Mein lieber mein Vater

TK 05

Freunde

Diego:

Ich hatte viele Freunde, Klassenkameraden und Nachbarskinder in meinem Alter. Wir spielten den ganzen Tag am liebsten draußen und mussten abends, wie man so schön sagte, erst eingefangen werden. Im Sommer ging es nach der Schule meist zum Baden, entweder nach Farmsen ins Freibad oder nach Ohlsdorf in die Badeanstalt, manchmal auch zum Stadtparksee. Außerdem gab es rund um Haus und Garten so viel Spielmöglichkeiten, die Welt war ein einziger Abenteuerspielplatz für uns. Bei Regen spielten wir auf unserem großen Dachboden. Dort kletterten wir im Gebälk bis zu den Dachluken und hatten eine schöne Aussicht auf das ganze umliegende Gelände. Auch fanden wir einen alten Helm und einen Säbel und dann waren wir Seeräuber oder Entdecker fremder Länder. Tagsüber lebten wir von Stullen, die wir uns von Mutter oder einfach aus der Küche holten, denn es waren oft keine Eltern im Hause.

Wir bauten uns auch aus alten Kinderwagenrädern und -fahrgestellen mit Brettern einige Fahrzeuge zusammen und da es in der Gegend keine Berge gab, musste immer einer den andern schieben. Das waren die ersten Seifenkisten-Rennen. Im Winter, wenn auch mal Schnee lag, spielten wir mit Rodelschlitten, und weil nicht jeder einen hatte, musste auch dabei einer ziehen oder schieben, bis er selbst mal dran kam. Und wenn die Teiche und der Bramfelder See zugefroren waren, gings aufs Eis.

Sommer hatten wir mal aus Brettern ein richtiges Boot gebaut. Mit alter Farbe schön angemalt und auf einem Seifenkistenfahrzeug bis zum großen Bramfelder See geschleppt. Das Boot wurde zu Wasser gelassen und versank mit der ganzen Besatzung im See. Es wurden alle gerettet, nur das Boot nicht. Der See war an dieser Stelle nur ca. einen Meter tief.

Bei schlechtem Wetter und abends haben wir viel gelesen und gezeichnet. Bücher wurden untereinander ausgetauscht und ausgeliehen und oft nicht zurückgegeben, weil man nicht mehr wusste, von wem man welches geliehen hatte. Nachts wurde mit der Taschenlampe unter der Bettdecke weitergelesen, denn das Licht im Zimmer musste nach einigen Ermahnungen durch Vater oder Mutter endlich ausgemacht werden.

Hilku:

Freunde und Freundinnen hatte wir jede Menge, denn in einem "Dorf" kennt man ja beinahe jeden, aber mit einigen war ich eben doch enger befreundet, z. B. mit Helga Fenner, Susi Brion, Brigitte Banaßak und Renate Ebert. Renate musste uns leider bald verlassen. Wir waren darüber sehr traurig, zumal wir nie wieder was von ihr gehört haben. Ihr Vater war ein hohes Tier bei der SA, aber ihre Mutter war Jüdin. Sie mussten sich scheiden lassen und sie musste mit den Kindern das Land verlassen. Soweit wir hörten, sind sie nach England gefahren.

Dach ändern konnten wir daran ja nichts. Wir waren im Sommer viel Schwimmen, zum Schlänitzsee oder, weil einfacher zu erreichen, im Kanal, dem Sacrow-Paretzer-Kanal. In und um Potsdam gibt es ja so viele Flüsse und Seen. Für schlechte Tage gab es ja das Werner-Alfred-Bad gleich am Anfang der Stadt, das war ein Hallenbad. Später wurde es für Deutsche geschlossen, da schwammen nur noch Russen. Außerdem haben wir im Wald gespielt, haben aus Kletten Puppenstuben gebaut und aus Stroh kleines Spielzeug gebastelt.