Die deutsche Volkspolizei
Von A. Pankow
In den Ländern, in denen der Imperialismus herrscht, ist die Polizei ein Werkzeug zur Unterdrückung der werktätigen Massen und zur Stützung der Macht der kapitalistischen Monopole. Sie dient dort in erster Linie zur Niederhaltung der Volksmassen, zum Schutz der Ausbeuter vor den Ausgebeuteten, zur Verfolgung der fortschrittlichen Elemente und derjenigen Arbeiterparteien; die den Werktätigen in ihrem Kampf mit dem Imperialismus vorangehen. Dementsprechend werden das Personal und vor allem die führenden Kader der Polizei in diesen imperialistischen Ländern ausgewählt. Die Polizisten werden dort vorzugsweise unter den besitzenden Schichten der Bevölkerung angeworben, und die Polizeikommandeure stammen aus den Kreisen der eifrigsten Verteidiger der Ausbeuterklassen. Nach der Befreiung Westeuropas vom faschistischen Joch war die Bourgeoisie der westeuropäischen Länder mit Unterstützung der imperialistischen Armeen Englands und Amerikas vor allem darauf bedacht, die Polizei sowohl wie die Armee von demokratisch gesinnten Menschen aus dem Volk, von früheren Partisanen und Volksgardisten, von Opfern des Faschismus, von Arbeitern und werktätigen Bauern zu säubern, die sich über Klasseninteressen klar sind und für die Demokratie gegen den Imperialismus auftreten. So stand es in Griechenland, Frankreich, Italien, Dänemark und anderen Ländern und auch in Westdeutschland. Schon vor hundert Jahren wies Marx, als er die Erfahrung der revolutionären Volksbewegung auswertete, darauf hin, daß die kapitalistische Reaktion die Polizei nicht im Interesse der Demokratie braucht, sondern um die Mehrheit des Volkes zu unterdrücken, daß sie die Polizei und die Armee zu volksfeindlichen Zwecken benutzt und daß es nach jeder Volksrevolution und jeder größeren Volksbewegung, bei denen das Volk Waffen in die Hände bekommt, die erste Sorge der Bourgeoisie ist, dem Volk die Waffen aus der Hand zu winden und die Polizei und die Armee wieder zu einem gehorsamen Werkzeug der Ausbeuter gegen die Werktätigen zu machen. Diese These von Marx ist durch alle folgenden Erfahrungen der Geschichte bestätigt worden. Wir sehen, daß auch heute in den westeuropäischen Ländern die Polizei in Erfüllung des Willens der einheimischen und der amerikanischen Monopole die nach dem Kriege außerordentlich stark gewordene demokratische Volksbewegung gewaltsam unterdrückt. In Frankreich und Italien zerschlägt die Polizei gemeinsam mit dem Militär die Demonstrationen der Werktätigen, wobei sie nicht vor dem Gebrauch der Schußwaffe zurückschreckt, schützt Streikbrecher, verhält sich bei terroristischen Aktionen gegen Führer der Arbeiterklasse sehr nachsichtig und bemüht sich bei Wahlkampagnen, die demokratisch gesinnte Wählerschaft zu terrorisieren und ihren Widerstand zu brechen. Bei dieser ganzen verbrecherischen, volksfeindlichen Tätigkeit sieht sie ihr Vorbild in den USA, von wo sie auch Ermunterung und Direktiven erhält.
