Politik
Diego:
Meine Eltern waren sehr freiheitlich und unparteiisch eingestellt. Aber den Hitler und die Nazis mochten sie überhaupt nicht. Es gab da einen ehemaligen General, Ludendorff, aus dem 1. Weltkrieg, der warnte in Büchern vor dem nächsten Weltkrieg und seine Frau vertrat eine neue deutsche Glaubens-Richtung, eben die sog. Ludendorffbewegung. Meine Mutter hielt sehr viel davon und wollte uns und auch andere dazu bekehren. Wir hatten aber keine rechte Lust für so eine neue Religion. In einer Partei waren die Eltern nie, die Auswahl war damals auch nicht sehr groß. Soweit ich noch weiß, gabs nur 4 Part.: 1. die S P D, 2. die K P D, 3. die Zentrumspartei und ganz neu, 4. die N S D A P.
Es mag noch einige kleine Parteien gegeben haben nur hatte ich davon nichts gehört. Und als die NSDAP an die Macht kam, wurden sowieso alle anderen Parteien verboten und wir hatten den totalen Staat, eine Diktatur, von nur einer Partei regiert. Es wurde lebensgefährlich, irgendetwas gegen die Nazis (so hießen die Parteigänger der Nationalsozialisten) [zu sagen]. Es wurde ab sofort alles im Leben reglementiert und nur wenn es den Segen der Bonzen hatte, konnte es weitergehen. Zum Beispiel wurden Turn-, Gesangs- und Wandervereine einfach zu NS-Vereinen umgekrempelt. Wer nicht für uns ist, sagte Hitler, der ist gegen uns und alles was gegen das NS-Regime war, wurde bekämpft und vernichtet. Als Jugendliche haben wir das nicht so sehr ernst genommen und auch manches mitgemacht um keine Schwierigkeiten zu bekommen.
Nach und nach saßen auf den meisten guten Posten schon die PGs (Parteigenossen). Für uns junge Menschen wurde alles befohlen und es gab gar keine Wahl. Wir kamen zu den Pimpfen mit 10 Jahren und wurden automatisch mit 14 Jahren in die Hitlerjugend übernommen, ob wir wollten oder nicht, man musste einfach mitmachen. Da war dann wieder einmal in der Woche sog. Heimatabend, mit politischem Unterricht und etwas Kerniges zum Singen und auch wieder die bekannten Geländespiele. Ich sollte dann in der Schreibstube helfen, da ich schon Schreibmaschine schreiben konnte. Ich war einmal oder zweimal dort und dann wurde es vergessen und es hat auch nie jemand nach mir gefragt.
Ich wurde dann zum RAD (Reichsarbeitsdienst) eingezogen und damit war dann Schluss mit HJ und Partei usw. und damit begann mein direkter Kontakt mit dem Krieg. Bruder Wolfgang war schon bei der Wehrmacht und auch an der Front, aber ich habe das bis dahin noch gar nicht so richtig begriffen. Meine Eltern waren natürlich sehr in Sorge um Wolfgang und plötzlich auch mich. Denn auch der Arbeitsdienst wurde im Ausland eingesetzt und es war ja alles feindliches Ausland. Ich hatte schon mal ein Art Tagebuch zu schreiben versucht und werde über das Kapitel Soldat davon ein paar Kopien mitschicken. Darin werden noch einige Fehler mehr sein, aber ich denke ihr schreibt die nicht alle mit ab. Die Gedanken laufen schneller als die Finger.
Hilku:
Wir mussten, als wir 10 Jahre alt wurden, "Jungmädchen" werden, später zu den BDM (Bund Deutscher Mädchen). Wir bekamen Uniformen, wie die Jungen, die der "Hitlerjugend" beitreten mussten. Man war völlig vereinnahmt. Auch die Eltern sollten unbedingt in die Partei, aber meine taten es nicht. Aber mein Vater wurde eingezogen und kam nach Russland zur Organisation Todt. Sie war für Straßenbau usw. zuständig, damit die Truppen es leichter hatten, vorwärts zu kommen (später auch rückwärts). Man durfte nichts Negatives über den Führer oder die Partei sagen, sonst wurde man abgeholt und keiner weiß wohin. Denken konnte man ja, aber bloß nichts sagen.
Damals hatte kaum jemand ein Radio. Da wurde der sogenannte Volksempfänger gebaut und für 35 Reichsmark verkauft. Das war so billig, damit sich jeder ein Gerät kaufen konnte. Man sollte hören, was unser Führer uns zu sagen hat und vor allem den Reichspropagandaminister Joseph Goebbels. Der schimpfte auf die Engländer und Amerikaner, weil sie unsere Städte bombardierten und lobte unsere tapferen Soldaten, die das Gleiche in England taten. Man kann immer wieder sagen, Krieg müsste verboten werden.