Wirtschaftliche Verhältnisse
Diego:
In meiner Jugendzeit waren die meisten Leute die wir kannten bescheidene kleine Leute und somit im heutigen Verständnis arm. Reich waren nur wenige Menschen, und meine Eltern gehörten nicht dazu. Meine Eltern waren sogar sehr, fast bitter arm. Meine beiden Großeltern hatten durch den ersten Weltkrieg fast alles verloren, durch sogenannte Kriegsanleihen und später durch eine nie dagewesene Inflation (Geldentwertung) hatten dann meine Eltern auch noch den Rest an Bargeld und Spargroschen verloren. Leider kam dann auch noch eine allgemeine Wirtschaftskrise dazu und mein Vater wurde arbeitslos, etwa 1930.
Da mein lieber Vater schon über 40 Jahre alt war, bekam er leider keine neue Arbeit und wir mussten von Sozialhilfe leben. Ich weiß noch genau den Betrag den Vater jeden Donnerstag für eine Woche für uns 4 Personen abholen musste: genau 18,50 Reichsmark. Damit wir nicht hungern mussten hat Mutter etwas dazu verdienen können. Mein Vater versuchte alles Mögliche um wieder Arbeit zu bekommen und ging als Vertreter mit den unterschiedlichsten Waren von Laden zu Laden und auch von Tür zu Tür, aber da die Zeiten so schlecht waren, konnte er kaum etwas verkaufen. Außer Spesen nichts gewesen.
Unsere Miete hat damals 28,50 Reichsmark gekostet und musste von dem Wohlfahrtgeld (so hieß das damals) eingespart werden. Wohngeld oder Kindergeld gab es damals noch lange nicht. Kleidung für uns Kinder hat meine Mutter aus alten Sachen und dergl. selbst genäht. Und ab und zu kam auch mal ein Paket von den Großeltern mit Obst aus dem Garten und manch anderen Sachen, denn die Großeltern waren ja inzwischen Rentner geworden und brauchten für sich nicht so sehr viel und lebten auch ganz bescheiden.
Hilku:
Wir sind zufrieden aufgewachsen, wenn auch in sehr einfachen Verhältnissen. Meine Eltern haben 1927 geheiratet, mein Vater war arbeitslos, bekam aber dann bald eine Stellung als Bauarbeiter. Meine Mutter half auf einem Bauernhof aus. Ihre "Wohnung" bestand aus 2 Räumen. Die Küche betrat man direkt vom Hof, das Zimmer lag dahinter. Der Wasserhahn für das ganze Haus, also für alle Wohnungen, befand sich draußen an der Hauswand. Die Toilette, ein Plumpsklo am Stall. Da es sich bei diesem Stadtteil (Potsdam-Bornim) um einen überwiegend bäuerlichen Ort handelte, waren fast alle Wohnungen so. Nur die reichen Leute hatten Wohnungen, wie wir sie jetzt kennen, wenn auch nicht immer mit Bad.
Da meine Eltern beide sehr fleißig und sparsam waren (mein Vater trank und rauchte nicht), konnten sie sich bald eine bessere Wohnung leisten. Eine Treppe hoch mit Schlaf- und Wohnzimmer und Küche. Allerdings musste auch hier das Wasser von draußen geholt werden. Die Tochter des Hauswirts hatte eine Tochter in meinem Alter. Wir waren damals 2 Jahre alt und wir konnten wunderbar miteinander spielen. Wir wuchsen zusammen auf und sind auch noch heute miteinander befreundet. Wir gingen zusammen in die Schule und ich kann nur sagen, Helga ist wirklich meine beste Freundin.