Mein lieber mein Vater

Zwischenspiel

Da wir nach dem RAD (Reicharbeitsdienst) gleich zur Wehrmacht kommen sollten, hat man uns schon Ende Juni 1943 aus Frankreich direkt nach Hause entlassen. Wir sollten noch ein paar Tage Urlaub haben, bevor wir zum Wehrdienst eingezogen würden, womit wir alle am 1.Juli 1943 rechneten. Bei mir kam aber alles ein wenig anders, es erfolgten die schlimmsten Luftangriffe auf Hamburg und ich war zu Hause in Bramfeld und hatte schon meinen Einberufungsbefehl zum 27.7.43 in der Tasche und sollte mich am Morgen um 7 Uhr am Hannoverschen Bahnhof einfinden. In den Nächten vorher und auch am Tage war schon Fliegeralarm und man konnte nicht in die Stadt kommen, alles brannte und es waren keine Verkehrsmittel Betrieb, aber Befehl ist Befehl, ich versuchte mit dem Fahrrad mein Ziel zu erreichen und kam aber nur bis zum Berliner Tor, es war fürchterlich, überall Trümmer und brennende Häuser, fast keine Menschen zu sehen, sehr unwirklich und ich sollte doch zum Han. Bahnhof, der liegt kurz vor den Elbbrücken, und war nicht zu erreichen und es wären auch sicher keine Züge gefahren. Ich fuhr dann noch durch die Bürgerweide an meiner Lehrfirma dicht vorbei und sah, dass das Haus noch stand. Alle Nachbarhäuser brannten oder waren schon Ruinen, die Firma Dietrich im Burggarten haben aber ein Nachbar und die Brandwache der Firma erfolgreich verteidigt. Da ich aber mit meiner sofortigen Neueinberufung zur Wehrmacht rechnete, ging ich auch nicht zur Arbeit, ich weiß auch nicht, ob dies überhaupt möglich gewesen wäre, da ja eine Belieferung von Geschäften kaum möglich gewesen sein konnte. Ich hatte mich nur bei der Bramfelder Polizei mit meinem Einberufungsbefehl gemeldet, um später keine Schwierigkeiten zu bekommen. Ich war ja eigentlich schon Soldat, nur verhindert. Hamburg brannte an allen Enden und es war alles so unwirklich, dass man es kaum in Worte fassen kann, es wurde auch am Tage nicht hell und nur am Horizont war ein fingerdicker Streifen Helligkeit zu sehen und ein Strom von Flüchtlingen ging tagelang die Bramfelder Chaussee entlang Richtung Sasel und Wellingstedt, nur raus aus der Stadt. Auch ich hatte eine Nacht außerhalb verbracht, mit dem Fahrrad bis weit hinter Duvenstedt und die Nacht im Freien verbracht um nicht einen Heldentod in der Heimat zu sterben. Aber die Eltern blieben in unserer Wohnung und so blieb ich auch weiterhin dort und die Zerstörung der Stadt war dann auch am 3.8.43 abgeschlossen und fast vollständig und erstmal keine Gefahr für Bramfeld.

Der August war sehr schön warm und ich hatte immer noch Urlaub und erwartete täglich meinen Gestellungsbefehl, aber der kam noch nicht, weil das Wehrbezirksamt in der Wallstraße auch abgebrannt war und meine dortige Akte und Registrierung vernichtet war. Erst später kam dann aus Berlin der Marschbefehl. Ich hatte aber davon keine Ahnung und meldete mich am 1.9.43 wieder zur Arbeit bei Dietrich und nahm meine Lehrlingstätigkeit wieder auf, was da eigentlich zu tun war, weiß ich nicht mehr so genau, aber es ging dann auch nicht mehr lange, denn ich bekam dann zum 3o.9.43 meinen neuen Einberufungsbefehl und zwar mit der Auflage, mich in Rendsburg in einer Kaserne einzufinden, da konnte nicht mehr viel dazwischen kommen. Ich also los mit meinem Persilkarton unter dem Arm ab nach Rendsburg zum Barras.