eltern alles Gute für Irmlind zu ihrem Festtage und hoffen, daß Ihr diesen Tag recht schön zusammen feiert. Hoffentlich seid Ihr alle gesund und trifft auch Hedi wohlbehalten bei Euch ein, bitte übermittelt ihr die mitgesandten 5 Mk, sie waren für die Gräber bestimmt, aber sie kann sie meinetwegen auch verwenden wie sie will. –

Franzens Hand ist jetzt operiert, sie liegt in Gips. Es war keine Kleinigkeit, aber bis jetzt hat er es einigermaßen gut überstanden, hoffentlich verläuft alles normal. Trotzdem liegen wir beide zu Bett und hin und wieder krabbelt mal einer raus wegen Essen, Wasser usw. Ich habe meinen Treppensturz vom 23.4. noch nicht überwunden, kann mich wegen der krampfartigen Schmerzen fast nicht bewegen, ja was ist es? Prellung, Zerrung, Riß – der Arzt weiß es auch nicht wie immer. Sowie es irgend möglich ist, werde ich zur Röntgenaufnahme in die Fuhlsb. Straße fahren (Taxe), damit endlich etwas getan werden kann. So liege ich und warte und es geschieht nichts und wird auch nichts besser. Wunderbarer Zustand! Dazu Franz nun auch krank, das reine Lazarett! Und niemand, der mal helfen könnte, es ist ja auch nichts zu helfen! Nun will ich Euch aber nicht noch mehr vorjammern, es wird schon wieder besser werden.

Aber Pech muß man haben! Ostern war alles so wunderschön, mit dem Besuch ging alles großartig, am 2. Ostertag fuhren Frz u. ich zum ersten Mal über Mittag nach Planten und Blomen, saßen dort 2 Stunden in der Sonne und tranken Kaffee, während die Polizeikapelle dazu spielte. Und den nächsten Tag kam dann wieder das Pech, ich weiß auch nicht, was mir jetzt immer alles zustößt, es ist rein zu doll!

Aber Euch allen wünschen wir trotzdem einen schönen Sonntag und viel Freude,

Eure Kläre u. Franz.

Burkhard nochmals Dank für seinen netten Brief.

Hamburg, 24.7.57

Meine Lieben,

ich danke Euch herzlich für Euren lieben Brief vom 1.7. mit welchem Ihr uns mitteiltet, daß aus Eurer Reise nichts geworden ist. Schade, wir hatten uns sehr auf ein Wiedersehen mit Euch gefreut! Eure beiden Töchter meldeten sich vorige Woche aus Volksdorf, eigentlich wollten wir sie gestern Dienstag bei uns haben und mit ihnen am Nachmittag nach Planten un Blomen gehen. Aber das Wetter ist ab Sonntag so schlecht gewesen, daß Franz bei Frl. Wulff abgesagt hat und wir die Sache auf nächsten Dienstag verschoben haben. Hoffentlich haben wir dann gutes Wetter, da ich ja wohl den größten Teil des Nachmittags und Abends bis zu den Wasserlichtspielen auf den Bänken sitzend zubringen werde, damit es nicht zu anstrengend für mich ist. Franz wird inzwischen mit den Kindern die Sehenswürdigkeiten von Pl. u. Blomen in Augenschein nehmen. Wir fahren mit der Elektrischen nur bis Barmbek und von dort mit der Hochbahn bis Dammtor, das ist zwar etwas teurer, aber viel schneller und angenehmer. Also, haltet den Daumen, daß es klappt. Die Stachelbeeren sind reif und sind in großer Fülle da. Außerdem haben wir sehr viele Sauerkirschen am Baum und ebenso Brombeeren, wir haben so etwas noch nicht gehabt, um so verwunderlicher dieser Reichtum, da es sonst so wenig Früchte gibt. Birnen, Pflaumen und Äpfel fallen allerdings bei uns auch flach.

Letzten Sonntag war Diego mit seiner Familie den ganzen Tag hier, bis 1 Uhr saßen wir bei herrlichem Wetter im Garten und Eni tobte nach Herzenslust mit Harke, Schaufel, Eimer umher und auch die Stachelbeeren kamen nicht zu kurz. Allerdings brach dann um 4 Uhr Gewitter und Regen los und prasselte bis 7 Uhr. Dann konnten sie aber trocken mit ihren Rädern nach Hause fahren. Es war sehr nett. Diesen Sonnabend erwarten wir unsere Bramfelder Bekannten Buraus aus der Rahnstr. und Frau Buddriks zum Abendbrot und anschließend Bowle. Es sind sehr nette Leute mit Haus und Garten und wir haben uns im letzten Jahr sehr miteinander angefreundet. Alle 4 Wochen steigt irgendwo eine kleine Zusammenkunft. Gut, daß man nicht zu fahren braucht. Mit unseren Bekannten Diercks in der Rothenbaumchaussee kommen wir allerdings auch garnicht mehr zusammen. Seit 2 Jahren hatten wir eine Differenz und daraufhin haben wir uns nicht wieder gesehen. –

Gisela und Erich waren am Sonnabend 13.7. von 4 – 7 Uhr bei uns, anschließend fuhren sie zu Wolfg. u. Annel. Am 23. sind die Niendorfer bei ihnen und wir die Woche darauf. Diego war heute bei mir und erzählte es mir. Später wird die Sache schon brenzlich. Also hoffen und wünschen wir das allerbeste! Klimpelchen wird am 22.2. auch schon 70 Jahre! Hedi ist zur Feier eingeladen und ich muß noch ein Päckchen schicken! Auch Gerhard hat Geburtstag und wir sollen nach Möglichkeit am Sonntag darauf rauskommen. Hoffentlich überstehe ich das alles, aber außer der Schlaflosigkeit fühle ich mich etwas besser, was bitte so bleiben möchte. Wir waren sogar letzte Woche zur Eisrevue in der Ernst-Merck-Halle (Planten un Blomen) arrangiert von Maxi Herber-Baier, mit dem Olympiasiegerpaar Ria Baran – Paul Falk und vielen deutschen u. ausländischen Meistern. Es war ein vollkommener Genuß und ich hätte den Anblick des Eisballetts Eurer Sigrun gewünscht. So herrlich war es!

Was macht Irmlind? Fängt sie eigentlich bei der Post an oder was soll aus ihr werden? Und wie geht es Burkhard?

Viele viele Grüße an Dich und Euch alle

Deine Kläre.

Hamburg, den 25/8. 57

Lieber Georg,

vor einiger Zeit gab die Hamburger Oberpostdirektion zum 100. Geburtstage von Albert Ballin eine Briefmarke heraus, von der ich für Dich 5 Stück kaufte. Ich nehme an, daß Du Verwendung dafür hast. Habe ich richtig getippt? Wenn ja, dann gehören sie geschenkterweise Dir.

Kläre schrieb neulich an Euch und hat wohl alles Wissenswerte berichtet. Meine rechte Hand ist wieder gebrauchsfähig, nur darf ich sie nicht mehr so strapazieren, wie ich das zeitweisig zu machen pflegte.

Seid Ihr nun alle wieder vereint?

Dir und Deinen Lieben

Herzlichste Grüße

Franz

Von Kläre wir mir zugerufen: „Auch von mir Grüße an Alle!“ (Die Männer denken auch an nichts!) (von selbst, meint sie) Sowas!!!

Hamburg, 5.12.57

Meine Lieben,

herzlichen Dank für Euren Brief vom 2.11. Eure Nachrichten über alle Eure Erlebnisse, besonders über Tutzing, haben mich sehr interessiert. Da habt ihr ja allerhand von Deutschland gesehen und ruht Euch nun soweit es möglich ist von den Strapazen aus. Hoffentlich seid Ihr gesund geblieben, was ich von mit leider nicht behaupten kann,

Anfang November arbeiteten Franz und ich das letzte Mal im Garten bei diesigem näßlichen Wetter, wobei ich mir eine Erkältung zuzog mit einem unwahrscheinlich schweren Husten. Als der glücklich vorüber war, setzte eine Herzschwäche von der Anstrengung ein, die mich bis heute noch nicht verlassen hat. 2 Nächte hatte ich beängstigende Anfälle. Meine Tage bringe ich bis mittags im Bett, am Tage Nachmittag am Sofa zu und kann nur das Allernotwendigste tun. Alles andere macht Franz, gut, daß ich ihn habe. Es geht mir jetzt bei der vielen Ruhe zwar etwas besser, aber alles andere ist ein Wagnis und wenn ich eine Kleinigkeit am Tage tue, ist es eine Anstrengung. Ich hoffe aber, daß es bald noch wieder etwas besser wird. Weihnachten kommt so nahe heran, daß es mich beängstigt. Aber ich denke, ich schaffe es noch einmal wieder.

Franz besorgt alles für die Päckchen an Hedi und Klimpel und bald sollen sie abgehen. Der Einfachheit halber dachte ich Euch dieses Jahr einen kleinen Geldbetrag von 12.– DM zu schicken, den Ihr vielleicht zum Kauf eines schönen Klöbens und Marzipanbrotes verwenden könnt. Franz zahlt das Geld nächste Woche an Euch ein. Zum Fest schicken wir dann nur noch einen Weihnachtsgruß.

Schrieb ich Euch eigentlich schon, daß Anneliese wieder ein Kind erwartet? Es ist jetzt der sechste Monat, bisher ging soweit alles gut, aber in der vorletzten Woche setzen beim Gehen große Schmerzen ein, sodaß wir alle in die allergrößte Sorge gerieten. Sie tat immer noch Dienst, bis sie nun endlich krank geschrieben ist und zu Hause sich schont und viel liegt. Franz und ich haben soviel mit ihnen telefoniert, geschrieben, Vati sie besucht (ich ja bisher leider außer Stande), und wir hoffen, hoffen, daß es noch alles gut geht. Ach ja, wir waren recht böse mit ihnen wegen des verfluchten Geldes, ein Kind kriegen sie nie wieder, Geld kann man immer noch mal haben, oder man muß darauf verzichten, oder wir teilen etwas mit ihnen, da findet sich schon ein Ausweg. Ach haltet den Daumen mit uns, daß die Mutter gesund bleibt und das Kind gesund zur Welt kommt!

Wenn alles jetzt weiter gut bleibt wie in den letzten Tagen, so hoffen wir, sie entweder am 1. Feiertag nachmittags (mit Taxe) bei uns zu haben oder sonst fahren wir hin, hoffe ich! Hilku und Diego erwarten ihre Eltern aus Potsdam mit Auto bei sich, sie wollen auch an einem Festtag bei uns zum Kaffee erscheinen, was ja für sie mit Wagen nicht schwer ist.