Aber die gleiche Waffe in den Händen der junkerlich-bürgerlichen Reaktion war die Polizei im alten imperialistischen Deutschland. Nicht nur in der Epoche Wilhelms II., sondern auch nach der Novemberrevolution von 1918, in der Epoche der Weimarer Republik, war die deutsche Polizei faktisch ein Werkzeug zur Niederhaltung der arbeitenden Massen in Deutschland. Deshalb konnte sie von der Hitlerbewegung so leicht gegen die Weimarer Republik selbst verwandt werden. Auch unter der Führung rechter Sozialdemokraten, wie Noske, Severing, Grzesinsky, Zörrgiebel, blieb die Polizei der treue Wachhund der Kapitallisten und Gutsbesitzer. Gerade in der Zeit, als diese Herren an der Spitze der Polizei standen, wurden Hunderte von deutschen Arbeitern durch Polizeisalven getötet und Tausende von Arbeitern mißhandelt und ins Gefängnis geworfen, weil sie gegen den Imperialismus auftraten. Die alte deutsche Polizei beschützte die Nazis gegen die Arbeiter und die fortschrittlich gesonnenen werktätigen Bauern. Nach Hitlers Machtantritt leistete sie ihm den Treueid. Im „Dritten Reich“ war die faschistische Polizei ein Ungeheuer, das nicht nur die demokratischen Elemente des deutschen Volkes mit unerhörter Grausamkeit verfolgte, sondern die friedliche Bevölkerung in den besetzten europäischen Ländern wild und erbarmungslos ausrottete.
Nach der militärischen Erledigung des Dritten Reichs Hitlers erforderten es die Interessen der Demokratisierung Deutschlands, daß die neue deutsche Polizei das gerade Gegenteil der alten wurde. Die Aufgabe bestand darin, den alten Polizeiapparat, der eine Stütze des blutigen faschistischen Regimes gewesen war, zu zerschlagen und durch eine demokratische Volkspolizei zu ersetzen, die ein Teil und eine wesentliche Stütze der neuen demokratischen Ordnung in Deutschland sein mußte. Überall in Deutschland sprach man von der Notwendigkeit, eine neue Polizei zu schaffen, die auf demokratischen Grundlagen aufzubauen war und die die Werktätigen nicht unterdrücken, sondern gegen die monopolistische und junkerliche Reaktion in jeder Beziehung schützen sollte. Diese neue Volkspolizei mußte den Interessen des Volkes dienen; sie durfte nicht die Macht des Monopolkapitals und der Gutsbesitzer schützen.
Aber diese Ideen fanden nur in der sowjetischen Besatzungszone Verständnis und praktische Verwirklichung. Hier ließ man sich von dem Grundsatz leiten, daß sich die neue Polizei vor allem aus dem Volke zu rekrutieren habe, das heißt aus den Kreisen der Arbeiter, der werktätigen Bauern und der werktätigen Intelligenz, daß dagegen den faschistischen Verbrechern, den Verteidigern der Monopolisten und Gutsbesitzer der Zugang zur Polizei verschlossen bleiben müsse. Die Wichtigste Aufgabe der Polizei bestand neben der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in dem Schutz der demokratischen Reformen gegen den Widerstand und die Machenschaften der Überreste des Faschismus.
Nach ganz anderen Grundsätzen und für andere Aufgaben jedoch wurde die Polizei in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands und nach dem Eintreffen amerikanischer, britischer und französischer Besatzungstruppen in Berlin auch in den Berliner Westsektoren aufgebaut. Die alte Polizei blieb hier im Grund unangetastet und wurde zum Kampf gegen die Demokratie verstärkt. Die westlichen Besatzungsbehörden von Berlin begannen, aus der Polizei in den Westsektoren die Arbeiter und die demokratischen Elemente zu entfernen und faschistische Verbrecher und volksfeindliche Elemente wieder in die leitenden Stellen der Polizei einzusetzen. Sie brachten sogar aus München, Hamburg und anderen Städten faschistische Verbrecher aus den Strafabteilungen der SS und dem SD nach Berlin und setzten sie in leitende Polizeiposten in ihren Sektoren ein. Denn diese Polizei sollte gegen die Berliner Werktätigen eingesetzt werden. Man braucht nur an die Polizeiüberfälle zu erinnern, die im amerikanischen, britischen und französischen Sektor von Berlin auf Büros der Gewerkschaften und der demokratischen Arbeiterparteien stattfanden, an die Verhaftungen und Mißhandlungen von Anhängern der Volksbewegung für die Einheit Deutschlands, darunter Frauen und Jugendliche. Diese Verbrechen beging die deutsche Polizei im amerikanischen, französischen und britischen Sektor Berlins gemeinsam mit der Militärpolizei der Besatzungsbehörden.