Ene ist ein richtiger Bub geworden, ein bißchen größer und keck. Wir haben ihn mit neuem Wintermantel mit Kapuze, Schal und Mütze ausgerüstet, er sieht wie ein kleiner Lausbub aus. Er ist in Niendorf zur Schule angemeldet und freut sich darauf. Schwer wird es ihm nicht fallen. –

Ihr Wohnungsprojekt ist immer noch nicht in Angriff genommen, wird wohl auch vor dem Frühjahr nicht angefangen wegen allerhand Schwierigkeiten. Wenn dann wenigstens alles klar geht und ihr Geld sicher angelegt ist! Ehe das Kind nicht geboren ist und das Haus nicht steht, gibt es für mich auch wohl keine Ruhe. Leider muß das arme Herz immer herhalten, wo es sowieso schon nichts mehr wert ist. Nun, ich will aber immer das Gute hoffen, es wird schon alles werden. So haben wir alle unsere Sorgen und Nöte und jeder muß allein damit fertig werden, niemand kann ihm helfen. Die arme Hedi tut mir auch oft leid, immer älter und dann so allein zu wohnen. Wie bin ich bloß dankbar, daß Franz bei mir ist, wenn ich auch abends, sowie heute, viel allein bin, da er zu Versammlungen unserer Vereinigung, zum Singen, usw. geht. Aber er kommt doch immer wieder und hilft mir. Es ist ein langer Brief geworden, hoffentlich seid Ihr gesund u. könnt Euch auf das Fest freuen.

Viele herzliche Grüße Euch allen              

Eure Kläre.

Hamburg 12.2.58

Mein lieber Georg,

viele herzliche Wünsche sende ich Dir zu Deinem Geburtstage für Deine Wiedergenesung und daß Dir das künstliche Auge, das Du bekommen sollst, viele von Deinen letzten Schmerzen erspart. Ich hoffe, daß Du Dich soweit erholt hast, daß Du Deinen Geburtstag schön im Kreise Deiner Familie feiern kannst und doch froh sein wirst, alles hinter Dir zu haben! Wir wünschen Euch jedenfalls einen guten Tag! Ich danke Irmgard noch herzlich für ihre lieben Zeilen, die sie mir nach erfolgter Operation sandte, natürlich habe ich sehr mit Euch gefühlt, da ich mir doch so gut alles vorstellen und nachempfinden kann. Auch für Deine lieben Zeilen, lieber Georg, herzlichen Dank. Wenn Dein Entschluß auch schwer war, so war ich doch beruhigt, daß alles günstig verlaufen ist und wünsche Du für die weitere Zukunft das bestmögliche. –

Nun soll also Ende März die Hochzeit von Rotraud sein. Schreibst Du noch mal, zu was für eine Feier Ihr Euch entschlossen habt, ob der 29.3. nun der endgültige Hochzeitstag ist und womit wir Rotraud eine Freude machen können, ich dachte an ein schönes Kaffeegedeck mit 6 Servietten. Es wäre das von Franz und mir allein, da die Jungens selbst genug Ausgaben haben und ich sie zu einer Beteiligung nicht auffordern möchte. Ich bitte um Eure Antwort hierüber, da bei uns alles Gute von „Quelle” kommt und Zeit braucht.

Franz und ich haben uns nun endgültig entschlossen, im Juni auf 4 Wochen nach Salzuflen zur Atmungskur und Herzstärkung zu gehen. Es ist leicht zu erreichen und die Reise ist weder zu teuer noch zu anstrengend. Wir sparen sehr auf dieses Ziel, erhoffen wir uns doch eine Besserung davon. Vorher, also im Mai, haben wir Hedi zu uns eingeladen, worüber sie sich sehr gefreut hat. Hoffentlich ist dann die Geburt des Enkelkindes glücklich vorüber und Mutter und Kind sind gesund. Annel. geht es gut, sie hat am letzten Sonnabend mit Arbeiten aufgehört, endlich! Hoffentlich bleiben ihr noch ein paar ruhige Wochen bis zur Geburt des Kindes. Franz hat heute mit Wolfg. telefoniert, in die Oberstraße. Gisela gefällt uns sehr gut, sieht sehr gut aus, hübsche Figur und ist hat ein außerordentlich nettes Wesen. Erich ist etwas zusammengesunken, sonst ganz der Alte. Unsere Zusammenkunft verlief sehr harmonisch, natürlich wurde nicht viel Wichtiges besprochen, nur so rund herum. Jeder vermied vorsichtig jedes heikle Thema.

Über Ulrich ließen sie sich etwas näher aus, Giselas Bericht war ziemlich erschütternd; was wohl in Zukunft aus dem Jungen werden mag, da er so anders ist als die Wirklichkeit es erfordert, natürlich zurückzuführen auf die schweren Geburten von Trudi in ihrem Alter, der langen mutterlosen Zeit, hin und hergestoßen, dazu die Strenge seines Vaters zu einem so zartbesaiteten Kinde und der verwirrende Katholizismus. Ich weiß ja, was sie ihm 1941 schon alles von Engeln und Jesus und Himmel erzählt haben. Das hat ihn noch ganz verrückt gemacht. Jetzt ist er beim Militär erst mal auf Zeit, aber ob er dabeibleiben wird, scheint mir höchst fraglich. Ja, Bettelmönch, das wäre wohl das beste für ihn, da kann er so hindösen ohne Verantwortung, mich wundert, daß sein Vater ihn das nicht werden läßt. Na, noch ist ja nicht aller Tage Abend, und wenn er beim Militär nicht einschlägt, dann weiß man nicht, was noch wird. Viele Eltern wissen sich jedenfalls keinen Rat. Trudi hätte ihn bestimmt besser hingekriegt, da sie das Herz auf dem rechten Fleck hatte und auch energisch genug war. Gut, daß sie wenigstens von nichts weiß. Nur der arme Kerl kann einem leid tun. Vielleicht wird es auch mit den Jahren besser, siehe Wolfgang, aus dem auch schwer etwas wurde und wie hat er sich in Allem herausgemacht! Man kann ihn fast repräsentabel nennen! –

Wir haben Gisela u. Erich jedenfalls sehr herzlich empfangen und uns auch aufrichtig über ihren Besuch gefreut. Aus Plön schrieben sie schon einen Dank, leider ist das Wetter ja jetzt weniger schön zur Erholung. Den Umweg über Berlin können sie nicht machen. Es ist viel zu umständlich u. kostspielig, dazu reicht auch die Zeit nicht, für uns hatten sie ja auch nur 3 Stunden Zeit! Aber wenn wir nächstes Jahr wie beabsichtigt zur Kur nach Wiessee fahren, sind wir herzlich von ihnen eingeladen. –

W. u. A. kommen nächste Woche auch zu einem Stachelbeerbesuch (Kirschen u. Brombeeren ebenfalls). Annel. hat dieses Jahr keinen Sommerurlaub sodaß sie nicht nach Sylt fahren. Bei diesem Wetter wäre es ja auch kein Vergnügen. Diego u. Hilku hatten fabelhaftes Glück. Irmlind beklagt sich auch, daß es zu kalt ist. Wir freuen uns auf Eure Kinder. –

Nun viele herzliche Grüße Dir, lieber Georg und Irmgard und ebenfalls Burkhard.

Wohin reist er in diesem Jahr? Wir hörten etwas von Spanien! 

Alles Gute         

Eure Kläre.

Hoffentlich ist es mit dem Schnupfen und den Augen wieder besser!

Lieber Georg,

zu Deinem Geburtstage laß Dir auch meinerseits die herzlichsten Glückwünsche sagen. Du hast nun erst eine so schwere Operation überstanden und fühlst Dich trotzdem, wie Du schreibst, einigermaßen gut. So will ich hoffen und wünschen, daß Du auch weiterhin nicht noch zusätzliche Quälereien, an den Du bedauerlicherweise keinen Mangel hattest, zu erleiden haben mögest. Wenn erst Rotrauds Hochzeit vorüber ist, wirst Du viel mehr Ruhe haben, dann schone Dich und lege Dich ein Weilchen auf die faule Haut.

Grüße an Dich und all die Deinen

Dein Schwager

Franz

Hamburg, den 9.4.1958

Liebe Berliner!

Ich bin z.Zt. Familienschreiber und will Euch nun einen Brief schreiben, Anneliese wird Euch später einmal selbst schreiben. Ich danke nun erst einmal für die Geburtstagsgrüsse, die ich von Euch erhielt.

Nun danke ich Euch ferner für das Glückwunschtelegramm und die schönen Osterglocken, die hier am Ostersonnabend eintrafen. Anneliese hat sich sehr gefreut. Die "Grosseltern" waren am Ostermontag bei uns und haben ihren Enkel richtig angesehen und fanden den kleinen Mann sehr niedlich. Nun aber der Reihe nach.

Anneliese ging am 20.3. erst um 14.30 Uhr ins Krankenhaus und um 15.30 Uhr war unser Sohn schon auf der Welt. Er wog bei der Geburt 3620 Gr., heute nachdem er fast 3 Wochen alt ist, wiegt er schon 4120 Gr. Er war ferner 51 cm gross. Es ist ein kräftiger Junge, der am Tage alle 4 Stunden seine Mahlzeit bekommt und dann wieder ohne viel Geschrei wieder einschläft. Nachts macht er uns allerdings Kummer, denn so um 2 bis 3 Uhr in der Frühe fangt er fürchterlich an zu schreiben. Wir sind jetzt schon so weit, dass er dann einfach eine Mahlzeit erhält. Er kann doch nicht von ca. 2 bis 6 Uhr in der Nacht schreien! Wir haben schon alles versucht, aber er will einfach nicht. Hunger hat der kleine Mann! Und das Organ hat er vom Vater, dieser soll ja auch in jungen Jahren so fürchterlich geschrien haben. Nun, ich weiss es nicht mehr. Aber ansonsten ist er ein niedlicher Junge. Vom Vater hat er im Moment noch nichts, eben nur das Schreien. Er ist also bis jetzt ein Muttersohn, Gesichtsausdruck usw. alles nach der Mutter.

Ich hatte über die Osterfeiertage noch extra 7 Tage Urlaub und konnte so Anneliese im Haushalt etwas helfen, Besorgungen machen etc. Denn Anneliese ist doch noch sehr schwach auf den Beinen, denn nun hat sie neben den Haushalt auch noch ein Kind zu versorgen. Diese Umstellung ist doch nicht so einfach. Man muss ab er auch bei so einen» Kinde immer auf den Beinen sein. Alleine die schöne grosse Wäsche die nun immer zu waschen ist. Abends kommt man selbst erst um 23 Uhr zur Ruhe, dann schon wieder in der Nacht mit einer Mahlzeit des Kindes aufstehen. Und dann geht es auch schon früh wieder aus de m Bett. -

Unser Ene war auch schon hier und hat sich seinen Vetter angesehen. Er kann sich garnicht vorstellen, dass er auch einmal so klein gewesen sein soll. Er freut sich schon auf die Sommerferien. Dann will er uns besuchen und mit Thorsten ausfahren. Wir haben uns einen schönen Kinderwagen gekauft und mit diesem möchte er ja zu gerne fahren. Leider ist unser Sohn noch nicht an der Luft gewesen, weil das Wetter einfach zu schlecht ist. Es regnet und schneit durcheinander und vom Sommer ist nichts zu sehen. Man wird von diesem Wetter recht missmutig. Nun möchte man auch einmal die Sonne sehen. Ich muss nun noch immer morgens den Ofen in der Küche anheizen. Es macht jetzt auch keinen Spass mehr. –

In den letzten Tagen hatten wir recht viel Besuch. Unser Sohn war natürlich der Gluckliche, denn er hat schon so viele nette Sachen zum Anziehen bekommen. Aber alles Sommersachen, die er dann schön gebrauchen kann.