Ebenso weiß man, daß in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands und in den Berliner Westsektoren neben der gewöhnlichen Schutz- und Kriminalpolizei besondere Polizeiformationen organisiert werden, die eine „Schwarze Garde“ der imperialistischen Reaktion sind. Das gilt in erster Linie für die sogenannte „Industriepolizei“, die sich aus früheren SS-Leuten und anderen aktiven Faschisten, Angehörigen der Bourgeoisie und des Großgrundbesitzertums und dem deklassierten Abschaum der Gesellschaft rekrutiert. Diese Banditenhaufen werden ganz offen zur bewaffneten Bekämpfung demokratischer Aktionen der deutschen Werktätigen vorgesehen.
Zur Erfüllung ihrer schändlichen volksfeindlichen Aufgaben wird ein Teil der deutschen Polizei in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands nicht nur mit leichten, sondern auch mit schweren Waffen, mit Kraftwagen und Rundfunkeinrichtungen versehen. Ebenso verfuhren die westlichen Besatzungsbehörden in Berlin. Sie entfernten alle demokratischen Elemente aus der Polizei der Westsektoren, wie sie es zum Beispiel auch in Griechenland getan hatten. Jetzt zeichnet sich die Polizei in den Berliner Westsektoren durch eine besonders reaktionäre Haltung aus, selbst im Vergleich zu den westlichen Besatzungszonen. Um endgültig die Hände frei zu bekommen, schritten die anglo-amerikanischen Behörden in Berlin und ihre Handlanger im Berliner Magistrat unter Außerachtlassung der einschlägigen Viermächtebeschlüsse schließlich zur ungesetzlichen Spaltung der Berliner Polizei. Dies geschieht, um die Polizei der Westsektoren endgültig zu einer Militärpolizei zu machen, die für die Verfolgung der Organisationen der Werktätigen und für terroristische Überfälle auf sie zu gebrauchen ist.
Das Personal der Polizei wird in den westlichen Besatzungszonen und in den Berliner Westsektoren bekanntlich aus reaktionären militaristischen Kreisen und aus den Reihen der Nazis ausgewählt. In München zum Beispiel fungiert als Chef der bayerischen Polizei ein Baron von Goden, der früher der reaktionären Terrororganisation „Orgesch“ angehörte. Führer der „Industriepolizei“ in Westdeutschland ist der ehemalige Chef des Hitlerschen Generalstabes Haider. An der Spitze der Polizei im amerikanischen Sektor von Berlin steht der Schumacher-Anhänger Bliemeister, den die Berliner Jugendlichen als „Henkersknecht“ und „Bluthund“ bezeichnen. Zur Leitung der sogenannten Vereinigten Polizei in den Berliner Westsektoren wurde Herr Stumm berufen, der bis zum Februar 1933 im Berliner Polizeipräsidium tätig war und seine Stellung dazu benutzte, den Nazis den Zugang zur Macht zu erleichtern. Bekanntlich wurde Stumm nach dem Machtantritt Hitlers zum Direktor der „Deutschen Treuhandgesellschaft“ ernannt. Unter der Führung von Bliemeister und Stumm sitzen in-der Polizei der Berliner Westsektoren auf verantwortlichen Posten der ehemalige SA-Sturmführer Karl Siemund, der ehemalige SS-Mann und Naziaktivist Sattler, der höhere Beamte des Hitlerschen Innenministeriums Kellerhof, der ehemalige Angehörige des Spionagedienstes im Oberkommando Sachs und viele andere Faschisten und Kriegsverbrecher.