Es freut uns, dass die Hochzeit von Rotraud sehr nett war. Wenn das junge Paar eine feste Bleibe gefunden haben hat, so seid bitte so nett und schreibt uns die Anschrift.

Für heute möchte ich schliessen. Ihr hört wieder von uns, wenn ich Euch ein Bild von Thorsten beilegen kann.

Herzliche Grüße Euer Wolfgang.

Auch ich möchte mich wenigstens für Eure guten Wünsche und die wunderschönen Blumen bedanken. Es tut so gut, daß Ihr so Anteil nehmt an unserem großen Glück. Leider kann ich mich garnicht so recht erholen und dabei ist jetzt Arbeit von morgens bis abends da. Später werde ich dann einmal ausführlich schreiben, seid bitte nicht böse wegen der wenigen Zeilen.

Viele liebe Grüße Euch allen,

Eure Anneliese.

27.4.58

Liebe Berliner!

Heute sollt Ihr nur einen kurzen Bildgruß von uns erhalten. Mutter und Sohn sind gesund, wie Ihr auf dem Bilde sehen könnt. –

Heute am Sonntag wollten wir so gerne mit unserem Sohn an die frische Luft, aber das Wetter ist fürchterlich, es regnet schon den ganzen Tag. Der Frühling soll wohl überhaupt nicht mehr kommen. Am Mittwoch sind die Eltern bei uns, Mutti den ganzen Tag. Sie wollen ihren Enkel auch mal wieder in Augenschein nehmen. Thorsten hat sich bereits gut herausgemacht, er hat schön zugenommen. –

Anneliese dankt für die Postkarte vom Rhein. –

Ich lege für Onkel Georg einige Briefmarken anbei. Für heute wünschen wir Euch alles Gute

Anneliese, Wolfgang und Thorsten

Hamburg, 25.7.58

Meine Lieben,

besten Dank für Eure lieben Zeilen nebst den netten Bildern. Wir haben uns sehr dazu gefreut. Irmlinds Karte ist auch angekommen und wir freuen uns, sie im September wiedersehen zu können.

Gestern erhielt ich einen Brief von Hedi. Ich hatte ihr ein Attest von meinem Arzt geschickt, das hat sie nun eingereicht und soll sich am 30.7. Bescheid geben, ob sie Ausreiseerlaubnis bekommt. Wenn ja, so will sie am 4.8. dort abfahren u. ca. bis 25.8. bei uns bleiben. Am 24.8. haben wir in der Oberstr. eine Feier für Thorsten angesetzt, an der sie gern teilnehmen möchte. Es ist eine freireligiöse Feier und entspricht der Aufnahme des Kindes in den Kreis der Familie. Thorsten ist ein schönes wohlgepflegtes kräftige Kind, bisher rein von Muttermilch ernährt, jetzt bekommt er etwas Frucht- u. Obstsäfte dazu. Also das kleine Zimmer, das leer ist und in dem die große Liege steht, ist bis dahinbesetzt, falls Hedi kommen darf. In diesem Falle könntet Ihr erst auf der Rückreise Station in Hamburg machen und wir wären sehr froh, Euch einige Tage bei uns haben zu können. Es ist insofern einfach, als wir das kleine Zimmer z.Zt. freistehen haben. Irmgard müßte am Sofa schlafen, aber alles andere könnte im kleinen Zimmer gemacht werden. Bitte kommt, ich freue mich.

Wer weiß, ob es das letzte Mal ist, ich muß bei meinen Herzstörungen auf alles gefaßt sein. Denn mein Leiden ist natürlich nicht mehr zu bessern, da konnte auch Oeynhausen nichts nützen. Und ich fahre auch nicht wieder hin. Mein Gesundheitszustand ist sehr schwankend, und wenn es mir tagelang ganz gut geht, so kann eine Kreislaufstörung plötzlich alles ändern. Ja, das ist nun mein Schicksal und ich muß mich damit abfinden. Ich möchte gern noch leben und alles beobachten, aber ich bin mir darüber klar, daß ganz plötzlich alles vorüber sein kann. Schlimm ist auch meine Schlaflosigkeit. Bei dem kühlen oder wechselhaften Wetter macht sich das besonders bemerkbar. Sonst aber fühle ich mich oft ganz kräftig und ich bitte Euch sehr um Euren Besuch.

Sollte Hedi keine Erlaubnis bekommen, schreibe ich sofort, damit Ihr Eure Entschlüsse darnach einrichten könnt. Uns ist es an beiden Terminen recht, Mitte August u. Mitte Sept. Nach Mitte Sept. erwarten wir Klimpelchen noch auf einige Tage bei uns auf ihrer Reise nach Kiel zu ihrem Bruder, falls sie fahren darf. –

Z.Zt. ist Ene bei uns. Er ist lieb u. Franz hilft mir viel mit ihm. Am 3.8. fährt er mit seinen Eltern auf 3 Wochen nach Potsdam. – Ich freue mich sehr, daß Ihr den Aufenthalt an der Nordsee haben könnt, möchtet Ihr recht gute Erfolge davon haben.

Herzliche Grüße Dir und Euch Allen

Deine Kläre.

Sigrun schrieb eine Karte. – Marken anbei. –

Hamburg, den 28.10.58

Ihr lieben Berliner!

Da wir bei Euch in tiefer Briefschuld stehen, wollen wir uns endlich dieser Sache entledigen. Zu danken haben wir für eine Karte von Sigrun, eine von Burkhard und eine Karte von Dir lieber Onkel Georg und Tante Irmgard. Über Irmlind's Besuch hatten wir uns sehr gefreut. Sie ist eine richtige junge Dame geworden und sieht so nett in ihrem neuen Kostüm aus. Wie gefällt Dir denn die neue Schule Irmlind?

Dich, Tante Irmgard und Onkel Georg, hatten wir eigentlich noch auf Eurer Rückreise bei uns erwartet. Ihr wart doch so in unserer Nähe, als Ihr die Schule besichtigt habt. Na, Ihr werdet doch sicherlich bald mal wieder nach Hamburg kommen.

An Rotraud hatten wir ein kleines Päckchen nachträglich zur Hochzeit geschickt. Es kam zurück, mit dem Vermerk "unbekannt verzogen". Demnach hat sie ja schon ihre neue Wohnung. Warum sie wohl nicht bei der Post ihre neue Anschrift angegeben hat? Jetzt möchten wir Euch bitten, uns ihre neue Adresse mitzuteilen.

Am Sonnabend waren wir gerade in Bramfeld, Mutti ging es einigermaßen. Die Nacht hatte sie natürlich vor Aufregung wieder nicht geschlafen. Sonst hat sie aber schon wieder ein wenig Unternehmungsgeist. Für uns ist es immer ein schöner Tag. Thorsten benahm sich vorbildlich und wollte seine Oma vor Liebe auffressen. Sonntag vor einer Woche haben wir bei ihm 2 Zähnchen entdeckt. Wir haben jetzt schon einen großen Sohn. lndess haben wir auch Thorsten's Namensgebung gefeiert. Hierüber geht Euch sicherlich aus Bramfeld ein Bericht zu.

Bei Hilku und Diego ist am kommenden Donnerstag Richtfest. Nun hoffen sie auf baldige Fertigstellung des Hauses. Aber vor Febr. 59 wird es wohl kaum etwas werden. Sie freuen sich im Moment jedoch schrecklich. Wir laben uns gerade an den Bramfelder Birnen. Haben Sie Euch auch so gut geschmeckt?

Viele Grüsse und alles Gute

Anneliese, Wolfgang und Thorsten

Hamburg 26.11.58

Meine Lieben,

Euren Brief vom 22.10. bestätige ich hiermit, besten Dank. Ich hoffe, daß Ihr die Birnen aufessen konntet, ehe sie faul wurden. Wir konnten nicht dagegen an und hatten ziemliches Pech damit, ebenfalls Wolfgang und Anneliese. Unsere Niendorfer wurden besser damit fertig. 40 Pfd. hatte ich erfreulicherweise noch für 20 f. das Pfund verkauft. Was man in die Einmachgläser hineinbekommt, ist zu wenig, außerdem herrschte hier absoluter Ausverkauf von Einweckgläsern. Ja, aber das Kapitel liegt nun lange zurück.

Inzwischen haben wir 4 Wochen fast andauernden Nebel, der sich ganz außerordentlich auf meinen Nerven- und Gemütszustand bemerkbar macht. Mit andern Worten, es geht mir hundsmiserabel, die Schlaflosigkeit hat einen Zustand erreicht wie vor vielen Jahren, als ich ins Rissener Krankenhaus kam, ich wache den größten Teil der Nacht, döse erst gegen Morgen ein und schlafe dann bis Mittag oder stehe überhaupt nicht auf. Oder ich muß sehr viel Barbitursäure nehmen und bin dann den nächsten Tag wie vergiftet. Das eine ist so schön wie das andere und mein Herz fühlt sich entsprechend schlecht. Es ist eigentlich erst die letzten 14 Tage so ausnehmend schlecht geworden, daß wir dabei sind, mit dem Arzt, Krankenhaus und Krankenkasse zu verhandeln, ob sich ein entsprechender Aufenthalt für mich möglichst in einem Privatkrankenhaus finden läßt, was zur Zeit nicht leicht ist. Wahrscheinlich würde ich in eine neurologische Abteilung kommen, doch handelt es sich noch um die Kosten und den Platz, sonst aber würde ich gleich hingehen ohne Rücksicht aus Weihnachten usw. Aushalten kann ich doch nichts und zusammenkommen können wir auch nicht. Dann haben wir wenigstens alle Ruhe. Für Franz ist es so auch schrecklich und er ist ganz voller Sorge, was werden soll. Schöne Tasse Tee, nicht wahr? Heute Nacht habe ich nach einem kräftigen Barbitursäuretrunk ganz gut geschlafen und will deshalb alle Briefe vor Weihnachten erledigen, wer weiß, ob ich nachher noch dazu komme. –

Mit unserer Wohnung ist alles klar, hoffentlich habe ich noch das Glück, da hineinzukommen und überstehe den Umzug am 1. Mai oder 1. Juni. Anneliese will mir ja helfen. Leider habe ich den Kleinen schon so lange nicht gesehen. Am 8.10. waren Sie mit ihm hier und am Sonnabend 29.11. sollten wir zu ihnen kommen, aber ich fürchte leider, daß ich es nicht schaffen werde. Er ist jetzt 8 Monate und so ganz besonders niedlich, wird Wolfgang immer ähnlicher und ist so zufrieden und ruhig, wie sein Vater nie war. Ich sage immer nur „unser Goldjunge”. Diego war mit Ene am Bettag bei uns, leider lag ich im Bett und konnte nur mit Mühe alle die Künste, die Ene im Schreiben, Lesen und Zeichnen vorführte, bestaunen. Ihr Haus ist jetzt unter Dach und sie hoffen, im März einziehen zu können. Wird bis dahin allerdings noch ein ordentliches Stück Geld kosten. –

Von Rotraud hatten wir einen sehr langen Brief, das hätten wir ja garnicht erwartet, daß sie sich soviel Mühe macht. Na, sie haben sich nun alle beide sehr entschuldigt, aber eine Briefkarte vor vielen Monaten hätte es ja auch getan. –

Wie geht es mit Irmlind? Hat sie sich inzwischen eingearbeitet, was natürlich für sie nicht einfach war? Burkhard wird auch bis über die Ohren in Examenssorgen sitzen und auch Sigrun wird fleißig zu arbeiten haben. Na, und Du, Irmgard, nicht minder! Aber freue Dich, daß Du wenigstens schlafen kannst. Wie geht es Dir Georg gesundheitlich und mit Deiner Vereinsarbeit?

Nun grüße ich Euch alle herzlich

                Eure Kläre.

Hedi durfte natürlich nicht mehr reisen. Und Ihr oder mit Euch macht man ja auch tolle Sachen in Berlin!

Hamburg, den 9.12.58

Lieber Georg !

Vielen Dank für Deine allerdings sehr wenig erfreulichen Nachrichten. Der Brief muss irgendwo ein paar Tage gelegen haben, denn ich habe ihn erst am 4. 12. erhalten, obwohl die Anschrift ganz richtig war. Das Bellergal habe ich heute erhalten und beeile mich, es Dir zuzuschicken.

Kläre liegt seit dem 29.11. im Krankenhaus beim Neurologen, der ihre Depressionen ad absurdum führen soll. Nach meinem letzten Besuch scheint die Kur -Schlafkur- nennt das der Arzt, gut angeschlagen zu haben, jedenfalls g1aube ich annehmen zu dürfen, dass die Kur Erfolg für längere Zeit haben wird. Kläres Schlaflosigkeit nahm beängstigende Formen an, sodass wir uns nach langem Hin u. Her doch zum Krankenhaus entschliessen mussten. Am 20.12. hofft der Arzt sie entlassen zu können.

Dass Du nun auch wieder Schwierigkeiten mit dem Zwölffingerdarm ausstehen musst und gerade jetzt zu Weihnachten, ist wirklich ein harter Schlag.

Ich lebe als Junggeselle so gut wie möglich und mein Temperament erleichtert mir meine Lage erfreulicherweise. Irmlind, der Pechvogel, wird wohl nun erstmal untergebracht sein und ich wünsche ihr, dass sie in Zukunft auch noch etwas findet, des sie befriedigen wird.

Ueber die Wochenenden bin ich in der Oberstrasse in Kost und Logis. Der kleine Thorsten ist mächtig gewachsen und fängt schon an sich aufzurichten, sodass er in's Laufgitter muss, damit er keine Dummheiten machen kann.

Grüsse bitte ich auszurichten an Irmgard, Sigrun und die beiden anderen, denen es hoffentlich gesundheitlich gut geht. Bellergal kostet genau DM 5,98 für mich.

Herzlichst Dein Schwager

Franz

Hamburg, 26.11.59

Meine Lieben,

ich möchte Euch herzlich danken für Euer Gedenken zu unserem Einzug in die neue Wohnung und für das nette Bild von Dir, lieber Georg, und Ulrich aus Bamberg, zumal wir überhaupt kein Bild von Ulrich haben, nur einmal ein Paßbild von Erich zur Ansicht geschickt bekamen, was wir wieder zurückschicken müssen. Also, alles ist gut gegangen, wir sind nun schon fast 2 Wochen in der neuen Wohnung. Beim Umzug klappte alles, nichts ging kaputt, Hilku und Anneliese halfen den ganzen Tag, saubermachen, auspacken, einräumen, Gardinen aufhängen, es war ganz großer Betrieb vorm Hause, im Hause, zumal an diesem Tage fast 40 Mieter in ihre neuen Wohnungen einzogen. Wir hatten einen recht fidelen Umzug mit 4 jungen Leuten und ihrem „Boß”. Wir hatten auch nicht gespart an Getränken, Zigaretten und Trinkgeld, sodaß zum Schluß alle noch mit auspacken halfen und 10 Kisten gleich wieder verladen werden konnten. Ein Segen, daß wir sie los waren, so war das Wohnzimmer wenigstens leer und wir konnten nachher Ordnung machen.

Nachdem wir Mittag gegessen hatten, hatte ich allerdings erstmal genug und mußte mich 2 Std. aufs Bett legen, während Franz und die Mädels weiter wirtschafteten. Bis zum Abend sah es schon einigermaßen aus. Die erste Woche blieb Franz zu Hause und wir hatten noch reichlich zu tun mit den vielen Paketen, Bildern, Lampen, Gardinen usw. Nun ist aber auch alles sehr schön, eine richtige Komfortwohnung mit allen Annehmlichkeiten, wunderbare Luftraumheizung, alles warm, elektr. Herd, Therme, Boiler usw. Unterschied wie Tag und Nacht zu unserer alten Wohnung. Fußboden schwarz-weiße Gummiplatten, doch haben wir allerhand Arbeit damit, alles in Ordnung zu halten. Hoffentlich können wir es durchhalten.

Ich ruhe mich jetzt viel aus, vom Straßenlärm hören wir fast garnichts, das Haus ist sehr ruhig, von Mietern hört und sieht man nichts. Nur die Leute über uns sägen und klopfen noch viel und rennen hin und her, frühmorgens und am Abend. Das ist ein wunder Punkt. Am Tage ist das ganze Haus wie ausgestorben. Nur ein Junge ist im Parterre, sonst lauter jüngere Ehepaare, scheinbar alle ohne Kinder oder noch ohne Kinder. Sehen kann ich nach allen Seiten, Norden, Osten, Süden. Neu gekauft haben wir ein großes modefarbenes Sofa zu unseren Sesseln passend, sonst nur Kleinigkeiten, aber alles in Allem hat der Umzug doch über 1000.– DM gekostet, die wir mühsam den ganzen Sommer über zusammengespart hatten. Allerdings ist bereits Alles tapeziert, was wir in der letzten Woche vor unserem Umzug machen ließen. Am 1. Weihnachtstag hoffe ich, daß wir mit unsern Kindern Einweihung feiern können. Am Altjahrsabend wollen wir mit unseren Bramfelder Bekannten zusammensein, vorausgesetzt, daß mein Gesundheitszustand so einigermaßen gut ist. Ja, das ist also ungefähr die Lage. Hoffentlich könnt Ihr Euch unser neues Heim noch einmal ansehen. Hoffen wir das beste. Ich wünsche Euch allen eine schöne Vorweihnachtszeit und gute Gesundheit.

Viele herzl. Grüße von Franz und mir

Eure Kläre.

Hamburg, am 6.1.60

Liebe Tante Irmgard, lieber Onkel Georg!

Vielen Dank für die Geburtstagskarte und die guten Wüsche für 1960. Uns dreien geht es sehr gut und wir wünschen Euch allen das Gleiche. Wir sind schon Ostern in der neuen Wohnung eingezogen und sollte ich noch nicht darüber berichtet haben, bitte ich sehr um Verzeihung. Uns gefällt die langersehnte Wohnung immer besser und das wird auch nicht ändern. Leider konnte aus Potsdam keiner zum Weihnachtsfest kommen, da mein Schwager Rudi nach Westberlin gegangen ist. Wir wissen auch leider nicht, ob jemals mit einem Besuch der Schwiegereltern zu rechnen ist. Weihnachten waren wir alle am 1. Feiertag in Bramfeld, es war sehr schön und wir denken dann oft an gemeinsame Ferientage in Hagenow. Sonst hört man nicht allzuviel von einander, der Alltag beschäftigt jeden mehr als genug. Euch Allen wünschen wir drei

Alles Gute, viele herzliche Grüße

Euer Diego

Hambg., 11.2.60

Lieber Georg,

zu Deinem 65. Geburtstag möchte ich Dir meine herzlichsten Glückwünsche sagen, ich hoffe, daß Du soweit gesund bist, Deine Familie ebenfalls und daß auch Rotraud bei Euch ist, wie sie es beabsichtigte und Ihr alle zusammen einen festlichen Tag verleben könnt. Nachdem wir gegenseitig solange nichts voneinander gehört haben – unsere Briefe kreuzten sich zu Weihnachten – weiß man natürlich nicht, wie es in der anderen Familie aussieht, doch hoffe ich das beste.

Hier bei uns sind sehr viele Leute an Grippe erkrankt, was wohl in Berlin nicht anders sein wird. Franz hat auch schon eine ordentliche Portion hinter sich, verbunden mit schmerzhaftem Rheuma im Nacken und Schultern und ich hatte mich natürlich auch etwas angesteckt. Aber jetzt geht es uns beiden wieder ganz gut und wir genießen unsere schön abgeschlossene Wohnung, wenn sie auch bei strengem Frost und Nord- oder Ostwind nicht in allen Teilen ganz warm ist.

Wir hatten uns in dem riesigen Block (40 Wohnungen) eben die Außenwohnung ausgesucht, die zwar die beste Sicht und Abgeschlossenheit besitzt, aber dafür etwas kälter ist. Mit den Nachbarn über uns hatten wir schon eine kleine Auseinandersetzung wegen ihres Lautseins (Trampeln mit Hackenschuhen, lautes Ofenrütteln) morgens in der Zeit von 4 – 5 Uhr. Aber es hat genützt und jetzt haben wir Ruhe, es ist nicht gerade angenehm, wenn man jeden Morgen um 4 Uhr aus dem Schlaf gejagt wird. Sonst sind wir nach wie vor mit unserem neuen Heim sehr zufrieden und freuen uns täglich über seine Schönheit, Gemütlichkeit und Bequemlichkeit. –

Wir hoffen also, lieber Georg, daß Ihr alle schön zusammensein könnt, um Deinen 65. Geburtstag festlich zu verleben. Rotraud schrieb uns vor einiger Zeit einen ausführlichen Brief und daß sie beabsichtigte, Euch zum 15.2. zu besuchen. Hoffentlich hat sich das verwirklichen lassen. Dann werdet Ihr das Zusammensein mit ihr so recht genießen. Bitte sagt ihr von mir schönen Dank für ihren lieben Brief, auf den ich später zurückkommen werde. Dir wünschen wir vor allen Dingen, daß Deine Gesundheit einigermaßen erhalten bleibt und Du auch finanziell zurechtkommen mögest. Bist Du noch tätig für den Verband? Beabsichtigt Ihr im Sommer nach Norddeutschland zu kommen, wie Irmgard irgendwie andeutete? Das wäre ja schön, wenn auch wir uns auf diese Weise wieder einmal sehen könnten. Na, noch ist der Sommer etwas fern, noch sind wir im Winter und heute abend ist hier wieder alles zugeschneit. Doch scheint es keine große Kältewelle mehr geben zu wollen. –

Unsern Kindern geht es gut. Beide Familien waren kürzlich bei uns. Am 28.2. feiert Ene seinen 8. Geburtstag, dann sind wir alle in der Carl Petersenstr. Eigentlich ist ja der 29.2. diesmal sein richtiger zweiter Geburtstag! Am 20.3. feiert Thorsten seinen 2 jährigen Geburtstag, der auch festlich begangen werden soll. Dann sind wir alle in der Oberstr. Thorsten ist jetzt ein süßes Kerlchen, aber sprechen kann er immer noch nicht viel, da läßt er sich Zeit.