Es ist leicht zu begreifen, daß die Vorherrschaft der Faschisten und Militaristen in der Polizei der Berliner Westsektoren eine vorübergehende Erscheinung ist, da die Interessen der Berliner Bevölkerung und der sowjetischen Besatzungszone es erfordern, daß die gesamten politischen Verhältnisse in den westlichen Sektoren radikal geändert werden.
Die Polizei der sowjetischen Besatzungszone muß von ganz anderer Art sein. Sie muß eine wirkliche Volkspolizei sein und sich aus den ehrlichsten und dem Volke restlos ergebenen Menschen rekrutieren, aus den Arbeitern, den Bauern und der werktätigen Intelligenz. Die Volkspolizei muß nicht nur eine feste Garantie für die Liquidierung der Überreste des Faschismus sein, sondern auch eine Stütze der neuen demokratischen Staatseinrichtungen. Neben der Bekämpfung der kriminellen Elemente und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung muß die Volkspolizei die Keime neuen Demokratie vor den Anschlägen der Faschisten und Reaktionäre schützen. Zu den Pflichten der Polizei gehört der Kampf gegen die Feinde der Demokratie, die der Durchführung der wichtigsten fortschrittlichen Sozial- und Wirtschaftsreformen (Bodenreform, Übereignung der Betriebe von Kriegsverbrechern an das Volk usw.) entgegenarbeiten, sowie der Kampf gegen die Spekulanten und die Verbrecher, die aus dem Westen und aus den Berliner Westsektoren ununterbrochen in die sowjetische Besatzungszone einsickern. Es ist im Auge zu behalten, daß die in Westdeutschland unter der Leitung der Amerikaner und Engländer Wiedergeborene imperialistische deutsche Reaktion verzweifelte Versuche macht, um die politische und wirtschaftliche Entwicklung der sowjetischen Besatzungszone zu stören. In diesem Zusammenhang hat die Polizei der sowjetischen Besatzungszone wichtige Aufgaben bei der Wahrung der neuen demokratischen Ordnung und der Gesetzlichkeit in der sowjetischen Besatzungszone. Die Volkspolizei muß im Kampfe gegen die Klassenfeinde der Arbeiter und der werktätigen Bauern, gegen die Organisatoren von Sabotage und Schädlingsaktionen und von volksfeindlicher unterirdischer Tätigkeit die größte Wachsamkeit und Schonungslosigkeit beweisen sowie das Volkseigentum gegen Diebstahl und Beschädigung schützen.
In den letzten drei Jahren ist es den demokratischen Kräften der sowjetischen Besatzungszone gelungen, bei der Organisierung der Volkspolizei beachtliche Erfolge zu erzielen. Zu dem Kampf für Demokratie, Ordnung und Gesetzlichkeit hat sie einen wesentlichen Beitrag geleistet. Leider aber findet die Arbeit der Polizei bisher noch nicht die Beachtung, die sie verdient. Es gibt noch viele Mängel in ihrer Arbeit, die behoben werden müssen. Zum ersten Male in der deutschen Geschichte steht die Polizei der sowjetischen Besatzungszone vor ganz neuen Aufgaben, die den wesentlichen Interessen des Volkes entsprechen und das Gegenteil von denen darstellen, die die alte deutsche Polizei zu erfüllen hatte. Aus einem Werkzeug zur Unterdrückung der werktätigen Massen und zur Bekämpfung von Demokratie und Fortschritt wird die deutsche Volkspolizei zur Beschützerin der Werktätigen und der Demokratie. Eine solche Polizei verdient es, daß sie vom Volke geehrt und geachtet wird. Ihre Angehörigen müssen Vorbilder der Ehrlichkeit und Unbestechlichkeit und des Dienstes an den Interessen des Volkes sein und sich dadurch die Liebe und Achtung der Volksmassen erobern.
Das ist eine der wichtigsten Aufgaben bei der Demokratisierung der sowjetischen Besatzungszone.