Von Hedi habt Ihr wohl gehört, daß sie zu einer kleinen Operation ins Krankenhaus mußte. Ich hoffe, daß sie sich nun zu Hause wieder erholt hat, wir schickten ihr schöne Apfelsinen und sonstige westliche Herrlichkeiten zu ihrer Kräftigung. Ich hoffe, daß Irmgard die Spritzen etwas gestärkt haben und sie sich etwas wohler fühlt. Ich hatte auch kürzlich fürs Herz 10 Strophantinspritzen und glaube, daß sie mir doch eine kleine Erleichterung gebracht haben.

Mit den herzlichsten Grüßen für Dich, lieber Georg, und Deine ganze Familie, bin ich mit nochmals allen guten Wünschen

Deine Kläre.

Lieber Georg,

Zu Deinem 65. laß Dir meine herzlichsten Glückwünsche sagen. Vor allem bleib so weit gesund, daß Du Deinen Pflichten obliegen kannst und laß Dich, soweit das irgend möglich ist von Deinen Lieben verwöhnen! Kriegen wir Euch mal wieder zu sehen in absehbarer Zeit? Von Rotraut und Burkhard hatten wir ausführliche Briefe, über die wir uns sehr freuten. Burkhard hat inzwischen von uns schon den Dankbrief erhalten an Rotraud wird demnächst geschrieben. – Mich hat vor 2 Monaten ein scheußliches Rheuma im Nacken und der Schulter erwischt aber erfreulicherweise ist alles wieder gut.

Recht herzliche Grüße Dir, lieber Georg, und all den Deinen!

Franz

Hamburg, 6. Mai 1960

Liebe Irmgard, lieber Georg,

ich danke Euch bestens für die Ostergrüße und die schöne Ansicht vom Grabmal Schlusnus. Das war wirklich nett von Dir, Irmgard, daß Du mir diese Karte geschickt hast.

Ja, eben war es noch Ostern und kalt und nun ist plötzlich der Frühling eingezogen. Ich sehe sogar auf einige grüne Bäume und auf einen blühenden Obstbaum. Am Balkon kann man schon schön sitzen, doch ist Franz mit seinem Streichen noch nicht ganz fertig. Wir haben die Balkon Innenwände gestrichen, die Blumenkästen müssen noch anmontiert werden, der kleine Tisch und 1 Stuhl werden noch gelb gestrichen wie unsere kleine Bank aus der Bramf. Ch. Auch einen herrlichen Sonnenschirm haben wir uns gekauft, aber der Fuß muß auch noch gestrichen werden, was alles heute und morgen nachmittag geschehen soll. Dann kann der Sonntag kommen.

Morgens wollen Diego und Ene kommen, von Wolfgang haben wir noch nichts Entsprechendes gehört. Aber die Oberstr. war inzwischen schon vollzählig hier und hat unsere kleine Differenz ausgeglichen. Thorstens Lieblingswort war immer „Ostereier – Aa” darüber konnte er garnicht genug lachen. Und jetzt soll „Apotheke” sein Hauptschlager sein. Na, Eure Mädels werden Euch ja genügend berichtet haben, sodaß ich dem nichts mehr hinzufügen brauche.

Es war sehr nett, Irmlind und Sigrun einmal wieder hierzuhaben. Wir fanden sie beide alle ganz reizend und Ihr könnt wirklich glücklich sein, solch ein paar nette Töchter zu haben. Und wie geschmackvoll waren sie beide angezogen und wußten sich auch so ganz besonders nett zu benehmen. Weiter wünsche ich Euch viel Glück mit ihnen in der Zukunft! Schade, daß wir nicht auch eine Tochter haben. Von Jungens hat man nicht mehr viel, wenn sie verheiratet sind! Eine Tochter findet immer wieder einmal schneller ins Elternhaus zurück. Ich sehe das hier an so vielen Beispielen. O, es ist ja schön, wenn wir uns im August wiedersehen könnten. Franz hat hier in dem Gasthaus an der Ecke Bramf. Ch. u. Wandsbeker Str. gefragt. Sie verlangen dort für ein Doppelzimmer pro Nacht DM 12.–, doch weiß ich nicht, ob mit Morgenkaffee, Franz hat nicht danach gefragt, und Frühstück könntet Ihr ja bei uns essen. Franz und ich tragen natürlich die Hälfte der Kosten, dort seid Ihr wenigstens in einem ordentlichen Zimmer gut untergebracht. 3 Wochen vorher muß man anmelden, den Termin könnt Ihr uns dann ja später schreiben. Von Burkhard hatten wir einen netten Brief. –

Wir hoffen, daß Ihr gesund seid, mir geht es auch einigermaßen gut, und grüßen Euch beide und Irmlind und Sigrun herzlich

Eure Kläre!

Hamburg, den 18.9.60

Liebe Tante Irmgard,

lieber Onkel Georg!

Habt vielen Dank für Eure Karte, über die wir uns sehr gefreut haben. Da es heute bisher ununterbrochen regnet habe ich prima Gelegenheit, Euch zu antworten. In der letzten Woche hatten wir nämlich herrliches Wetter, da hat man natürlich jeden nur möglichen Augenblick draußen zugebracht. Selbst gestern abend haben wir unser Essen auf dem Balkon eingenommen. Und das war gut so, denn wer weiß wann es wieder mal so schön ist.

Wir hoffen ja, daß es in der kommenden Woche wettermäßig wieder etwas besser wird, weil doch Ene auf Reisen geht. Ich habe vorhin schon fleißig seinen Namen in seine verschiedenen Sachen genäht. Er ist schon ganz aufgeregt. Na, es wird schon was werden.

Die Zeit vergeht wie im Fluge, nun seid Ihr schon wieder zwei Wochen zu Haue. Habt Ihr Euer Wiedersehen gut gefeiert? Ich glaube, man freut sich doch mehr als man sich selbst eingestehen will, wenn man wieder daheim ist. Und war die Reise auch noch so schön.

Es freut uns, daß es Euch bei uns gefallen hat und wir halten unser Angebot aufrecht: Euch oder Euren Kindern gern einmal wieder gute Gastgeber zu sein. In diesem Sinne herzliche Grüße Euch allen

Hilku, Diego und Ene.

Hamburg, 19.9.60

Meine Lieben,

vielen Dank für Eure allseitigen liebevollen Wünsche zu meinem Geburtstag. Auch wir alle haben uns gefreut und sind herzlich dankbar, daß wir noch einmal mit Euch zusammen sein und so nette Stunden mit Euch verleben konnten. Vor allem war ich froh, daß ich alles gesundheitlich gut überstanden habe, auch meinen Geburtstag mit zwar keiner großen Feier, aber doch allerhand Besuch. Zum Nachmittagskaffee kamen Anneliese und Thorsten, der wieder sehr lieb und artig war, nachdem seine Heiserkeit und Erkältung vorüber waren. Er hatte auch wieder ein bißchen rote Backen und guten Appetit. Wir hatten eine große Sahnenußtorte backen lassen, die herrlich schmeckte. Um 6 Uhr kam Wolfgang aus dem Büro. Wir aßen zusammen Abendbrot und dann brachte Franz Annel. u. Thorsten zur Elektrischen, während Wolfg. noch hierblieb. Auf dem Rückwege brachte Franz gleich Hilku und Diego mit, die mit der Elektrischen gerade angekommen waren. Ich hatte mich inzwischen ein wenig ausgeruht. Dann saßen wir gemütlich ein paar Stunden zusammen, tranken auf meine Gesundheit und aßen unsere Torte dazu. Alle waren sie so fröhlich und lieb. Schöne Sachen hatte ich auch bekommen. Von Franz eine wunderschöne kostbare Porzellanvase mit rosa Nelken, von Hilku eine Schürze, Prallinen, Blumentopf, von Annel. ein Buch über Zimmerpflanzen, Blumen und von Euch den Topf mit schönen Alpenveilchen und ein Kästchen Schokolade. Vielen Dank dafür! Ich selbst hatte mir noch mehrere Bücher schicken lassen und einen schönen Schlafanzug. Dazu noch Rosen von Bekannten aus dem Hause und einen Korb Obst von unseren Bramfelder Bekannten. Es verlief alles sehr schön und ich konnte es auch gut aushalten. Post kam ein ganzer Packen. Von Hedi auch noch ein Buch über den Thüringer Wald zur Erinnerung an unsere frühere gemeinsame Wanderung. Weißt Du noch, lieber Georg, wie ich durchaus auf den Kickelhahn wollte und dabei barfuß lief, weil meine Schuhe so drückten? Zum Schluß sind wir doch nicht raufgekommen! –

Burkhard schickte ein Festtelegramm, ganz nobel! Den Mädels schickte ich einliegend zur Ergänzung einen Fünfmarkschein, den sie sich teilen sollen, sodaß jeder 5.– DM hat. So war es von Anbeginn gedacht, doch dann kamen Irmlind und Burkhard ja nicht nach Hamburg! Besonders bedanken brauchen sie sich nicht mehr dafür, gelegentlich einen kurzen Gruß Eurem Brief anfügen. 2 ungestempelte 10 f Olympiamarken konnte uns Wolfgang beschaffen, sie liegen hier bei. Franz hätte bestimmt keine mehr bekommen.

Aus Bamberg haben wir schlechte Nachricht. Erich geht es garnicht gut. Er liegt seit 3 Wochen mit Lungen Embolie in der Klinik mit hohem Fieber und Gisela schreibt, daß es ein fortwährendes Ringen mit dem Tode ist. Eine kleine Besserung war eingetreten, dann wieder Rückfall. Wir müssen auf alles gefaßt sein. Schrecklich, wo er doch sonst noch immer so jugendlich war, wenn auch in den letzten Jahren häufig krank. Ich finde es schrecklich für Franz, eben ein bißchen wieder ausgesöhnt und jetzt muß er vielleicht zu seinem Begräbnis. Franz hofft immer noch für ihn, daß er durchkommt, ich bin sehr pessimistisch. Dazu diese unglückselige Geschichte mit Ulrich, wer weiß, was aus ihm wird. Aus Bamberg hörten wir schon lange nichts mehr über ihn. –

Wie hat sich Eure Sommerfrische bei Euch ausgewirkt? Was macht der Schnupfen, wie geht es Dir, Irmgard? Hoffentlich steht nicht bald wieder eine Reise vom VdK bevor. Das wäre zuviel Anstrengung.

Nun zum Schluß viele herzliche Grüße an Euch alle von Franz und mir.

Eure Kläre.

Hamburg 7.11.1960

Liebe Irmgard,

vielen Dank für Deine Zeilen vom 2.11. Irmlind hatte seinerzeit schon etwas verlauten lassen, daß es Dir garnicht gut ginge und Du wohl zu einer Operation ins Krankenhaus müßtest. Nun ist es bereits geschehen u d Du hast das Schlimmste hinter Dir, wenngleich Du bei Deinem sowieso schon schlechten Gesundheitszustand gewiß außerordentlich elend bist. Arme Irmgard, daß es Dich nun so hart treffen mußte, es ist schrecklich so krank zu sein. Hoffentlich helfen Dir die Blutübertragungen wieder auf die Beine, denn Du hast ja sonst garnichts zu zusetzen. Hoffentlich kann auch Rotraud noch etwas länger in Berlin bleiben, sodaß Du Deine Lieben in guter Versorgung weißt. Es wird Dir nachher schwer genug werden, Deine Pflichten wieder aufzunehmen, denn nach solch einer Operation bleibt doch für längere Zeit eine große Schwächung zurück. Bleibe bloß solange wie irgend möglich im Krankenhaus, damit Du Dich erst wieder erholst. Ich wünsche Dir von Herzen baldige gute Besserung, aber leider weiß ich aus eigener Erfahrung, daß das nicht so schnell zu erreichen ist. Alles, alles Gute, liebe Irmgard! Denn wenn Du nicht am Platze bist, geht doch das Ganze nicht!

Mir geht es noch einigermaßen gut und ich freue mich, wenn wir im Schummern ½ Stunde um die Blocks gehen können. Gestern am Sonntag waren wir sogar in der Oberstr., das erste und letzte Mal vor dem Winter. Wir fanden Wolfg. Annel. u. Thorsten in guter Gesundheit vor, wenngleich Thorsten zur Zeit nicht so guten Appetit hat wie sonst. Wir haben einen schönen Nachmittag und Abend dort verlebt und ich habe die anstrengenden Hin- und Rückwege gut überstanden.

Unsere Ostwand im Wohnzimmer haben wir isolieren und neu tapezieren lassen mit einer mittelgrauen Tapete mit schönen Farbeffekten. Es sieht wunderbar aus und ich hoffe, daß auch die Kälte gut abgehalten wird. Richtig gemütlich ist das Wohnzimmer jetzt und ich freue mich jeden Tag über unsere schöne Wohnung. Hoffentlich können Franz und ich noch ein paar Jahre etwas davon haben. Der große Ofen heizt die ganze Wohnung schön durch und im Wohnzimmer ist es warm! Meine Blumen und Blattgewächse gedeihen prächtig, auch das Alpenveilchen von Euch! –

Wie geht es den beiden Mädchen? Sigrun schrieb eine Karte aus Höxter, sicherlich ist sie noch dort. –

Hilku war auch 3 Wochen mit einer Entzündung des Sehnervs im Krankenhaus. Man kann von Glück sagen, daß alles wieder gut geworden ist und sie jetzt schon wieder im Beruf tätig sein kann.

So, liebe Irmgard, gute, gute Besserung für Dich und viele, viele herzliche Grüße

Deine Kläre.

Franz schließt sich meinen

Wünschen an.

Hamburg,

Meine Lieben,

Zum Weihnachtsfest senden Franz und ich Euch die herzlichsten Grüße und viele gute Wünsche für Eure Gesundheit. Hoffentlich geht es Dir, liebe Irmgard, wieder ein bißchen besser nach Deiner schweren Erkrankung und Operation. Gedacht habe ich viel an Dich, aber nicht einmal zum Schreiben bin ich gekommen, nachdem ich mich jetzt schon die dritte Woche mit einer hartnäckigen Erkältung rumplage. Es ist ein recht mieser Zustand und ich fürchte, daß ich von unserm weihnachtlichen Zusammensein aller Familienmitglieder bei uns nicht allzuviel haben werde. Umschläge, inhalieren, Bettruhe, mit nichts ist dieser Erkältung beizukommen. Ungerechnet aller Pillen und Tropfen, die ich verkonsumiert habe. Auch Franz hat seit Wochen einen Schnupfen, der ihm sehr unangenehm ist. Na, einmal wird es ja wohl besser werden!

Liebe Irmgard, ich lege für Dich zur Stärkung eine 5 Markschein bei, die Hälfte für eine Flasche Rotwein, die andere für 10 Eier. Leider muß ich ja selbst jetzt immer so rechnen. Wie werdet Ihr denn zu Weihnachten zurechtkommen? Schade, daß nicht einer von uns mal 100 000 Mark gewinnt, dann könnte man allen so schön helfen. Statt dessen plagt man sich in der bundeswunderlichen Republik doch ganz schön ab.

Ich bestätige noch Deinen letzten Brief lieber Georg, besten Dank, und lege einige Marken bei. Wenn Burkhard Weihnachten bei Euch ist, sagt ihm bitte erstmal vielen Dank für seinen netten Brief, über den wir uns sehr gefreut haben.

Nochmals herzliche Grüße von Franz und mir an Euch alle.

Gutes Fest und gesundes Neues Jahr,

Eure Kläre

Hamburg,     2.1961

Mein lieber Georg,

wieder ist Dein Geburtstag und ich möchte Dir dazu meine herzlichsten Glückwünsche sagen für Deine Gesundheit und für Dein Wohlergehen und das Deiner Familie. Ich wünsche Dir einen schönen Tag im Kreise der Deinen und hoffe, daß Ihr alle gesund seid. Sehr gefreut haben wir uns über Euren Gruß vom Rhein, besonders daß Irmgard Dich wieder begleiten konnte und wir hoffen, daß ihr die Anstrengung gut bekommen ist und sie sich weiter erholt.

Für Euren Weihnachtsbrief noch besten Dank, er traf allerdings erst 3 Tage nach dem Fest bei uns ein. Mir ging es, wenn auch nicht gut, so doch leidlich, sodaß unsere Kinder und Enkel zum Kaffee und Abendessen bei uns sein konnten, wie Euch die beigelegte von Wolfgang gemachte Aufnahme zeigt. Franz hökert mit seinem Schnupfen noch immer herum und auch bei mir meldet er sich immer wieder, woran auch wohl das ewig wechselhafte, nasse und windige Wetter schuld hat. Während des Ostwindes in den Kältetagen im Januar war es bei uns in der Küche ganz schön kalt. Während jetzt die Wohnung wieder schön durchgewärmt ist und von mir sehr genossen wird, da sie ja meinen einzigen Aufenthalt bedeutet. Aus dem Hause komme ich leider garnicht und da ich nicht immer lesen kann und wenig körperliche Arbeit zu leisten imstande bin, so langweile ich mich oft gründlich. Niemand kommt, niemand geht. Der Winter schiebt vielem einen Riegel vor. Nun ja, Franz ist oft da, aber oft auch nicht. Er hat seine Arbeit, seine Kunden, seinen Gartenbauverein und jetzt ist er auch wieder 1. Vorsitzender der FDP in Bramfeld geworden, wodurch er oft unterwegs ist. Früher ging ich mit, aber das kann ich ja jetzt nicht mehr.

Wir hoffen jetzt auch bald den im Sept 1960 beantragten Fernsprechanschluß zu bekommen. Zumal die FDP um Beschleunigung der Anlage gebeten hat bei der Post. Wir gratulieren auch zu Eurem Anschluß, später rufen wir Euch mal an, wie Wolfg. u. Annel. an Weihnachtenbei Euch getan haben. Es ist doch sicher eine große Errungenschaft! Wird es für uns auch sein, da Franz viele Telefongespräche führt und jetzt deswegen immer zum Tabakgeschäft oder Automaten laufen muß schräg gegenüber.

Eurer Übernachtung. Im Sommer oder Frühjahr hoffe ich etwas Abwechslung zu haben, da Hedi versuchen will, zu unserm 40 jährigen Hochzeitstag zu kommen und auch Else, die Schwester von Franz, uns auf längere Zeit besuchen will, falls sie sich körperlich weiter gut fühlt. Da sie uns Pensionsgeld zahlen will, gehen wir mit dem Gedanken um, ein Einbettzimmer für sie bei Kähler zu bestellen, denn 3 Wochen auf dem Sofa im Wohnzimmer schlafen ist für beide Teile eine Belastung. Na, erst wollen wir mal den Winter vorüber sein lassen, nachher kann man weiter sehen. Für mich jedenfalls ist der Winter eine schwere Plage und Belastung und man ist leicht geneigt zu glauben, daß man sie nicht wieder besteht. –

Es hat uns sehr gefreut, daß Sigruns Zukunft nun entschieden ist und sie eine ordentliche Lehrstelle an einer Behörde antritt. Wir wünschen ihr Ausdauer und ein bißchen Glück, dann wird sie es schon schaffen und sich einleben. In jedem Beruf gibt es etwas, was einem nicht so gut gefällt, damit muß man sich abfinden. –

Wie fandet Ihr Rotraud? Hattet Ihr ein harmonisches Wiedersehen mit ihr und Heiko? Mit Irmlind und Burkhard ist wohl alles in Ordnung, so hoffen wir. Ob die Mädels im Sommer wohl wieder eine Freifahrt nach Hamburg machen? Burkhard will ja auch immer mal kommen, aber das ist wohl nur ein Wunschgebilde, das nicht in die Wirklichkeit umgesetzt wird. –

Hörtet Ihr von Erich? Vor Weihnachten teilte er uns mit, daß sie beide (auch Gisela war krank) aus dem Krankenhaus entlassen würden, daß er aber noch ½ Jahr sich vor einem Rückfall (Lunge) hüten müsse, wenn er überleben wolle. Das hätte man auch nicht gedacht. Von Ulrich hörten sie keine Spur. Er hat sich wohl in die Obhut des Bauordens begeben. Übrigens hat er an Hedi eine Karte geschrieben und einen Brief versprochen. Ich denke immer noch an den kleinen lieben Burschen, wie er aussah, als wir zur Beerdigung seiner Mutter da waren. Wie schrecklich traurig das alles war und nun für ihn auch weiterhin geblieben ist. Armer Ulrich! Hat er eigentlich an Euch oder Burkhard noch geschrieben? Von meiner Existenz scheint er keine Ahnung zu haben, obgleich ich seinerzeit jahrelang an ihn geschickt und geschrieben habe. Wir waren wohl die bösen Heiden für ihn. –

Lieber Georg, alles Gute, halte Dich weiter tapfer mit Deiner ganzen Familie.

Recht herzliche Grüße Dir und Euch allen            

Deine Kläre.

Hamburg, 12/2. 61.

Mein lieber Georg!

Herzlichste Glückwünsche zu Deinem Geburtstage eilen [Dir] auf diesem Wege entgegen! Bleibe so gesund wie Du zur Zeit bist und tue alles, was zur Gesunderhaltung für Dich erforderlich ist! –

Bald haben wir auch Telefon im Haus und dann können wir uns gegenseitig auf dem Laufenden halten. Kläre hat in einem langen Brief wohl alle interessierenden Neuigkeiten schon berichtet, aber daß die Oberstraße heute uns zum Kaffee überraschte, ist neu und ich will es nur erwähnen, weil Thorsten trotz überstandener Krankheit wieder wohlauf ist und uns mit seiner drolligen Lebendigkeit viel Freude macht.

Nochmals alles Gute für Dein neues Lebensjahr und Euch allen recht herzliche Grüße!

Franz

Hamburg, 3.5.61

Liebe Irmgard, lieber Georg,

ich danke Euch für Euren Brief von Ende März. Inzwischen haben wir wohl telefonisch mit Euch gesprochen, das ist doch schön, daß man das haben kann. Inzwischen ist ein Monat vergangen wie mag es Euch gehen? Ist Deine Krankheit wieder vorbei, lieber Georg? Und Irmgard, wie geht es Dir? Ich war recht traurig, von Dir zu hören, daß Deine alten Schmerzen sich wieder bemerkbar machen und bitte Dich, mir mal etwas Genaueres darüber zu schreiben, da man sich aus den wenigen Worten kein Bild über Deinen Gesundheitszustand machen kann. Jedenfalls ist es beunruhigend zu hören, daß es Dir nicht so gut geht, wie man annehmen dürfte. Ich hoffe, daß die beiden Mädels gesund sind, Irmlind sich weiter vervollkommnet und Sigrun sich in ihrem neuen Beruf langsam einlebt. Hoffentlich hat sie einigermaßen nette Mitarbeiter und findet sie auch etwas Freude an der neuen Tätigkeit.

Mir geht es sehr mäßig, eigentlich immer schlechter und allzu viele schmerz- u. leidfreie Stunden bleiben mir bei Tag und Nacht nicht mehr. Nur bei absoluter Ruhe und kurzer bescheidendster Tätigkeit hört die Quälerei auf und wenn ich nicht noch so gern ein bißchen leben möchte, so müßte ich eigentlich froh sein, wenn es zuende wäre. Doch ich fürchte mich etwas vor diesem letzten dunklen Punkt, weil man ja keine Vorstellung davon hat, was man in dem Augenblick empfinden wird. Ich muß offen gestanden sagen, ich bin etwas feige und es graut mir vor Schmerzen und Qual. Deshalb wünsche ich noch ein bißchen weiter zu leben und beschäftige mich so viel ich kann mit guten Büchern, Kunst, meinen schönen Blumen und als neuestes mit meinem Philips Plattenspieler, den ich durch Werbung für die Stuttgarter Hausbücherei bekommen habe.

Leider kann ich erst 5 verschiedene Sachen spielen, die Platten sind so teuer und ich kann nur alle Vierteljahr 2 neue Platter bestellen. Aber herrlich ist es, wenn ich ganz allein dasitze, die Platte laufen lasse und der Zauber erklingt. Ich habe 2 Symphonien von Mozart, das Forellenquintett von Schubert und die kleine Nachtmusik von  Mozart. Nächstes Vierteljahr kommen die Eroica und die Neunte von Beethoven dazu.

Gestern abend öffnete Herr Sanders seinen Schallplattenschrank und ich hörte „50 Jahre Rosenkavalier” mit den bedeutensten Sängern und Sängerinnen. Einmal als ich jung war, hat mich die Musik bei Überreichung der silbernen Rose ungeheuer tief ergriffen und gestern abend hatte ich, allerdings in etwas abgeschwächter Form, ein ähnliches Erlebnis. Leider kann ich meinen Wunsch, diese Oper nochmal auf der Bühne zu hören, nicht mehr verwirklichen. Ich muß ihn, wie so vieles andere, ad acta legen. Schön, daß man noch einen gewissen Behelf im Hause hat. Unsere Wohnung ist schön, auch alles ziemlich sauber und in Ordnung, nur langweilt einen zuletzt das, was man jede Stunde um sich hat. Freunde habe ich garnicht mehr, (meine letzte gute Zeitungsbekannte ist im Februar gestorben) und von den Kindern sehen wir auch nicht viel. Immer vergehen Wochen, bis sie etwas von sich hören lassen. Mit Jungens ist nicht mehr viel los, wenn sie verheiratet sind, eine Tochter findet immer Gelegenheit, die Eltern und das alte Zuhause aufzusuchen. Hedi wollte versuchen zum diesjährigen 14. Mai zu uns zu kommen. Aber ich fürchte, es wird ihr nicht glücken und dann weiß ich auch nicht, ob sie den Strapazen der Reise nach Hamburg gewachsen ist. So werden wir wohl aus diesem Tage nicht viel machen, was wohl auch für mich das beste ist. Weißt Du noch, lieber Georg, wie schön wir alle diese Feste Zuhause gefeiert haben? Ich kann mich noch so deutlich an diese festliche Atmosphäre erinnern, so etwas gibt es ja wohl heute nicht mehr. Seit 15 Jahren war das endgültig alles vorbei, und Hedi ist noch ein Stück leise Erinnerung an diese schöne Zeit. –

Nun grüße ich Euch alle recht von Herzen. Ihr habt es ja auch nicht leicht. Ich wünsche Euch allen

Gesundheit!

Eure Kläre.

Hamburg, den 31.7.1961

Meine Lieben !

Ich bin schon lange die Antwort auf Eure lieben Grüsse und den Anruf schuldig und will alles heute nachho1en.

Zunächst Euren Entschluss, einen Schmuck für die Urnenstätte Kläres anbringen zu lassen, bitte ich zunächst zu vertagen, denn der Platz ist im Augenblick voll in Anspruch genommen. Es handelt sich ja nur um ein Plätzchen von 1 qm, das seitens der Friedhofsverwaltung mit drei Knollenbegonien und einer Umrandung von Tagetes bepflanzt worden ist, was im Platzkauf einbegriffen war. Dazu habe ich zwei Einsteckvasen angebracht, die jeweilig bei meinen Besuchen mit frischen Schnittblumen versorgt werden. Es ist also praktisch für weiteren Schmuck kein Platz mehr. Zu Kläres Geburtstag wird der Gedenkstein gesetzt werden und dann kommt langsam der Winter und dann die hier übliche Winterdeckung mit Tannengrün. So halte ich es am zweckmässigsten, das Frühjahr abzuwarten, in dessen Verlauf eine neue Bepflanzung vorgenommen werden muss, sodass dann auch Ihr zum Zuge kommen könnt.

Von mir wäre zu sagen, dass ich die Einsamkeit durch Arbeit und Aufrechterhaltung meiner allernächsten Umgebung zu überbrücken versuche. Ich muss mich ja vollkommen selbst versorgen, was schon aus geldlichen Gründen durch Wegfall Kläres Rente notwendig wurde. Nun macht mir das Kochen keine Sorgen, denn ich koche gern und ich glaube, sagen zu können, dass ich darin schon eine gewisse Uebung hatte, denn während der Krankheit Kläres habe ich diese Arbeit oft verrichten müssen und ich habe stets Kläres Lob ernten können. Meine Woche sieht etwa so aus: Montag bin ich vormittag im Haus und erledige die Hausarbeit einschl. Betreuung der Blumen, die Kläre so ausserordentlich liebte und die auch nun so gehalten werden, als ob Kläre noch daran Freude haben könnte. Montags um 14 Uhr habe ich in Wandsbek bei meinem Freunde Göttge zu tun, bei dem ich liebenswürdigerweise erst Mittag essen darf, um dann meine Arbeit zu verrichten, Kaffee und Abendbrot schliessen sich an und gegen 20 Uhr pflege ich dann nach Hans zu gehen. Dienstag, Mittwoch und Freitag arbeite ich von 9 - 15 Uhr in der Apotheke und sorge dann an den Nachmittagen für das leibliche Wohl für die kommenden Tage. Am Freitag kommt eine Schwester meiner Parteifreundin, Frau Bösch, und überholt die Wohnung sachverständig für ein verhältnismässig geringes Entgeld. Am Sonntag gegen 10 Uhr begebe ich mich auf den Friedhof und anschliessend bin ich abwechselnd bei den Kindern zu Gast.

So auch gestern. Man tat in der Oberstrasse so eigentümlich geheimnisvoll hinsichtlich eines noch zu erwartenden Besuches als weiteren Mittagsgast und dann erschien tatsächlich eine Ueberraschung mit dem Erscheinen Burkhards. Ich war freudig überrascht und wir hatten alle einen wunderschönen Nachmittag bis 22 Uhr. Wie schön, dass er nun für längere Zeit in Hamburg ist. Freilich wird er Euch fehlen, aber für sein Fortkommen ist das ein, so hoffe ich , aussichtsreicher Schritt. Wir vereinbarten, dass er, wenn er nichts Besseres vorhat, stets bei mir willkommen sein wird. Denn ich habe ihn, wie wir Hamburger alle, sehr gern. Er wohnt vornehm in Nienstedten nah an der Elbe und wird Hamburg an seiner schönsten Stelle bald in's Herz geschlossen haben.

Ich höre von Burkhard, dass Ihr im Spätsommer noch eine Reise nach der Nordsee vorhabt und da wäre es doch schön, wenn Ihr auf der Rück- oder Hinreise hier Station machen könntet. Von Rotraud habe ich einen sehr lieben langen Brief erhalten, über den ich mich ausserordentlich gefreut habe. Ich weiss, dass sie mit ihrem Mann im Urlaub bei ihren Schwiegereltern ist und werde ihr dann danken, wenn sie wieder im Haus ist.

Von Hilku hörte ich, dass die Carl Petersenstrasse Euch besucht hat und bin sicher, dass Ihr nette Stunden mit einander habt verleben können. Ich würde mich jedenfalls sehr freuen, wenn auch in Zukunft der Zusammenhalt der Familien Sambach und Bangis Bestand haben würde.

Der Sommer lässt viel zu wünschen übrig und ich möchte Euch wünschen, dass Ihr, wenn aus Eurer Reise was wird, mehr Glück mit dem Wetter habt, als die Bornimer. Aber vielleicht ist deren letzte Woche noch einigermassen.

So, ich hoffe, dass ich durch meine heutigen Zeilen mein Versäumnis wieder nachgeholt habe.

Recht herzliche Grüsse

Euer Schwager

Franz

Hamburg, 1.1.66

Liebe Tante Irmgard,

lieber Onkel Georg und Sigrun!

Recht herzlichen Dank Euch allen für Eure lieben Wünsche zu den Fest- u. Feiertagen. Wir 3 haben alles gut überstanden und erfreuen uns bester Gesundheit. Ich hoffe, daß es Euch auch relativ gut geht und wünsche Euch allen für 1966 alles Gute, vor allem Gesundheit und Zufriedenheit. Wie waren am heiligen Abend allein, am 1. Weiihnachtstag zum Kaffee in der Oberstraße wo auch Opa war und am 2. Feiertag hatten wir dann unseren lieben Opa bei uns. Der Weihnachtsmann war recht fleißig und wir alle recht zufrieden und glücklich. Sylvester feierten wir mit den beiden Müllers (unsere Musik-Abend-Freunde) bis 3 Uhr ins neue Jahr hinein.

Nochmals alles Gute und viele herzliche Grüße von Hilku + Ene

Euer

Diego

Hamburg, 9.8.67

Lieber Onkel Georg!

Hab vielen Dank für Deinen lieben Brief vom 31.7., über den wir uns sehr gefreut haben.

Wir waren auch froh, daß wir endlich einmal zu Tante Hedi konnten. Sie hat es sehr gemütlich in ihrem Zimmer mit den alten Sachen, wenn es auch ein bißchen eng ist. Aber ich kann ja sowieso nicht so viel rumlaufen und so ist es ein Vorteil, daß überall Möbel rumstehen, auf die sie sich stützen kann. Sie sieht übrigens gut aus und fühlt sich auch ganz ordentlich, wie Ihr auf dem Foto erkennen könnt. Am meisten bedauert Tante Hedi, daß sie nicht zum Friedhof gehen kann. Darum sind wir für sie hingegangen und haben das Grab fotografiert. Tante Hedi weiß nichts davon, wir wollten sie mit dem Bild überraschen. Sie bekommt sogar ein Farbfoto davon. Das Grab ist übrigens sehr gepflegt.

Ich selbst kannte Hagenow ja nicht von früher, aber Diego meint, es hätte sich nichts verändert. Es ist nur alles älter geworden und kleiner. Diego sagt jedenfalls, früher wäre Hagenow größer gewesen (in der Erinnerung – und wahrscheinlich, weil er damals klein war).

Von Ullrich haben wir leider auch keine Adresse. Wir wissen nur, daß er wohl noch in Hannover ist. Opa sagte uns, daß er während unseres Urlaubs kurz in Hamburg gewesen wäre. Opa hat mit ihm einen erregten Disput gehabt und hat sich dabei so aufgeregt, daß er gar nicht ganz genau mitbekommen hat, was eigentlich los ist. Nur so viel: Ullrich ist wieder mal arbeitslos und das schon seit Mitte Juli. Wovon er lebt, weiß kein Mensch. Beim Arbeitsamt hat er sich jedenfalls nicht gemeldet. Als Opa ihm sagte, daß er eben irgendeine Arbeit annehmen müßte um leben zu können, hätte Ullrich ihm geantwortet, dann will er lieber Stunden geben. Sein Examen wurde ihm aus München auch nicht bestätigt, weil er den Anforderungen nicht genügt hätte. Man wird nicht ganz schlau aus der Sache.

Von Tante Irmgard haben wir gestern eine Karte bekommen. Es gefällt ihr, wenn die Kur auch sehr anstrengend ist. Wenn sie wieder zu Hause ist, dann grüße sie und danke für die Karte.

Seid nun alle drei recht herzlich gegrüßt von

Hilku, Diego und Ene

Hamburg, 29/30.8.1970

Lieber Onkel Georg, liebe Tante Irmgard!

Es war ein trauriger Anlaß und keine schöne Wochenend-Reise die Hilku und ich am vorigen Freitag antraten. Nachdem wir durch Frau Gießmann in einem Brief vom 9.8.70 erfahren hatten, daß Tante Hedi am 8.8.70 ins Krankenhaus Hagenow gebracht werden mußte weil sie nachdem sie das Bett verlassen hatte, keinen Schritt mehr gehen konnte und sich am liebsten auf den Fußboden legen wollte. Nur unter großen Schwierigkeiten gelang es schließlich Frau Gießmann, Tante Hedi wieder bis ans Bett zu bekommen. Dann war es garnicht so einfach die Einweisung ins Krankenhaus durchzusetzen aber als es dann doch klappte, bekam Tante Hedi gleich eine Spritze, auch am nächsten Tag eine weitere und es wurde klar daß sie sich nicht weiterhin allein versorgen könnte. Darauf hatte sich Tante Hedi bereit erklärt ins Altersheim C A M I N bei Wittenburg zu gehen. Soweit in Kürze der Gang der Dinge, als nun am Mittwoch ein Telegramm eintraf konnte es leider keine gute Nachricht enthalten. Das Telegramm war amtlich beglaubigt und berechtigte uns zum Visum-Empfang an der Grenze bei der Einreise am Freitag morgen. Wir hatten uns beide freinehmen können und der Beerdigungstermin machte keine Schwierigkeiten. Um 9 Uhr ging der Zug hier ab und um 11,17 Uhr kamen wir planmäßig in Hagenow-Land an.

Wir hatten unsere Ankunft telegraphisch Frau Gießmann mitgeteilt und waren aber doch überrascht sie am Bahnhof anzutreffen. Sie hatte gewußt, daß keine Taxen am Bahnhof sind und war mit ihrem Sohn und Auto gekommen um uns den langen Weg zu ersparen. Nachdem wir uns gleich bei der Polizei an- und abgemeldet hatten und noch einige Zeit in Tante Hedis Zimmer verbrachten und eine erste kleine Besichtigung durchführen konnten, holte uns Frau Gießmann ab um mit uns zum Friedhof zu gehen.

Sie hatte den Schlüssel zur Kapelle und so konnten wir beide unsere liebe alte Tante noch einmal sehen, sie lag so friedlich da, aufgebahrt, mit Blumen geschmückt und es war, als schliefe sie nur und könnte uns jederzeit aufwachen und ansprechen. Das Wetter war bis dahin wolkig aber trocken, nun aber fing es an zu Regnen und blieb auch den ganzen Freitag dabei. Nach uns gingen auch noch viele der alten Damen in die Kapelle um Abschied zu nehmen. Dann wurde der Sarg geschlossen und in die große Kapelle gebracht, mit den Kränzen und Blumensträußen geschmückt und nachdem auch Tante Trude Klimpel noch eingetroffen war begann die Trauerfeier. Mit Orgelspiel und Gesang begann es sehr feierlich und der noch sehr junge Pastor hielt eine sehr schöne und zu Herzen gehende Predigt und dann nochmal Orgelspiel und Gesang und ein Schlußgebet. Dann ging es hinaus in den Regen und der Sarg wurde hinabgelassen. Noch ein letztes Gebet und eine handvoll Erde, dann eine lange Reihe trauriger Menschen die uns ihr Beileid aussprechen. Wir waren froh, eine schwache Stütze an Tante Klimpel zu haben und sie war noch froher uns als Stützen dort angetroffen zu haben.

Tante Hedis Bekannte Frl. Reeps erbot sich, uns noch bei sich in der Fritz-Reuterstr. mit Kaffee (von Hilku mitgebracht) und Kuchen zu bewirten. Wir nahmen gerne an, denn in Tante Hedis Zimmer wäre es unmöglich gewesen. So waren denn Frl. Reeps, Frl. Piehl, Tante Klimpel und wir beide noch recht gemütlich beisammen und manches besprochen und überlegt. Hilku und ich gingen dann zum Abendbrot in die Bahnhofstraße und später brachten wir Tante Klimpel zum Stadtbahnhof und fuhren mit ihr zum Landbahnhof hinaus um sie in den Schweriner Zug zu setzen. Danach gingen wir zu fuß zurück um in Hedis Zimmer einerseits zu sichten und andererseits auch zu schlafen. Bis 2 Uhr nachts hatten wir alles einigermaßen sortiert und schliefen mehr schlecht als recht bis 7 Uhr. Nach kurzer Kaffeepause sichteten wir noch die letzten Schubladen und dann war es geschafft.

Einige "Wertsachen" gaben wir als Andenken Frl. Reeps, 1  elektro Föhn (mit dem habe ich schon als Kind in Hagenow ab und zu spielen dürfen, er ist also schon so eine Art Museums-Stück.) 1 silberne Kaffee-Kanne und Zuckerdose, wir würden diese bestenfalls noch als Blumentopf benutzen , also kein Grund sich damit zu belasten. Für Frl. Piehl gaben wir Hedis Armbanduhr die in Form und Aussehen uns allen sicher nicht gefallen hätte und so möglicherweise Hedis Andenken in Hagenow noch eine Weile erhalten hilft. Alles andere, wie Tisch- und Bett-Wäsche stammt zum Teil von uns aus Hamburg oder auch aus Potsdam und hat nur noch für jemanden der garnichts hat, einen Wert. Damit soll Frau Gießmann, die ja auch die meiste Arbeit die letzten Jahre gehabt hat, machen dürfen, was sie für richtig hält. Tante Klimpel erbte noch ein grünes Kissen, daß sie eigentlich garnicht haben wollte. Frl. Reeps erklärte sich bereit alles zu verbrennen was wir an Briefen, Tagebüchern und Bilder aussortiert hatten, Briefe zu hunderten, Tagebücher 11 oder 12, eng beschrieben und von 1920 an, leider hätte wohl keiner Zeit gehabt alles zu lesen, auch war es Hedis Wunsch alles sofort zu verbrennen.

Der Sonnabend brachte schönes Wetter und wir gingen nochmals zum Grab und der Hügel war über und über mit den Kränzen und Blumen bedeckt und sehr hübsch. Für die Grabpflege hat Hedi auch noch selbst gesorgt und 500.-- Mk. eingezahlt, außerdem noch 100.-- für Kränze für 10.Jahre, Pflege für 35 Jahre.

Da somit für alles gut vorgesorgt war und außer dem Sparbuch über ca. 480.—Mk. noch Bargeld in Höhe von 490.—Mk. vorhanden war brauchten wir keine weiteren Mittel durch Umtausch 1 zu 1, oder wie wir vorhatten, aus Potsdam zu beschaffen. Die verbleibende Restsumme an Geld soll Frau Gießmann für Blumen zur Grabschmückung benutzen.

Den Goldenen Ring aus den Trauringen der Großeltern hat Hilku mit nach Hamburg geschmuggelt und wir werden ihn bei einem Berlin-Besuch für Dich mitbringen. Auch haben wir die Sterbeurkunden der Großeltern und Tante Hedis mitgenommen sowie ein Hochzeitsbuch und eine Fest-Zeitung vom 40. und auch eine vom 50. Hochzeitstage. Auch diese halten wir zu Deiner Verfügung.

Da uns alle Wege in Hagenow so weit als nur möglich durch Freu Gießmann und Frl. Reeps abgenommen waren konnten wir am Sonnabend-Nachmittag schon wieder die Rückreise antreten und fuhren um 15 Uhr ab Hagenow Land und waren um 17,20 in Hamburg. Auch für Hedis Fernseher findet sich eine Abnehmerin aus dem Bekanntenkreis, er muß noch mit DM 750.-- Abzahlungsrestsumme übernommen werden. Der Neupreis war 1300.-- Mk. Eine Testament-Abschrift lege ich bei, das Original ist bei Frau Gießmann in Hagenow geblieben. Außerdem lege ich noch einen Zettel mit Stammbaum bei der für Dich bestimmt war. Ich hoffe, von Hilku unterstützt, alles getan zu haben was möglich und nötig war und hoffentlich auch in Deinem Sinne.

Hier bei uns geht alles seinen gewohnten Gang und wir sind alle gesund und hoffen das Gleiche auch von Euch. Das Wetter ist nochmal richtig sommerlich und wir genießen so richtig unseren Balkon. Ene hat seinen Urlaub noch vor sich und will im September nach Italien fahren. Da Hilku einen Betriebsausflug nicht aufgeben mochte feiern wir Vaters Geburtstag erst am kommenden Samstag.

Euch allen nochmals die herzlichsten Grüße

und alles Gute! Euer Neffe

Diego